Mobile Version aus nicht mehr nachfragen

Unter-Meidlinger Straße 16-22

Fakten

Unter-Meidlinger Straße 16-22

Unter-Meidlinger Straße 16-22, 1120 Wien

Baujahr: 1959-1961

Wohnungen: 414

Architekt: Karl Maria Lang, Gerhard Kolbe, Wilhelm (Willi) Gehrke, Herbert Thurner, Friedrich Euler, Maria Petter

Weitere Adressen

Köglergasse 1-7, 1120 Wien

Karplusgasse 2-12, 1120 Wien

Kundratstraße 33-35, 1120 Wien

Wohnen in Wien

In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Auf dem riesigen Gelände westlich des Kaiser-Franz-Josef-Spitals wurde nach 1910 ein großer Obst- und Gemüsemarkt konzipiert, der die Krankenanstalt mit frischen Gartenfrüchten hätte versorgen sollen, aber nie zur Ausführung gelangte. Das unbebaute Gebiet wurde möglicherweise trotzdem gärtnerisch genutzt, ehe es die Gemeinde Wien als Baugrund erwarb. Die Karplusgasse als Ostgrenze des Areals bildet zugleich die Grenze zwischen dem 12. und dem 10. Bezirk.

Die Architektur

Auf dem großen, länglichen, leicht trapezförmigen und geschwungenen Grünareal, das von der Unter-Meidlinger-Straße, der Köglergasse, der Kundratstraße und der Karplusgasse begrenzt wird, sind zwölf rechteckige Blöcke mit Satteldächern sowie ein Hochhaus mit fast quadratischer Grundfläche verteilt. Die Blöcke sind so angeordnet, dass ihre Schmalseiten großteils zur Straße hin ausgerichtet sind. Der längste Block an der Köglergasse ist zweifach leicht abgewinkelt. Zudem befinden sich in der nördlichen Arealhälfte inmitten des Grünbereiches vier kleine, eingeschoßige Bungalows für Alte und Behinderte, die durch einen Zaun vom übrigen Gelände getrennt sind.

An der Süd-West-Ecke, wo die Unter-Meidlinger-Straße und die Karplusgasse aufeinandertreffen, steht das neungeschoßige Hochhaus mit zurückhaltend gestalteter Fassade. Es ist über einen viergeschoßigen Verbindungsteil an das fünfgeschoßige und zehnachsige Gebäude parallel zur Unter-Meidlinger-Straße angeschlossen. Die Fenster aller Gebäude sind gleichförmig in die Fassaden eingeschnitten. Balkonachsen gibt es fast nur an den Schmalseiten. Die Stiegeneinheiten der mehrteiligen Blöcke sind in hellen Pastelltönen unterschiedlich gestrichen. Gestalterisch fällt bei allen Bauten auf, dass der Sockelputz um die Toreingänge gezogen ist und das schmale, weiße Traufgesims der Blockbauten an den Enden rechtwinkelig umgibt. Diese kurze Umrahmung ist konsolenartig abgeschrägt.

... und die Kunst

Im abgezäunten Kleinbautenbereich befindet sich vor einer kleinen Brunnenanlage eine "Liegende weibliche Figur" von Georg Zauner.
Eine "Kinderrutsche mit Becken" von Rudolf Friedl steht in der Nähe des Trafohäuschens östlich des Hochhauses.
Das Bodenmosaik "Windrose" von Arnulf Neuwirth ist heute mit einer Holzverschalung abgedeckt.
Die Plastik "Schreitende männliche Figur" von Josef Pillhofer ist nicht mehr vor Ort.

Der Name

Die Unter-Meidlinger-Straße ist seit 1905 nach der Ortschaft Unter-Meidling benannt. Die Trennung in die Gemeinden Unter-Meidling und Ober-Meidling erfolgte bereits 1806.

Architekten

Karl Maria Lang - Karl Maria Lang (1894-1956) war vor allem in den späten 1940er- und frühen 1950er-Jahren am Wohnbauprogramm der Gemeinde Wien beteiligt. Nach seinen Entwürfen wurden unter anderem die Wohnhausanlagen Dominikanergasse 5 in Wien 6 (1951-1953), O’Brien-Gasse 25-27 in Wien 21 (1948/49), sowie der in einer Arbeitsgemeinschaft mit Emil Hoppe geplante Alois-Glauber-Hof in Wien 23, Erlaaer Straße 3-9 (1953/54), errichtet.

Gerhard Kolbe - Gerhard Kolbe (1922-1992) studierte bis 1949 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Als selbständiger Architekt war er vor allem in den Bereichen Wohnbau und Gewerbebau tätig. So plante Gerhard Kolbe zuletzt etwa das Fabriksgebäude der Firma Geberit in Pottenbrunn bei St. Pölten (Fertigstellung 1991). Zusammen mit Frank Schläger und Erwin H. Dusl entwarf er für die Gemeinde Wien das Wohnhaus Ottakringer Straße 147 in Wien 16 (1965-1967) und den Wilhelmine-Moik-Hof in Wien 16, Wattgasse 9-11 (1965-1967). Bis zu seiner Pensionierung unterrichtete Gerhard Kolbe zudem 20 Jahre lang an der HTL Krems.

Wilhelm (Willi) Gehrke - Wilhelm (Willi) Gehrke (geb. 1915) studierte unter anderem bei Hans Jaksch, Siegfried Theiss und Karl Holey an der Technischen Hochschule Wien (Diplom 1938). Nach dem Kriegsdienst war er zunächst von 1945-1953 als angestellter Architekt, dann selbständig in einer Arbeitsgemeinschaft tätig und führte nach Ablegung seiner Ziviltechnikerprüfung ab 1960 sein eigenes Büro in Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem die Wohnhäuser Linke Wienzeile 132 in Wien 6 (1983/84) und Wiesengasse 32 in Wien 9 (1968/69). Gemeinsam mit Hans Kunath plante er das 1968 bis 1971 errichtete Pensionistenwohnheim Maria Jacobi in Erdberg, Wien 3.

Herbert Thurner - Herbert Thurner (1905-1998) studierte an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Carl Witzmann und Josef Hoffmann, wo er 1926 sein Diplom erhielt. Über seine Tätigkeit in der Zwischenkriegszeit ist nichts Näheres bekannt. Nach 1945 arbeitete er, vorwiegend in Zusammenarbeit mit Friedrich Euler, im Wiederaufbau. Thurner war unter anderem am Bau der Wohnhausanlagen Unter-Meidlinger Straße 16-22 in Wien 12 und Ernst-Karl-Winter-Hof (Thimiggasse 63-69) in Wien 18 beteiligt. Als selbständige Arbeit entstand 1975/80 das Kindertagesheim im Karl-Wrba-Hof in Wien 10 (Sahulkastraße 3-5).

Friedrich Euler - Friedrich Euler (1898-1983) studierte zunächst an der Technischen Hochschule Wien, musste das Studium jedoch wegen des Ersten Weltkrieges unterbrechen. Ab 1918 besuchte er die Wiener Kunstgewerbeschule bei Oskar Strnad und Josef Hoffmann. In der Zwischenkriegszeit entstanden nur wenige Gebäude nach seinen Plänen, wie etwa das Haus Nerad in der Innocentiagasse 3, Wien 13 (1928/29). Nach dem Zweiten Weltkrieg war er, in Zusammenarbeit mit Herbert Thurner, vorwiegend im Wiederaufbau tätig. Die Errichtung mehrerer Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien und die Revitalisierung des Blutgassen-Viertels in der Wiener Innenstadt erfolgten nach ihren Entwürfen.

Maria Petter - Maria Petter (geb. Cerny, 1908-1988) studierte ab 1928 Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo sie 1935 ihr Diplom erhielt. Im Anschluss arbeitete Petter mehrere Jahre für den Architekten Hans Holthey in Lüneburg. Während der Kriegsjahre war sie in Wien in den Büros von Georg Lippert und Karl Kupsky angestellt. 1946 machte sich Petter als Architektin in Oberösterreich selbständig, wobei sie mehrere Aufträge für die Stadt Linz ausführte. Zurück in Wien war Petter 1956 an den Entwürfen für die Wohnhausanlage Unter-Meidlinger Straße 16-22 in Wien 12 beteiligt, ließ jedoch bereits 1958 ihre Befugnis als Zivilarchitektin stilllegen.