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Liebenstraße 48

Fakten

Liebenstraße 48

Liebenstraße 48, 1120 Wien

Baujahr: 1929-1929

Wohnungen: 33

Architekt: Josef Beer

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Die Liebenstraße liegt in Altmannsdorf, das schon 1136 erstmals urkundlich im Saalbuch des Stifts Klosterneuburg erwähnt wird. Das Dreieckangerdorf, dessen Struktur noch heute im Khleslplatz erhalten ist, entstand vermutlich schon in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. 1443 übernahm der Orden der Beschuhten Augustiner die Grundherrschaft. Altmannsdorf wurde nicht industrialisiert und Mitte des 19. Jahrhunderts war um den Khleslplatz nur die Hetzendorfer Straße bis zur Kreuzung mit der Breitenfurter Straße, und diese im Bereich zwischen Hoffingergasse und Stachegasse, mit ein- bis zweigeschoßigen Vorstadthäusern verbaut. Die städtische Entwicklung setzte erst um die Jahrhundertwende nach der Eingemeindung in den XII. Bezirk ein. Das unverbaute Gebiet wurde parzelliert und mit vier- bis fünfgeschoßigen Zinshäusern verbaut. Altmannsdorf erhielt durch die Anlegung der Oswaldgasse Anschluss an Meidling. Die kurze Liebenstraße kreuzt die Oswaldgasse. Das Volkswohnhaus liegt im Sackgassenbereich der Liebenstraße.

Die Architektur

Die L-förmige Anlage des Volkswohnhauses liegt mit dem längeren Flügel in der Liebenstraße und schließt auf ein Eckzinshaus auf. Der abgewinkelte kürzere Flügel schließt im Hofbereich an den Seitentrakt des Gemeindebaus in der Oswaldgasse an. Die viergeschoßige Straßenfassade des Haupttrakts ist symmetrisch aufgebaut. An den Seiten befinden sich Balkonachsen, die in einen Mauerrücksprung eingepasst sind, dazwischen liegt ein flacher 11-achsiger Mittelrisalit mit zwei kräftig vorspringenden einachsigen Erkertürmen oberhalb des Erdgeschoßes. Die Erker durchbrechen das vorkragende Kranzgesims und werden über einen niedrigen Dachaufbau mit kleinen Fenstern in der Wandebene horizontal verbunden. Bei den untersten Erkerfenstern sind die Brüstungen spitzerkerartig vorgezogen und auch die Parapete der Fenster darüber erhalten durch einen vorspringenden Putzquader, der durch Nutungen kreuzförmig verspannt ist, einen kräftigen plastischen Akzent. Seitlich der Erkerfenster liegen pilasterartige flache Wandvorlagen, die sich auch im Dachaufbau fortsetzen. Die Fenster des obersten Geschoßes werden durch eine Sturz- und Fensterbankgesimsleiste jeweils zusammengefasst und verstärken so die horizontale Betonung des Dachaufbaus. Diesen horizontalen Aspekt nehmen die leicht vortretende Sockelzone und eine dünne Leiste unterhalb der Erker auf, die das Erdgeschoß von den Obergeschoßen trennen. Im Zentrum der Fassade ist ein breites Tor eingeschnitten, dessen vorgezogener Kragstein mit dem Stadtwappen geschmückt ist. Die breiten Portalgewände sind stufig abgesetzt. Die Fassade besitzt durch starke plastische Durchgestaltung einen expressiven Charakter, den auch andere Gemeindebauten aus dieser Zeit aufweisen. Die Hoffassaden werden durch höhen- und tiefengestaffelte Abschnitte bestimmt, besonders auffallend sind zwei halbrund vorgewölbte Stiegenhäuser mit kräftig plastisch durchgestalteten Portalen.

Der Name

Die Liebenstraße wurde 1928 nach Robert von Lieben (1878-1913), einem österreichischen Physiker, benannt. Er erfand die Lieben-Röhre, die erste Elektronenröhre mit Verstärkerwirkung, die nicht nur den Aufbau des deutschen Ferntelefonnetzes ab 1912 ermöglichte, sondern auch die Basis für zahlreiche zukünftige Erfindungen, die der Verstärkung von elektronischen Signalen bedurften, darstellte.

Architekten

Josef Beer - Josef Beer (1872-1952) studierte an der Technischen Hochschule Wien und 1896/97 an der Akademie der bildenden Künste. Bereits vor seinem Studium war er in verschiedenen Baubüros tätig. 1899 wurde sein erstes selbständig geplantes Gebäude errichtet (Mietshaus Mayerhofgasse 10, Wien 4). Beers Tätigkeit beschränkte sich auf Villen, Wohn- und Geschäftshäuser, wobei er sich vor allem mit seinen mehrstöckigen Mietvillen im Hietzinger Cottage einen Namen machte (z. B.: Auhofstraße 9 und Elßlergasse 10 in Wien 13). In den 1920er-Jahren entwarf er für die Gemeinde Wien unter anderem die Wohnhausanlagen Khunngasse 6-8 in Wien 3 und Meiselstraße 76 in Wien 14.