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Richard-Strauss-Hof

Fakten

Richard-Strauss-Hof

Am Modenapark 8-9, 1030 Wien

Baujahr: 1953-1954

Wohnungen: 188

Architekt: Richard Horner, Wilhelm Kroupa

Wohnen in Wien

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

1806 kaufte Maria Beatrix Riccarda von Este, die Tochter des Herzogs von Modena, zwei Grundstücke in der nach ihr benannten Beatrixgasse und ließ darauf ein Schloss mit einer prachtvollen Gartenanlage errichten, die bis zur Strohgasse reichte. 1916 wurde das Schloss demoliert und das Grundstück parzelliert. Der 1926 angelegte Platz Am Modenapark ist nur ein kleiner Rest des einstigen Gartens. Um ihn herum entstand eines der wenigen nicht-kommunalen Häuserensembles der Zwischenkriegszeit. Eine der Ausnahmen davon ist der nach 1945 entstandene Richard-Strauss-Hof, der den Park an der Neulinggasse begrenzt.

Die Architektur

Die U-förmige Wohnhausanlage erstreckt sich zwischen Neulinggasse und Strohgasse, wohin sie sich in einem offenen Straßenhof öffnet. Der Erdgeschoßbereich des neungeschoßigen Blocks Am Modenapark ist als Geschäftszone ausgebildet. Sie wird durch je vier großflächig verglaste Öffnungen rechts und links vom zentral gelegenen Durchgang markiert. Der dreiteilige, weiträumige Durchgang ist schlicht in die Fassade eingeschnitten und leitet von sechs Eckpfeilern gestützt in den offenen, begrünten Innenhof. Die Fassadenflucht des Hauptgebäudes ist über dem Erdgeschoß leicht vorgezogen. Die mit einer dezenten Rahmung versehenen Fenster sind vom ersten bis zum siebenten Stockwerk gleichmäßig verteilt in die Fassade eingeschnitten. Ein kleinteiliger Raster von Nuten durchzieht den glatten Verputz und suggeriert so eine Plattenverkleidung. Die großen Atelierfenster des obersten Stockwerkes und das schlichte Dachgesims bilden den krönenden Abschluss des massiven, monumental anmutenden Frontgebäudes. Die anschließenden Blöcke in der Grimmelshausengasse und der Gottfried-Keller-Gasse umfassen jeweils nur sechs Geschoße. Auch hier sind die Fenster dezent gerahmt, auf die dekorative Nutung der Fassade wird allerdings verzichtet. Rhythmisiert werden die 19 Fensterachsen langen Fronten durch vier Achsen von Balkonen, deren Grundrissen ein unregelmäßiges Viereck zugrunde liegt. Die schlichten Hoffassaden werden von den acht nachträglich errichteten Glasanbauten der Aufzüge dominiert.

... und die Kunst

Die von Siegfried Charoux geschaffene Skulptur "Die Lauschenden" (Richard-Strauss-Denkmal) steht seit 1958 im Hof an der Strohgasse. Die Darstellung soll ein Sinnbild für die Musik von Richard Strauss sein.

Der Name

Zum Anlass des 90. Geburtstags von Richard Strauss (1864 - 1949) wurde die Wohnhausanlage 1954 nach dem Komponisten benannt. Richard Strauss war 1920 Mitbegründer der Salzburger Festspiele, wo er 1922 die erste Oper der Festspiele dirigierte. Von 1919 bis 1924 leitete er zusammen mit Franz Schalk die Wiener Staatsoper. Sein bekanntestes Werk ist wohl die Oper "Der Rosenkavalier".

Im Auftrag der Stadt Wien hat eine Historiker*innen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse zur historischen Einordnung von Richard Strauss wurde die auf ihn lautende Straßenbenennung als Fall mit Diskussionsbedarf eingeordnet. Nähere Informationen können Sie dem Historiker*innen-Bericht über Wiens Straßennamen sowie dem Wien Geschichte Wiki entnehmen.

Prominente Bewohner

Berthold Löffler (1874 - 1960) wohnte zuletzt an dieser Adresse. Der Maler und Graphiker hatte von 1909 bis 1935 eine Professur an der Wiener Kunstgewerbeschule inne, wo unter anderem Oskar Kokoschka zu seinen Schülern zählte. 1912 war er Mitbegründer des Österreichischen Werkbundes.

Der Graphiker und Maler Franz Luby (1902 - 1989) hatte ab 1955 sein letztes Atelier im Richard-Strauss-Hof. 1949 war er Mitbegründer der Künstlervereinigung "Neuer Hagenbund", dessen Präsident er 1954 bis 1962 war.

Architekten

Richard Horner - Richard Horner (1900-1963) studierte von 1928-1930 Architektur an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Clemens Holzmeister. Er entwarf unter anderem zusammen mit Wilhelm Kroupa den 1953/54 errichteten Richard-Strauss-Hof in Wien 3 (Am Modenapark 8-9).

Wilhelm Kroupa - Wilhelm Kroupa (1911-1992) studierte bei Siegfried Theiss an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1936 promovierte. Er war zunächst bis 1945 im Architekturbüro Fritz Waage und Eugen Kastner angestellt und gründete nach 1945 mit Fritz Waage eine selbständige Arbeitsgemeinschaft, die vor allem Großprojekte für Wohnsiedlungen und Industrieanlagen in Wien und den Bundesländern realisierte, wie etwa die Erweiterung der Siedlung Am Freihof (Wien 22).