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Eisenstadtplatz 4-8

Fakten

Eisenstadtplatz 4-8

Eisenstadtplatz 4-8, 1100 Wien

Baujahr: 1960-1963

Wohnungen: 174

Architekt: Maria Tölzer, Werner Schröfl, Peter Tölzer, Artur Perotti, Hans Jaksch, Siegfried Theiß, Othmar Augustin, Walter Jaksch, Leopold Ledwinka, Hermann Kutschera

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Im Jahr 1958 wurde ein Ideenwettbewerb für den bislang unbebauten Eisenstadtplatz, einem Gebiet südlich des Amalienbades in der Nähe der Favoritenstraße, ausgeschrieben. Sechs Architekten bzw. Arbeitsgemeinschaften präsentierten ihre Vorschläge zur Gestaltung des Platzes. Gewonnen hat das Projekt der Architekten Siegfried Theiss und Hans Jaksch, den zweiten Preis erhielt das Projekt Wilhelm Hubatsch und anstelle eines dritten Preises wurden zwei Ankäufe getätigt. Bereits 1927 hatte die Stadt Wien unter anderem Siegfried Theiss und Hans Jaksch, Viktor Mittag, Karl Hauschka und Rudolf Perco zu städtebaulichen Gutachten eingeladen, die entsprechend den Vorstellungen im Volkswohnbau mehr oder weniger monumentale Überbauungen vorlegten. Die Realisierung des Eisenstadtplatzes wurde nach skandinavischem Vorbild zwischen 1958 und 1963 geplant und ausgeführt. Das Areal umfasst mehrere Straßen und in Grünflächen gestreute Baublöcke in paralleler Ausrichtung. Die Bebauung bot Platz für eine moderne, städtebauliche Lösung und entspricht im Wesentlichen den charakteristischen Bebauungsmustern der Zeit Roland Rainers als Stadtplaner.

Die Architektur

Die heute unter Denkmalschutz stehende Wohnhausanlage am Eisenstadtplatz umfasst 15 Stiegen und liegt mit fünf nach Süden orientierten Blöcken in paralleler Anordnung inmitten einer weitläufigen Grünfläche. Die frei stehenden, lang gezogenen Gebäudetrakte sind viergeschoßig und werden nach oben durch ein Flachdach abgeschlossen. Während die jeweiligen Stirnseiten einfärbig gehalten sind, weisen die nach Norden und Süden gerichteten Fassaden charakteristische, durch Fensterbänder miteinander verbundene Fensteröffnungen in unterschiedlicher Farbgebung auf, die allerdings mit den Jahren schon etwas verblasst ist. Die transparent gestalteten Stiegenhäuser sind risalitähnlich vor die Gebäude gesetzt. Die südlich orientierten Loggiengruppen beleben die Fassade und verleihen ihr ein symmetrisches Aussehen. Insgesamt entsteht durch den Einsatz von horizontalen und vertikalen Farbakzenten ein überaus moderner Bau, der durch die Flachdächer und rechteckigen Grundrisse seine charakteristische Eigenart gewinnt.

Der Name

Der Eisenstadtplatz wurde im Jahr 1914 nach der Hauptstadt des Burgenlandes, Eisenstadt, benannt.

Architekten

Maria Tölzer - Maria Tölzer (1908-1998), zunächst im pädagogischen Bereich tätig, studierte bei Prof. Franz Schuster an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Zu ihren bekanntesten Werken, die vielfach in Arbeitsgemeinschaft mit ihrem Ehemann Peter Tölzer entstanden, gehört der 1947-1948 errichtete Kindergarten in der Per-Albin-Hanson-Siedlung West. Die Architektin entwarf aber auch Kinderspielzeug, gestaltete eine Vielzahl von Interieurs und veranstaltete Ausstellungen.

Werner Schröfl - Werner Schröfl (geb. 1930 in Wien) besuchte zunächst die Bundesgewerbeschule in Wien und studierte ab 1949 an der Akademie der bildenden Künste Wien in der Meisterklasse von Lois Welzenbacher (Abschluss 1953). Nach einigen Praxisjahren in den Büros von Karl Schwanzer und Wilhelm Hubatsch, in denen er nebenbei immer wieder freischaffend tätig war, eröffnete Werner Schröfl 1953 sein eigenes Atelier. Für die Gemeinde Wien plante er unter anderem jeweils im Architektenkollektiv einen Bauteil der Wohnhausanlagen Eisenstadtplatz 4-8 und Patrubangasse 9 in Wien 10. Werner Schröfl war auch an der Realisierung des Karl-Wrba-Hofes in Wien 10 (Sahulkastraße 3-5) beteiligt und entwarf Anfang der 1960er-Jahre das Versammlungshaus der Herz-Jesu-Kirche in der Einsiedlergasse 9-11, Wien 5.

Peter Tölzer - Peter Tölzer (1910-1997) arbeitete nach seiner Ausbildung an der Kunstgewerbeschule im Graphikatelier Josef Binder. Nach dem 2. Weltkrieg begann er eine neue Karriere als Architekt mit einem Studium bei Clemens Holzmeister und Erich Boltenstern. In Arbeitsgemeinschaft mit seiner Ehefrau Maria Tölzer entstanden z. B. 1959-1962 Bauteil 11 der Wohnhausanlage in Wien 10, Eisenstadtplatz, oder der 1975-1976 realisierte Ernst-Papanek-Hof.

Artur Perotti - Artur Perotti (1920-1992) war ab 1945 vorwiegend als Architekt in Linz tätig, u.a. plante er die Wohnbauten auf den "Poschachergründen" und "Am Damm" in Urfahr. Gemeinsam mit Anton Potyka errichtete Perotti 1965 die neue Hauptanstalt der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien in der Vorderen Zollamtsstraße in Wien 3 anstelle des 1960 abgerissenen Wiener Bürgertheaters. In der Siedlung am Eisenstadtplatz in Wien 10 realisierte Perotti in einer Arbeitsgemeinschaft einen Teilabschnitt der Wohnhausanlage.

Hans Jaksch - Hans Jaksch (1879-1970) studierte von 1903 bis 1908 an der Technischen Hochschule Wien und besuchte 1907/08 die Meisterklasse von Friedrich Ohmann an der Akademie der bildenden Künste Wien. Nach dem Studium gründete Jaksch eine bis 1960 bestehende Arbeitsgemeinschaft mit Siegfried Theiß. Das Büro realisierte u. a. die 1976 eingestürzte Reichsbrücke, aber auch zahlreiche Fabriken, Krankenhäuser, Hotels und Wohnbauten.

Siegfried Theiß - Siegfried Theiß (1882-1963) studierte an der Technischen Hochschule Wien und an der Akademie der bildenden Künste, wo er die Meisterschule von Friedrich Ohmann besuchte. 1907 gründete er eine Bürogemeinschaft mit seinem Kollegen Johann Jaksch, die bis 1960 bestand. Das Büro Theiß & Jaksch errichtete zahlreiche Bauten in der gesamten Monarchie. Ihr prominentestes Bauwerk ist das "Hochhaus" in der Herrengasse 6-8 (Wien 1, 1930/31). Theiß selbst war maßgeblich an der Schaffung der Österreichischen Baunormung und der neuen Wiener Bauordnung beteiligt.

Othmar Augustin - Othmar Augustin (geb. 1923) studierte nach geleistetem Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg an der Technischen Universität Wien. Schon während des Studiums arbeitete er im Atelier von Franz Sturm mit. Im Anschluss war er in einem Statikerbüro tätig und führte auch Überprüfungen für den Wiederaufbaufonds durch. Als selbständiger Architekt widmete sich Othmar Augustin vor allem dem Wohn- und Schulbau und erstellte diverse Ortsplanungen. Unter anderem war er an der Verbauung der Draschegründe in Wien 23 und des Eisenstadtplatzes in Wien 10 beteiligt. Seit 1995 ist Othmar Augustin in Pension.

Walter Jaksch - Walter Jaksch (1912-1998) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Bereits 1937 trat er in das von seinem Vater Hans Jaksch mitbegründete und in der Zwischenkriegszeit überaus erfolgreiche Architekturbüro Theiss & Jaksch als Bauleiter ein. 1939 wurde er jedoch zur Wehrmacht eingezogen und war später im NS-Rüstungsbau tätig. Nach Kriegsende war Walter Jaksch zunächst mehrere Jahre selbständig, trat jedoch 1954 wieder in das Büro seines Vaters ein. Zu seinen bedeutendsten Aufträgen zählen unter anderem der Umbau der Nationalbibliothek in Wien 1 (mit Margarete Scherer-Gressenbauer und Horst Gressenbauer, 1959-1966) und die Bauleitung bei der Errichtung des Hotels Intercontinental, Am Heumarkt in Wien 3 (mit Carl Appel und Holabird & Root, 1960-1962).

Leopold Ledwinka - Leopold Ledwinka (1913-2001) studierte ab 1935 bei Peter Behrens an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem das Wohnhaus Billrothstraße 77 in Wien 19 (1954/55) und war an den Plänen zu den Anlagen Eisenstadtplatz 4-8 in Wien 10 (1960-1963) und Patrubangasse 9 in Wien 10 (1960-1963) beteiligt.

Hermann Kutschera - Hermann Kutschera (1903-1991) studierte zunächst Architektur an der Technischen Hochschule Wien und später in München. 1925/26 besuchte er an der Akademie der bildenden Künste Wien die Meisterschule von Clemens Holzmeister, in dessen Atelier er bis 1930 beschäftigt war. Ab 1932 arbeitete er als selbständiger Architekt. Seine Spezialgebiete waren Gewerbebauten (Hotels und Restaurants) und Sportanlagen. Vor allem in den Kurorten Bad Gastein und Bad Ischl wurde viel nach seinen Plänen errichtet. 1936 erhielt er bei den Olympischen Spielen in Garmisch-Partenkirchen für sein Projekt eines Schistadions mit Sprungschanze eine Goldmedaille in der Disziplin Architektur. Für die Gemeinde Wien entwarf er mehrere Wohnhausanlagen.