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Bürgergasse 22

Fakten

Bürgergasse 22

Bürgergasse 22, 1100 Wien

Baujahr: 1925-1925

Wohnungen: 116

Architekt: Heinrich Ried

Weitere Adressen

Gellertgasse 53, 1100 Wien

Staudiglgasse 10-14, 1100 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Während der Februarkämpfe 1934 kam es auch in Favoriten zu Kampfhandlungen, wenngleich diese im Vergleich zu anderen Bezirken der Stadt weit glimpflicher ausfielen. In der Bürgergasse 22 soll sich unter anderem ein zentrales Waffenlager der "Kreta" befunden haben, das jedoch an die Polizei verraten wurde. Am Morgen des 12. Februars fand in diesem Bau von Seiten der Exekutive eine Hausdurchsuchung statt, sichergestellt wurden "9 Maschinengewehre, 122 Mannlichergewehre und Stutzen, sowie 30.000 Schuss Munition". Von hier aus sollen weitere Waffen auch in den Gemeindebau Quellenstraße 24b transportiert worden sein.

Die Architektur

Unweit vom legendären Amalienbad am Reumannplatz befindet sich in der Bürgergasse 22 die nach Plänen Heinrich Rieds erbaute städtische Wohnhausanlage, die aufgrund ihrer Fassadengestaltung eine interessante Facette in der Gemeindebauarchitektur des "Roten Wien" darstellt. Die U-förmige Anlage mit einem schmalen, begrünten Innenhof an der Bürgergasse, Staudiglgasse und Gellertgasse ist fünfgeschoßig und umfasst insgesamt sieben Stiegen, die (mit Ausnahme der Stiege 1) hofseitig situiert sind. Die Front Gellertgasse verfügt zusätzlich über ein Sockelgeschoß und den Baukörper überhöhende Dachgaupen, die sich auch, jedoch in geringerem Ausmaß, in der Staudiglgasse wieder finden lassen. Umlaufende Gesimse zwischen Erdgeschoß und erstem bzw. zweitem Obergeschoß verbinden die einzelnen, zum Teil hervortretenden Gebäudetrakte und gliedern die Fassade in der Horizontale. Repräsentativ ist die teilweise Akzentuierung einzelner Maueröffnungen mit Verdachungen und Kugelmotiven in den Fensternischen. Das Rundbogenportal in der Bürgergasse ist mit Puttenallegorien und weißen Tauben verziert, in den Fensterkörben finden sich kleine Herzen.

Der Name

Die seit 1872 existierende Gasse wurde nach Gottfried August Bürger (1747 - 1794) benannt. Der deutsche Dichter, von dem unter anderem die berühmte Ballade "Leonore" stammt, war zeitlebens auch unter dem Pseudonym "Jocosus Hilarius" bekannt und übte neben einer Hochschulprofessur auch eine Funktion als Justizbeamter aus. Darüber hinaus war Bürger auch als Freimaurer tätig.

Architekten

Heinrich Ried - Heinrich Ried (1881-1957) studierte Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien u.a. bei Friedrich Ohmann. Nach seinem Studium arbeitete er mit Rudolf Sowa zusammen und war in Österreich, Ungarn und Tschechien tätig. Für die Gemeinde Wien plante er in der Zwischenkriegszeit sowie nach dem Zweiten Weltkrieg Wohnhausanlagen, etwa den Josef-Julius-Gerl-Hof (Wien 20, Stromstraße 39-45; 1930/31) oder das Wohnhaus in der Karolinengasse 24 (Wien 4; 1951). Ried war auch am Wiederaufbau des ausgebrannten Justizpalastes beteiligt.