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Mollardgasse 75

Fakten

Mollardgasse 75

Mollardgasse 75, 1060 Wien

Baujahr: 1912-1913

Wohnungen: 38

Architekt: Hugo Stimpfl, Adolf Stöger, Carl Stöger jun.

Weitere Adressen

Linke Wienzeile 168, 1060 Wien

Wohnen in Wien

Im 19. Jahrhundert wuchs als Folge der massiven Industrialisierung die Arbeiterschicht stark an, die Einwohnerzahl Wiens explodierte, vor allem auch durch den Zuzug aus den ländlichen Gebieten der Donaumonarchie. Die nötigen Wohnungen wurden nahezu ausschließlich von Privaten gewinnorientiert gebaut. Mietskasernen mit so genannten "Bassena-Wohnungen" - Zimmer, Küche, Wasser und WC auf dem Gang - entstanden. Viele mussten diese kleinen Wohnungen (zwischen 20 und 30 Quadratmetern) noch mit Bettgehern und Untermietern teilen, um die Miete zahlen zu können. In den Jahren des Ersten Weltkrieges stagnierte die Bautätigkeit.

Geschichte

Das dreitraktige Wohnhaus aus dem Jahr 1912 wurde von den Architekten Carl und Adolf Stöger errichtet. Schwere Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg machten den Abbruch des Mitteltrakts und des einstigen Haupttrakts an der Linken Wienzeile notwendig. Das in mehreren Etagen beschädigte Gebäude in der Mollardgasse hingegen konnte erhalten werden, jedoch wurde der gesamte Fassadenschmuck entfernt. Die Baubewilligung für die Neuerrichtung des Bauteils an der Linken Wienzeile und die Instandsetzung des Gebäudes in der Mollardgasse wurde 1957 erteilt, als Architekt zeichnete Hugo Stimpfl verantwortlich.

Die Architektur

Das fünfgeschoßige Wohnhaus in der Mollardgasse - ein ehemaliger Prachtbau, von dem nur die Struktur bestehen blieb - zeigt eine klassische Dreiteilung: Sockelzone, Hauptgeschoße und Attikazone. Der sechsachsige Mittelteil wird von zwei Seitenrisaliten flankiert, die vom ersten bis zum dritten Stockwerk mit dreiteiligen "Bay Windows" versehen sind. Im Erdgeschoß und im vierten Stock wird diese Gliederung durch drei eng nebeneinander angeordneten Fenstern erhalten und somit eine Zusammengehörigkeit der einzelnen Elemente im Seitenrisaliten betont.

Im Mittelteil des Wohnhauses sind die Fensterachsen der Hauptgeschoße durch eine Vertiefung so zusammengefasst, dass der Eindruck einer Riesenordnung entsteht. Ein Zwischengesims trennt die unterste Etage von den Hauptgeschoßen, während die oberste Fensterreihe eine Attikazone bildet. Bekrönt wird das Gebäude von einem hohen, entlang der Seitenrisalite verkröpften Kranzgesims. Bemerkenswert sind die Fenster ohne Oberlichte, wodurch diese besonders schmal und hoch wirken und dadurch den Eindruck der Vertikalität - ein Markenzeichen von Carl und Adolf Stöger - noch steigern.

Bei dem sieben Geschoße hohen und acht Achsen breiten Bauteil an der Linken Wienzeile ist das oberste Stockwerk als Staffelgeschoß mit vorgelagerter Terrasse ausgebildet. Lediglich zwei Reihen von Balkonen rhythmisieren die glatte Fassade mit eingeschnittenen Fenstern. Im Erdgeschoß befinden sich zwei Lokale sowie der Durchgang in den begrünten Innenhof.

Der Name

Die Mollardgasse ist seit 1862 nach dem Grafengeschlecht Mollard, das von 1629 bis 1755 Besitzer der Herrschaft Gumpendorf war, benannt. Davor hieß sie Obere Wehrgasse bzw. Obere und Untere Annagasse.

Architekten

Hugo Stimpfl - Hugo Stimpfl (1883-1973) studierte von 1901 bis 1905 Bauingenieurswesen an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1907 die 2. Staatsprüfung ablegte. Der Baumeister errichtete unter anderem mit Carl Stöger jun. und Adolf Stöger das Wohnhaus Mollardgasse 75 in Wien 6 (1912/13).

Adolf Stöger - Adolf Stöger (1878-1942) war Architekt und Gesellschafter der Fa. Carl & Adolf Stöger. Über seine Ausbildung ist nichts bekannt. Er trat 1906 nach dem Tod seines Vaters in die mittlerweile von Bruder Carl geführte Firma als Gesellschafter und Architekt ein. Zu seinen bekanntesten Bauten zählen die Mietshäuser Schönbrunner Straße 109 (1907-1908) und Margaretengürtel 144 (1912) in Wien 5 sowie die Mietshäuser Linke Wienzeile 158 (1912) und Linke Wienzeile 168 (1912-1913) in Wien 6. Im Jahr 1942 verübte er Selbstmord.

Carl Stöger jun. - Carl Stöger jun. (1870-1949) absolvierte 1889 die Staatsgewerbeschule und studierte anschießend bis 1892 Architektur an der Akademie der bildenden Künste bei Carl Hasenauer. Gemeinsam mit anderen Hasenauer-Schülern wie Josef Olbrich und Josef Hoffmann gründete Carl Stöger jun. den "Siebener-Klub" - einen Vorläufer der Wiener Secession. Bereits 1889 trat er als Juniorchef in die Firma seines Vaters, des Baumeisters Carl Stöger sen., ein. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1906 bildete er eine Bürogemeinschaft mit seinem jüngeren Bruder: Carl & Adolf Stöger. Zu seinen wichtigsten Bauten gehören neben mehreren luxuriösen Mietshäusern etwa auch die Villen Ritter v. Wiener, Kupelwiesergasse 31 in Wien 13 und Münichreiterstraße 51 in Wien 13 (beide 1904, gemeinsam mit seinem Vater). Das Unternehmen bestand bis zu seinem Tod im Jahr 1949.