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Wohnsiedlung Am Tivoli

Fakten

Wohnsiedlung Am Tivoli

Hohenbergstraße 3-21, 1120 Wien
Betty-Roose-Weg 1, 1120 Wien

Baujahr: 1927-1930

Wohnungen: 370

Architekt: Wilhelm Peterle

Weitere Adressen

Hasenhutgasse 2, 1120 Wien

Gottslebengasse 3, 1120 Wien

Krastelgasse 1-15, 1120 Wien

Josefine-Wessely-Weg 5, 1120 Wien

Lucasweg 2-8, 1120 Wien

Wildauergasse 6, 1120 Wien

Pechegasse 3-5, 1120 Wien

Ludwig-Martinelli-Gasse 4-10, 1120 Wien

Stranitzkygasse 5, 1120 Wien

Schwenkgasse 50, 1120 Wien

Krügerweg 2-4, 1120 Wien

Wildauergasse 1-3, 1120 Wien

Tyroltgasse 3-9, 1120 Wien

Tyroltgasse 2-8, 1120 Wien

Krastelgasse 8-14, 1120 Wien

Brockmanngasse 2-4, 1120 Wien

Betty-Roose-Weg 2, 1120 Wien

Weißenthurngasse 1-17, 1120 Wien

Brockmanngasse 1-3, 1120 Wien

Arnsburggasse 1-3, 1120 Wien

Gottslebengasse 2-4, 1120 Wien

Arnsburggasse 2, 1120 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Die volkstümlich als "Am Tivoli" bezeichnete Großsiedlung gehört zum Typus "Gartenstadt", welcher in Wien aufgrund der hohen Bau- und Erschließungskosten und wegen der im Vergleich zu anderen Wohnungstypen geringen Wohnraumbeschaffung in der Zwischenkriegszeit als umstritten galt. Inspiriert von den Ideen des Internationalen Wohn- und Städtebaukongresses, der 1926 in Wien stattfand, entstand nahe dem Schloss Schönbrunn diese luxuriöse Gartensiedlung mit Zwei- bis Vierfamilienhäusern im Villenstil nach den Entwürfen von Wilhelm Peterle, eines starken Verfechters dieser Wohnform.

Die Architektur

Die in zwei Bauetappen 1927/28 und 1929/30 entstandene Siedlung umfasst ein weitläufiges, parkähnliches Gelände, das von mehreren Wegen und Gassen begrenzt und durchzogen wird. Die einzelnen Häuser bzw. Villen sind nicht im Sinne von Reihenhäusern konzipiert wie jene an der Hohenbergstraße 34-40 aus demselben Jahr, sondern stehen frei in lockerer Verbauung auf dem großen Areal zwischen Grünem Berg und Schwenkgasse. Jeweils zwei Häuser teilen sich umfriedete Gartengrundstücke und bieten Platz für zumeist zwei bis vier Familien, woher sich auch der Begriff "Vierlingshäuser" ableitet. Es werden grundsätzlich drei Haustypen mit zwei verschiedenen Wohnungsmodellen unterschieden, wobei alle Häuser zweigeschoßig sind (unabhängig von der Anzahl der Familien pro Haus) und über Loggien bzw. Halbloggien verfügen.
Den Typus der alten Mühlhäuser weiterführend, plante Wilhelm Peterle einige Wohnungen als ums Eck laufende Maisonetten, während in anderen Häusern zwei Wohnungen pro Geschoß untergebracht sind. Diese sind über mittig liegende Treppenhäuser zugänglich, die als halbrunde, die Traufe überragende Türme an der Fassade erkennbar sind. Durch die lockere, abwechslungsreiche Bebauung sowie die teils eingefriedeten, teils offenen Garten- und Parkflächen bietet die Anlage ein freundliches Bild. Bei der Gestaltung der Häuser wurde eine einheitliche Rustika-Sockelzone eingehalten, in die die Eingangstüren mit Klinkerumrahmungen eingelassen sind. Auch die Rahmung der Fenster bzw. die Gestaltung der Fensterbretter ist mit roten Ziegeln ausgeführt.
Der Architekt, der ein großer Verfechter der Gartensiedlung war, nahm bei allen seinen Plänen Bezug auf das jeweilige Umfeld der Häuser. Der Einsatz von Klinkerrahmungen deutet auf die regionale Geschichte Meidlings mit seinen ehemals zahlreichen Ziegelwerken hin. Mit den Mansardengeschoßen, hohen Pyramidendächern und die Traufe überragenden Eck- bzw. Mitteltürmen wählte Wilhelm Peterle zudem eine eher konservativ-biedermeierliche Gestaltung, die auf die Nähe zu Schloss Schönbrunn zurückzuführen ist.
Zur Anlage gehören neben einer Waschküche, die als freistehender Bau zentral gelegen ist (Betty-Roose-Weg 1), auch ein großer Kindergarten (Stranitzkygasse 1) sowie mehrere Lokale (Hohenbergstraße 11-13, Stranitzkygasse 3).

... und die Kunst

In der Arnsburggasse/Betty-Roose-Weg erinnert heute eine Kapelle (sog. Türkenkapelle) an das dort nach der 2. Türkenbelagerung (1683) gefundene und heute verschollene Moldaukreuz des walachischen Fürsten und einzigen christlichen Führers im Gefolge von Kara Mustafa, Servan II. Cantacuzino. Ihr gegenüber steht eine gusseiserne Büste von Scherban Kantakuzenos (1679-1688) auf einem Betonpfeiler, an dem eine goldene Inschrift sowie zwei Bronzemedaillen mit Szenen der Türkenbelagerung angebracht sind.

Der Name

Die Wohnanlage "Am Tivoli" zwischen dem 12. und 13. Wiener Gemeindebezirk ist nach einer bekannten Vergnügungsstätte am Tivoli bei Rom benannt. Im 19. Jahrhundert stand hier zwischen Schloss Schönbrunn, Grünem Berg und Gatterhölzl (Aichholzgasse) eine berühmte Gaststätte desselben Namens mit einem Prachtgarten und einer Rutschbahn, der Johann Strauß Vater seinen "Tivoli-Rutsch-Walzer" widmete.

Architekten

Wilhelm Peterle - Der in Ried im Innkreis geborene Wilhelm Peterle (1893-1959) studierte zunächst an der Technischen Hochschule Graz, wechselte 1913 an die Technische Hochschule Wien, wo er 1921, nach geleistetem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg, sein Studium abschloss. Peterle arbeitete zunächst im Atelier Simony, bis er eine Stelle im Wiener Stadtbauamt erhielt, wo er vor allem mit der Errichtung von Wohnhausanlagen befasst war. Als Anhänger der Gartenstadtbewegung plante er neben zahlreichen anderen Projekten für das Rote Wien die Großsiedlung "Am Tivoli" (Hohenbergstraße 3-21, Wien 12).