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Schlachthausgasse 44

Fakten

Schlachthausgasse 44

Schlachthausgasse 44, 1030 Wien

Baujahr: 1937-1938

Wohnungen: 24

Architekt: Otto Nadel

Wohnen in Wien

Zu Beginn der 1930er-Jahre wurde der kommunale Wohnungsbau durch die zunehmend schlechte Wirtschaftslage massiv eingeschränkt. Um für die arbeitslose Bevölkerung trotzdem Wohnraum und Beschäftigung schaffen zu können, ging die Stadt dazu über, am Stadtrand liegendes Bauland zu erschließen und so genannte "Erwerbslosensiedlungen" zur Verfügung zu stellen. Die Siedlungshäuser wurden von den späteren Bewohnern nach einem vorgegebenen Bebauungsplan selbst errichtet. Durch die Ausschaltung des Parlaments und die Einführung einer autoritären ständestaatlichen Verfassung verlor Wien 1934 den Status eines eigenen Bundeslandes. Der Wohnbau kam so gut wie zum Erliegen, und die Arbeitslosigkeit stieg weiter. Der wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung versuchte die Stadt entgegenzuwirken, indem sie Bauland zur Gründung autarker Wohneinheiten bereitstellte und so die Bewohner aus dem Elend der traditionellen Arbeiterbezirke an den grünen Stadtrand absiedelte.

Geschichte

Ursprünglich führte die Schlachthausgasse nur von der Landstraßer Hauptstraße bis zur Baumgasse. Erst 1873 wurde sie bis zum Donaukanal verlängert, als die Weltausstellung am Wiener Pratergelände den Bau einer neuen Brücke erforderlich machte: der heutigen und mehrmals neu errichteten Stadionbrücke. Im 18. Jahrhundert gehörte das Grundstück, auf dem das Wohnhaus steht, zum Areal des Viehmarktes. Bereits 1819 wurde hier ein Gebäude errichtet.

Die Architektur

Die fünfgeschoßige Wohnhausanlage wird durch ein Stiegenhaus erschlossen, das man über den mittig gelegenen Eingang erreicht. Der Eingang wird von einem Gesimsband überdacht, über dem ein halbrundes Fenster eingelassen ist. Darüber sitzt ein massiver, breiter Erker, der das Dachgesims durchbricht und mittels Gesimsbändern mit dem Gebäude verbunden ist. Zusätzlich wird der Erker durch Nuten strukturiert. Zwei unterhalb des Erkers eingeschnittene Konsolen ragen wie Träger vor - es scheint, als würde der Erker auf ihnen lasten. Bemerkenswert sind auch die kleinen, quadratischen Lüftungsöffnungen, die seitlich des Erkers unter den Gesimsbändern angeordnet sind. Je zwei Fensterachsen flankieren den Erker und sind mit dezenten Rahmen in die glatte Fassade eingesetzt. Das leicht in die Tiefe versetzte, turmartig erhöhte Stiegenhaus teilt die Rückseite des Gebäudes in zwei symmetrische Hälften.

... und die Kunst

Über dem Eingang befindet sich ein Bronzerelief, das einen Handwerker, einen Bauern und eine Frau mit Kind zeigt. Es handelt sich dabei um eine Allegorie auf die Verbundenheit von Industrie, Landwirtschaft und Familie.

Der Name

Die Gasse wurde 1862 nach dem städtischen Schlachthaus St. Marx benannt, das 1846 bis 1848 errichtet wurde. Davor bezeichnete man den ehemals am Linienwall entlangführenden Weg als Hohlweggasse. Nach dem Abbruch der Wehranlage und dem Bau der Stadionbrücke um 1870 wurde die breite Schlachthausgasse angelegt.

Sanierung

von 2018 bis 2021

Die Wohnhausanlage wurde umfassend modernisiert, u.a. mit Dachneudeckung, Fenster- und Türenerneuerung, Wärmedämmung der Fassade und Instandsetzung von Stiegenhaus, Gängen und Waschküche. Ebenso wurden Fassaden, Wärmeschutzfenster und Türen erneuert.

Architekten

Otto Nadel - Otto Nadel (1894-1970) studierte von 1919 bis 1922 an der TH Wien. Bereits ab 1920 bis 1940 war er für das Stadtbauamt tätig. In dieser Zeit entstanden nach seinen Plänen mehrere Wohnhausanlagen und sein wohl bedeutendstes Werk, das Amalienbad in Wien 10 (zusammen mit Karl Schmalhofer). Noch nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1963 war Otto Nadel als selbständiger Architekt tätig und entwarf Wohnhausanlagen für die Gemeinde Wien.