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Anton-Schmid-Hof

Fakten

Anton-Schmid-Hof

Pappenheimgasse 31, 1200 Wien

Baujahr: 1964-1966

Wohnungen: 208

Architekt: Rudolf Hönig, Robert Kotas, Egon Fraundorfer, Eugenie Pippal-Kottnig

Weitere Adressen

Leipziger Straße 38-40, 1200 Wien

Jägerstraße 65, 1200 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Historisch gesehen handelt es sich bei der "Brigitta Au" oder "Brigitten Au" um ein wasserdurchästeltes Alluvialgebiet. Also um angeschwemmtes Land, das erst nach der kulturtechnischen Bändigung der Donau in einem künstlichen Strombett für eine großstädtische Besiedlung geeignet war. Im Rahmen dieser sich über Jahrzehnte erstreckenden Maßnahme wurden von der so genannten "Donauregulierungs-Commission" Erschließungs- und Bebauungspläne erstellt. Die großen Straßenzüge Jäger-, Klosterneuburger- und Treustraße gehen auf diese Pläne zurück. Im Plan "Die Brigittenau zum kais. königl. Polizei Bezirk Leopoldstadt", verfasst von A. Ziegler um 1850, wird die Parzelle, auf der der Anton-Schmid-Hof steht, noch als unbebaut und brach liegend dargestellt.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage wurde als fünfstöckige Blockrandverbauung errichtet, wobei auf die bereits bestehende Bebauung an der Pappenheimgasse aufgeschlossen wurde, sodass das Gebäude im Grundriss ein C beschreibt. In seinem Innern birgt es eine abgeschottete kleine Parkanlage. Auf dreizehn Stiegen aufgeteilt, umfasste die Anlage ursprünglich 20 Ledigenwohnräume, 172 Klein- und 19 Mittelwohnungen, außerdem die Räumlichkeiten für eine Mütterberatungsstelle und eine Post- und Telegraphen-Zentrale. Außerdem wurden auch elf Geschäftslokale mit eingeplant. Derzeit zählt der Gemeindehof 209 Wohnungen.

Die Fenster - je nach Raumnutzung wurden zweiflügelige bzw. raumhohe Französische Fenster verwendet - sind glatt in die vollkommen schmucklose Fassade eingeschnitten. An der Pappenheimgasse und der Jägerstraße weist der Bau eine Ladenzone auf. Das Erdgeschoß wirkt hier völlig aufgelöst: Zwischen zarten Pfeilern liegen große, voll verglaste Geschäftsportale mit von zarten Metallrahmen eingefassten Auslagenscheiben.

... und die Kunst

Die drei Eingänge zur Wohnhausanlage - einer an der Pappenheimgasse und zwei am Leipziger Platz - sind mit Glasmosaiken (1964-1966) versehen. Die "Ornamentalen Darstellungen" am Eingang in der Pappenheimgasse stammen von der Künstlerin Erna Frank, jene am Leipziger Platz sind wahrscheinlich von Hans Robert Pippal, dem Ehemann von Eugenie Pippal-Kottnig, die Teil des hier tätigen Architektenteams war.

Der Name

Der Installateur Anton Schmid (1900-1942) besaß ein Radiogeschäft in Wien-Brigittenau. Er wurde in die deutsche Wehrmacht eingezogen und im Herbst 1941 als Feldwebel in Vilnius stationiert, wo er Werkstätten führte. Mit den Arbeitsbescheinigungen, die er für seine jüdischen Mitarbeiter ausstellte, konnte er ihr Leben und das ihrer Familien sichern. Außerdem transportierte er mit selbst ausgefertigten Marschbefehlen über dreihundert Juden aus dem Ghetto von Wilna nach Weißrussland und rettete sie damit vor dem sicheren Tod. Infolgedessen wurde er von der deutschen Wehrmacht als "Verräter" verurteilt und am 13. April 1942 erschossen.

Architekten

Rudolf Hönig - Rudolf Hönig (1895-1967) studierte von 1918 bis 1924 unter anderem bei Siegfried Theiß und Franz Krauß an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er die Wohnhausanlage Rinnböckstraße 14-18 in Wien 11 (1960/61) und war an den Plänen zum Anton-Schmid-Hof in Wien 20, Pappenheimgasse 31 (1964-1966) beteiligt.

Robert Kotas - Robert Kotas (1904-1973) wurde zunächst als Tischler ausgebildet und studierte von 1929 bis 1933 an der Akademie der bildenden Künste bei Clemens Holzmeister. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurde er durch seine zahlreichen Kino-Neu- und Umbauten sozusagen zum "Lichtspiel-Spezialisten". Aus seinem Büro stammen neben der Adaptierung des Metro-Kinos (Johannesgasse, Wien 1) auch die Pläne für den Umbau des Flotten-Kinos in der Mariahilfer Straße (1953), für den Neubau des Capitol-Kinos in der Kundmanngasse in Erdberg (1963) und für das legendäre, noch heute original erhaltene Gartenbaukino am Parkring (1960).

Egon Fraundorfer - Egon Fraundorfer (1913-1975) studierte 1936 und 1937 Architektur bei Hans Adolf Vetter an der Wiener Kunstgewerbeschule. Unter anderem war er für die Gemeinde Wien an der Errichtung der Wohnhausanlage Hartlebengasse 1-17 in Wien 22 (1961-1963) beteiligt.

Eugenie Pippal-Kottnig - Eugenie Pippal-Kottnig (geb. 1921 in der UdSSR, Anscher Grube, gest. 1998 in Wien) studierte von 1935 bis 1939 Architektur an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Otto Niedermoser und Franz Schuster. 1943 heiratete sie den Maler Hans Robert Pippal. Einer ihrer ersten bedeutenden Aufträge war die Illustration für das "Österreichbuch" (Hrsg. Ernst Marboe, 1948). In den 1950er-Jahren war sie an der Planung mehrerer Wohnhäuser für die Gemeinde Wien beteiligt. Pippal-Kottnig war auch als Designerin von Inneneinrichtungen und Möbelstücken tätig und arbeitete an zahlreichen künstlerischen Ausführungen ihres Mannes mit, wie etwa an den Mosaiken für die Oktogone im Foyer des 2. Ranges des Burgtheaters (1955).