Otto-Probst-Straße 34
Otto-Probst-Straße 34
Otto-Probst-Straße 34, 1100 WienBaujahr: 1990-1992
Wohnungen: 72
Architekt: Otto Steidle
Wohnen in Wien
In den 1990er-Jahren konzentrierte sich die Stadt Wien neben Sanierungsarbeiten auf die Stadterweiterung (21.000 Wohnungen in vier Jahren). Gemeinsam mit der Stadtplanung werden großflächig Siedlungsgebiete im Nordosten und Süden Wiens erschlossen. Die Gemeindebauten, die nun für eine breitere Bevölkerungsschicht zugänglich sind, passen sich den heutigen Bevölkerungsstrukturen an und sparen durch eine nachhaltige Bauweise Betriebskosten und Energie.
Geschichte
Die Geschichte des Wienerberges ist von der langen Tradition der Ziegelproduktion geprägt. Um 1820 wurde die Ziegelfabrik am Wienerberg zur größten Europas. Die Ziegelarbeiter hausten in Massenquartieren und einfachen Baracken, die im Umfeld der Fabrik entstanden. Erst in den 1960er-Jahren wurde der Lehmabbau unrentabel, und die Ziegelwerke wurden stillgelegt. Für die Neugestaltung des Areals wurden mehrere Wettbewerbe ausgeschrieben. Das Konzept für die Siedlung entlang der Otto-Probst-Straße ging aus einem städtebaulichen Wettbewerb hervor, der 1980 von Otto Häuselmayer gewonnen wurde. Die insgesamt 2.000 Wohnungen wurden 1984 und 1996 in drei Etappen realisiert. Als Auftraggeber fungierten sowohl öffentliche als auch private Bauträger. Trotz der Hinwendung zur Urbanisierung wurde auf eine möglichst geringe Wohndichte und die unmittelbare Integration naturnaher Freiräume Wert gelegt.
Die Architektur
Die Wohnhausanlage wurde abseits der Straße hinter dem Wohnhaus Otto-Probst-Straße 32 errichtet, mit dem sie einen gemeinsamen Innenhof teilt. Ihr Grundriss erinnert an eine Sprossenleiter: Zwischen zwei Längstrakten sind Verbindungstrakte eingeschoben, wodurch sich kleine Innenhöfe bilden. Die Anlage umfasst vier Hauptgeschoße und ein aufgesetztes Terrassengeschoß bzw. ein ausgebautes Dachgeschoß. Die Zwischenblöcke sind durchwegs gleichförmig gestaltet und unterscheiden sich im Wesentlichen nur in der Farbgebung. Die schmale Front zum großen Innenhof hin ist betont schlicht gestaltet. Die glatte Putzfassade wird durch regelmäßig eingesetzte Fenster strukturiert. Akzente setzen die äußersten Achsen breiter französischer Fenster. In den zurückversetzten Erdgeschoßbereich sind schlichte Eckpfeiler eingesetzt. Die kleinen Höfe sind durch einen jeweils mittig gelegenen Durchgang miteinander verbunden. Die Durchgänge sind zwei Geschoße hoch ausgeschnitten und geben im ersten Obergeschoß den Blick auf die Mittelkorridore frei, die sowohl die Wohnungen der Verbindungstrakte als auch die anschließenden Wohnungen der langen Seitenblöcke erschließen. Im Gegensatz zu den geschlossen wirkenden Fassaden der Innenhöfe befinden sich an den Außenfronten dieses Bauteils großzügige Loggien.
Der Name
Benannt ist der quer durch die Siedlung verlaufende Straßenzug nach dem Politiker Otto Probst (1911-1978). Der Sozialdemokrat begann seine Karriere in der Jugendschutzstelle der Arbeiterkammer in Wien. Unter dem NS-Regime war er zunächst im KZ Buchenwald inhaftiert und kam 1943 in eine Strafkompanie der Wehrmacht an die Ostfront. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Probst Zentralsekretär der SPÖ. Von 1963 bis 1966 war er Bundesminister für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft und von 1970 bis 1974 Obmann der SPÖ Wien. Der langjährige Nationalratsabgeordnete verstarb 1978 in seinem Arbeitszimmer im Parlament.
Architekten
Otto Steidle - Der in München geborene Architekt Otto Steidle (1943-2004) studierte von 1965 bis 1969 Architektur an der Kunstakademie München. Bereits 1969 gründete er das Architekturbüro Steidle+Partner. Dieses konnte unter anderem das Internationale Begegnungszentrum der Wissenschaften in Berlin (1983), die Universität Ulm (1992) und den Medienpark Kampnagel in Hamburg (1999) realisieren. Außerdem war Steidle ab 1979 als Professor an der Gesamthochschule Kassel und später an der Technischen Universität Berlin tätig. 1991 wurde er Professor an der Akademie der bildenden Künste in München, der er von 1993 bis 1995 auch als Rektor vorstand. Seit 2005 wird das Büro als "Steidle Architekten Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern" von seinen ehemaligen Partnern weitergeführt.