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Dirmhirngasse 16-18

Fakten

Dirmhirngasse 16-18

Dirmhirngasse 16-18, 1230 Wien

Baujahr: 1966-1967

Wohnungen: 388

Architekt: Brigitte Wiedmann, Friedrich Albrecht, Ernst Arthofer, Vinzenz Herrmann, Leopold Ledwinka, Karl Burian, Helmut Frisch

Weitere Adressen

Amstergasse 3, 1230 Wien

Prückelmayrgasse 1-5, 1230 Wien

Amstergasse 3, 1230 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Die weitläufige Wohnhausanlage an der Dirmhirngasse 16-18 in Wien-Atzgersdorf wurde in den Jahren 1966-1967 nach Plänen einer ARGE bestehend aus sieben Wiener Architekten, darunter Friedrich Albrecht und Brigitte Wiedmann, die im 23. Bezirk bereits ein weiteres Gemeinschaftsprojekt an der Rudolf-Zeller-Gasse 69 realisiert hatten, errichtet.

Sie befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Endresstraße, die 1877/78 als Fußgängerallee zum Bahnhof Atzgersdorf-Mauer angelegt wurde, und heute noch als gekrümmt verlaufende Verbindung von Atzgersdorf (Kirchenplatz) nach Mauer (Hauptplatz) führt. "Atzgersdorf", das 1850 als freie Gemeinde konstituiert wurde, entwickelte sich in der Folge vom landwirtschaftlich geprägten Dorf zur industriellen Gemeinde Wiens mit einer Reihe von Fabriken, wie der sogenannten "Auerstrumpf"-Fabrik, in der der Erfinder des Gasglühlichts (OSRAM), Carl Auer von Welsbach (1858-1929), ab 1892 produzierte. Damit einhergehend stieg die Bevölkerungszahl ebenso wie die Anzahl an Schulen, durch deren Dichte sich der Bezirk Liesing, in den Atzgersdorf 1938 eingemeindet wurde, auch heute noch auszeichnet.

Die Architektur

Die Anlage umfasst neun achtgeschoßige Stiegenhäuser, verteilt auf zwei parallele Häuserreihen an der Dirmhirngasse und 15 viergeschoßige Stiegenhäuser, die teils parallel zur Amstergasse, teils in parallelen Reihen an der südlich gelegenen Prückelmayrgasse liegen und insgesamt über eine Kapazität von 388 Wohnungen verfügen.

Die ursprünglich an der Amstergasse als Randbebauung geplanten Stiegen 1-3 wurden nicht realisiert. An ihre Stelle trat 1977-79 eine L-förmige Wohnhausanlage der Stadt Wien (Amstergasse 1), mit der sich die Bauten einen gemeinsamen zentralen Grünraum mit einem Sandspielplatz und einem Ruheplatz teilen. Trotz des nahtlosen Anschlusses der beiden Gebäude an der Dirmhirngasse unterscheiden sich die Wohnhäuser sowohl in Höhe als auch in der Fassadengestaltung deutlich voneinander. Der frühere Bau entspricht in seinem Aufbau den typischen Gestaltungsprinzipien des kommunalen Wohnbaus der 1960er-Jahre: über einer grob verputzten, genuteten Sockelzone erheben sich die Geschoße, in denen die in Ost-West-Richtung ausgerichteten Wohnungen untergebracht sind. Diese verfügen über westseitige (Bau 2) bzw. ostseitige (Bau 1) Halbloggien, die heute teilweise geschlossen sind. An der Eingangsfront prägt eine einfach gegliederte Fassade das Erscheinungsbild. Einen Akzent setzen hier die über die Dachtraufe gezogenen und farblich abgehobenen Erkerbauten der Stiegenaufgänge.

Bei den etwas niedrigeren Gebäuden an der Ecke Dirmhirngasse 18/Prückelmayrgasse wurde auf Mauervor- und -rücksprünge an den Eingangsfassaden verzichtet. Auffallend ist aber die farbliche Gestaltung der Supraporten-Zonen an den Stiegenaufgängen mit einem kräftigen Rot, das sich von der sonst hell verputzten Fassade deutlich abhebt.

Diesem zweiten Bauteil an der Dirmhirngasse 18 (Ecke Prückelmayrgasse) ist zudem ein Abstellplatz für insgesamt 48 PKW vorgelagert. Darüber hinaus verfügt die Anlage über eine hervorragende Geschäftsinfrastruktur und Anbindung an das öffentliche Netz durch die nahe gelegene Schnellbahnstation Wien-Atzgersdorf.

... und die Kunst

Über dem Zugang zum begrünten Innenhof des zweiten Bauteils an der Dirmhirngasse 18/Prücklmayrgasse 1 befindet sich ein ca. 10 m hohes, hochrechteckiges Fassadenmosaik der Wiener Künstlerin Florentina Pakosta (geb. 1933) mit dem Titel "Ornamentale Komposition" aus den Jahren 1966-67. Dieses erinnert an die Mosaikgestaltung Roman Hallers (geb. 1920) in den Laubengängen der nicht weit entfernten Wohnhausanlage an der Mehlführergasse 22-24 und 26-28.

Der Name

Die ehemalige Schulgasse trägt seit 1954 den Namen Dirmhirngasse nach dem Schulrat und Gemeinderat von Liesing Arnold Dirmhirn (1882-1933), der sich insbesondere der Jugendfürsorge im Bezirk widmete.

Auch Johann Matthias Prückelmayr Freiherr von und zu Goldegg (1589-1657), Lehensherr von Atzgersdorf, Liesing und Steinhof war ein Wohltäter. Selbst aus ärmlichen Verhältnissen stammend, errichtete er eine Stiftung für arme Studenten. Zu seinen Ehren wurde 1967 die ehemalige Gasse 3 in Prückelmayrgasse umbenannt.

Prominente Bewohner

Zu den zahlreichen berühmten Bewohnern von Atzgersdorf gehört auch der Volksschauspieler Karl Skraup (1898-1958), der vor allem durch seine Rollen in Nestroy- und Raimundstücken große Beliebtheit erlangte. Zu seinen Ehren stiftet die BAWAG (Bank für Arbeit und Wirtschaft, heutige BAWAG PSK) seit 1968 den "Karl-Skraup-Preis" für herausragende Ensemblemitglieder. Karl Skraup wurde auf dem Atzgersdorfer Friedhof beigesetzt.

Architekten

Brigitte Wiedmann - Brigitte Wiedmann (geb. Kaym, 1925-2002; auch Kiesewetter-Kaym) ist die Tochter des bekannten Architekten Franz Kaym. Sie studierte ab 1943 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien plante sie unter anderem zusammen mit Heinz Reiter den Josef-Illedits-Hof in Wien 3 (Kärchergasse 3-13, 1953/54) und die Anlage Wienerbergstraße 14 in Wien 12 (1959/60). Das Wohnhaus Rudolf-Zeller-Gasse 69 in Wien 23 (1969/70) entwarf Wiedmann gemeinsam mit Friedrich Albrecht.

Friedrich Albrecht - Friedrich Albrecht (1922-2004) studierte Innenarchitektur und Möbelbau an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Carl Witzmann. Für die Gemeinde Wien entwarf er vorwiegend in Zusammenarbeit mit mehreren anderen Architekten einige große Wohnhausanlagen. Unter anderem war er an den Anlagen Dieselgasse 11-17 in Wien 10 (1959-1960), Landstraßer Hauptstraße 173-175 in Wien 3 (1953-1956) und an der Wohnanlage "Ankerbrotgründe" in Wien 10 (Absberggasse, 1980-1985) beteiligt.

Ernst Arthofer - Ernst Arthofer (1921-2000) studierte ab 1945 bei Erich Boltenstern und Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste Wien. Zu seinen Werken zählen unter anderem der Erweiterungsbau der Pfarrkirche Gänserndorf/NÖ (1959-1961, mit Karl Burian) und die in einer größeren Arbeitsgemeinschaft entstandene kommunale Wohnhausanlage Dirmhirngasse 16-18 in Wien 23 (1966/67).

Vinzenz Herrmann - Vinzenz Herrmann (1899-1977) studierte von 1918 bis 1923 Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1924 die 2. Staatsprüfung ablegte. Für die Gemeinde Wien entwarf er das Wohnhaus Eichenstraße 50-52 in Wien 12 (1954/55) und zusammen mit Helene Koller-Buchwieser und Theodora Bauer die Anlage Tivoligasse 13 in Wien 12 (1959-1961).

Leopold Ledwinka - Leopold Ledwinka (1913-2001) studierte ab 1935 bei Peter Behrens an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem das Wohnhaus Billrothstraße 77 in Wien 19 (1954/55) und war an den Plänen zu den Anlagen Eisenstadtplatz 4-8 in Wien 10 (1960-1963) und Patrubangasse 9 in Wien 10 (1960-1963) beteiligt.

Karl Burian - Über die Ausbildung des Architekten Karl Burian (geb. 1920) gibt es keine Daten. Für die Gemeinde Wien war er etwa an den Entwürfen zur Wohnhausanlage Dirmhirngasse 16-18 in Wien 23 (1966/67) beteiligt.

Helmut Frisch - Helmut Frisch (geb. 1929 in Vrsac, Serbien) kam 1944 als Waise zunächst nach Deutschland, wo er seine Schulausbildung erhielt. 1949 bis 1956 studierte er Architektur an der Technischen Hochschule Wien und war in der Folge bis 1990 als freiberuflicher Architekt in Wien tätig. Zu seinen bedeutendsten Bauwerken gehören die Wohnhausanlage Siebenbrunnengasse 3 in Wien (1958), der Zentralbauhof Innsbruck-Reichenau (ab 1964) und die Autobahnmeisterei Wien-Inzersdorf (1972-1978) sowie zahlreiche Autobahnraststationen entlang der Westautobahn. Nach seinen Entwürfen entstand auch das Totenmal der Donauschwaben in Wien 19, Kaasgrabenkirche (1956), und die Donauschwäbische Gedenkstätte in Gakovo/Woiwodina (2004).