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Ketzergasse 26

Fakten

Ketzergasse 26

Ketzergasse 26, 1230 Wien

Baujahr: 1964-1966

Wohnungen: 117

Architekt: Robert Zeidner, Martin Sauer

Weitere Adressen

Basler Gasse 21, 1230 Wien

Sevcikgasse 9, 1230 Wien

Basler Gasse 24, 1230 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Das Straßendorf Siebenhirten an der - nach 1945 ausgebauten - Ketzergasse war bis in die Neuzeit landesfürstlich verwaltet. Im 16. Jahrhundert erfolgte die Vereinigung mit der Herrschaft Rodaun, die mit kurzen Unterbrechungen bis 1848 währte. Im Vormärz (vor 1848) setzte in dem von der Landwirtschaft geprägten Ort langsam die Industrialisierung ein. 1850 kam die neu geschaffene Gemeinde in den Besitz des Schellenhofes, eines im 16. Jahrhundert erbauten Ansitzes, der seit 1719 nachweislich ein Bierhaus beherbergte. Die hier eingerichtete Brauerei entwickelte sich zum bedeutendsten Betrieb des Ortes.

Die Ketzergasse ist eine von der Triester Straße in Verlängerung der Ortstraße abzweigende Verbindung Siebenhirten - Liesing - Rodaun. Im Ortsbereich von Siebenhirten verläuft sie nördlich parallel zum Petersbach.

Die Architektur

Das ausgedehnte Areal der Wohnhausanlage beginnt flaschenhalsartig im Süden an der Ketzergasse und erstreckt sich unregelmäßig aufgeweitet bis an die Sevcikgasse im Norden. Die Baslergasse trennt das Areal in einen Süd- und einen Nordteil. Letzterer ist annähernd trapezförmig. Am verengten Grundstücksbeginn stehen zwei dreigeschoßige Gebäude parallel hintereinander. Das dahinter liegende Areal ist über zwei breite, hohe Durchgänge im westlichen Teil der beiden Vorgebäude erreichbar. Zwei von Süden nach Norden parallel verlaufende Fußwege gliedern die beiden Anlagenteile in drei Streifen. An den rechtwinkelig dazu angelegten Nebenwegen befinden sich 21 zweigeschoßige Reihenhauszeilen, die alle von Ost nach West ausgerichtet sind. Die Zeilenlänge variiert von zwei bis neun Wohnungseinheiten; am häufigsten kommen vierteilige Häuserzeilen vor. Nur in der südwestlichen Ecke steht ein zweigeschoßiges Einzelhaus. Weiters gibt es im ersten Anlagenteil an der Baslergasse einen großen, dreiteiligen Bau, der im ersten Abschnitt zweigeschoßig und den beiden folgenden dreigeschoßig ist. Zwei Parkplätze in der Gasse gehören ebenfalls zur Anlage.

Im Erdgeschoß des ersten Gebäudes an der Ketzergasse befinden sich zwei Geschäftslokale sowie ein hochrechteckiger Durchgang im Westen. Die Mauerzonen sind mit grauem Spaltklinker verkleidet. Eine Loggienachse über dem Durchgang und drei Fensterachsen über der Geschäftszone kennzeichnen die beiden Obergeschoße. Die Nordfassade weist auf beiden Seiten des Stiegenaufgangs symmetrische Fensterachsen auf. Der Aufgang selbst liegt in einem seichten Mauerrücksprung, die Stiegenhausfenster sind als schmale horizontale Bahnen in den Rücksprung eingelassen. Der dahinter liegende Wohnblock ist bis auf den fehlenden Geschäftsbereich identisch aufgebaut. Ursprünglich waren beide Gebäude mit einem steingrünen Spritzputz sowie mit rot gefärbelten Loggienrückwänden und Stiegenhausrücksprüngen versehen - heute sind sie einheitlich in Grau gehalten. Der dreiteilige Bau an der Baslerstraße folgt der gleichen Architektursprache: Im ersten, leicht von der Straße zurückversetzten, zweigeschoßigen Teil befand sich früher eine Mütterberatungsstelle, in den beiden dreigeschoßigen Abschnitten gab es im Erdgeschoß vier Waschküchen.

Sämtliche Reihenhäuser wurden aus Fertigteilmontageplatten mit einer Dacheindeckung aus grauem Welleternit errichtet und mit gelbem Spritzputz versehen. Nordseitig liegen die Eingänge, südseitig die charakteristischen Vorgärten mit ebenerdigen Terrassen. Diese werden durch dünne, trapezförmige, sich nach unten hin verbreiternde Betonwände von den Nachbareinheiten abgeschirmt. Die Betonschirme sind an der Außenkante durch rhythmisch angeordnete, rechteckige Öffnungen kreuzmusterartig durchbrochen. Die schallisolierenden Trennwände zwischen den Wohneinheiten präsentieren sich sowohl süd- wie auch nordseitig als schmale, weiße Mauerlisenen.

Der Name

Die Ketzergasse wurde 1954 nach Josef Ketzer (1869-1944) benannt, der von 1918 bis 1928 Bürgermeister von Siebenhirten war. Davor hieß die Gasse seit 1938 Adolf-Hitler-Straße und seit 1947 Siebenhirtener Hauptstraße.

Architekten

Robert Zeidner - Robert Zeidner (1925-1978) studierte Architektur an der Technischen Universität Wien. Als selbständiger Architekt war er vor allem im Wohnbau tätig und entwarf auch für die Gemeinde Wien mehrere Wohnbauten, wie etwa die Wohnhäuser Badhausgasse 5-7 in Wien 7 (1980-1982) und Breitenfurter Straße 360-368 in Wien 23 (1972-1975). Für die Gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft Wien-Süd wurden rund 3.000 Wohneinheiten nach seinen Entwürfen realisiert. Zuletzt war Robert Zeidner auch Fachvorstand für Architektur an der HTL Schellinggasse in Wien 1.

Martin Sauer - Martin Sauer (geb. 1916) studierte Architektur an der Technischen Hochschule in Stuttgart. Während des Zweiten Weltkriegs kam er nach Wien und legte hier die Zivilingenieursprüfung ab. Martin Sauer war vor allem im Bereich Wohnbau tätig. Für die Gemeinde Wien entwarf er zusammen mit Robert Zeidner unter anderem die 1964 bis 1966 errichteten Wohnhausanlagen Ketzergasse 26 und Ketzergasse 56 in Wien 23.