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Ketzergasse 56

Fakten

Ketzergasse 56

Ketzergasse 56, 1230 Wien

Baujahr: 1964-1966

Wohnungen: 3

Architekt: Martin Sauer, Robert Zeidner

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Das Straßendorf Siebenhirten an der - nach 1945 ausgebauten - Ketzergasse war bis in die Neuzeit landesfürstlich. Im 16. Jahrhundert erfolgte die Vereinigung mit der Herrschaft Rodaun, die mit kurzen Unterbrechungen bis 1848 währte. Im Vormärz (vor 1848) setzte in dem von Landwirtschaft geprägten Ort langsam die Industrialisierung ein. 1850 gelangte die neu geschaffene Gemeinde in den Besitz des Schellenhofes, eines im 16. Jahrhundert erbauten Ansitzes, in dem seit 1719 nachweislich ein Bierhaus bestand. Die hier eingerichtete Brauerei entwickelte sich zum bedeutendsten Betrieb des Ortes. Die Ketzergasse ist die von der Triester Straße in Verlängerung der Ortsstraße abzweigende Verbindung Siebenhirten - Liesing - Rodaun. Im Ortsbereich von Siebenhirten verläuft sie nördlich parallel zum Petersbach. Der Baubeginn für das Gebäude an der Ketzergasse 56 wurde von den bauführenden Firmen 1964 gemeinschaftlich mit der Wohnhausanlage auf Ketzergasse 26 der Magistratsabteilung 37 angezeigt, da die Architekten dieselben waren und der Geschäftsbereich des Hauses mit der Konsumgenossenschaft vielleicht auch zur Nahversorgung der nicht weit entfernten Reihenhaussiedlung auf Ketzergasse 26 gedacht war.

Die Architektur

Die L-förmige Anlage liegt mit dem zweigeschoßigen, sattelgedeckten Haupttrakt an der Ketzergasse. Der eingeschoßige, schmälere und kürzere Seitentrakt erstreckt sich hofseitig entlang der rechten Grundstücksgrenze nach Norden. Im Erdgeschoß der Straßenfassade befindet sich neben der westlichen Feuermauer eine rechteckige Durchfahrt zu den PKW- Stellplätzen im Hof. Symmetrisch dazu ist neben der östlichen Feuermauer ein Schaufenster mit integrierter Eingangstüre angeordnet. Durch schmale Mauerstreifen getrennt ist dazwischen das vierteilige Schaufenster des Geschäftsbereichs eingespannt. Die Mauerzonen des Erdgeschoßes sind mit grauem Spaltklinker verkleidet. Im Obergeschoß befinden sich zwei leicht vorspringende Loggien über den beiden rechteckigen äußeren Ausnehmungen des Erdgeschoßes. Sie waren ursprünglich unverglast und ihre Rückwände im Kontrast zur gelben Fassade blau gestrichen. Zwischen den Loggien sind vier einteilige Fenster regelmäßig eingeschnitten. An der Hoffassade sind die Fensterachsen beiderseits des mittig liegenden Stiegenaufganges angeordnet. Dieser war früher in einem blau gehaltenen Mauerrücksprung angelegt. Heute ist der Rücksprung aufgefüllt und der übrigen Wandebene angeglichen worden. Alle Fassaden sind nun einheitlich grau gestrichen. Der 15 m lange Seitentrakt mit Pultdach im östlichen Hofbereich ist leicht nach Norden zu verbreitert und dient als Magazin für das Geschäft im Vorderhaus. Es wird durch eine Reihe schmaler länglicher Fenster nahe der Dachlinie belichtet und hat einen hofseitigen Eingang.

Der Name

Die Ketzergasse ist seit 1954 nach Josef Ketzer (1869-1944) benannt, der 1918 bis 1928 Bürgermeister von Siebenhirten war. Vorher hieß sie ab 1947 Siebenhirtener Hauptstraße und davor ab 1938 Adolf-Hitler-Straße.

Architekten

Martin Sauer - Martin Sauer (geb. 1916) studierte Architektur an der Technischen Hochschule in Stuttgart. Während des Zweiten Weltkriegs kam er nach Wien und legte hier die Zivilingenieursprüfung ab. Martin Sauer war vor allem im Bereich Wohnbau tätig. Für die Gemeinde Wien entwarf er zusammen mit Robert Zeidner unter anderem die 1964 bis 1966 errichteten Wohnhausanlagen Ketzergasse 26 und Ketzergasse 56 in Wien 23.

Robert Zeidner - Robert Zeidner (1925-1978) studierte Architektur an der Technischen Universität Wien. Als selbständiger Architekt war er vor allem im Wohnbau tätig und entwarf auch für die Gemeinde Wien mehrere Wohnbauten, wie etwa die Wohnhäuser Badhausgasse 5-7 in Wien 7 (1980-1982) und Breitenfurter Straße 360-368 in Wien 23 (1972-1975). Für die Gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft Wien-Süd wurden rund 3.000 Wohneinheiten nach seinen Entwürfen realisiert. Zuletzt war Robert Zeidner auch Fachvorstand für Architektur an der HTL Schellinggasse in Wien 1.