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Kanitzgasse 2-6

Fakten

Kanitzgasse 2-6

Kanitzgasse 2-6, 1230 Wien

Baujahr: 1951-1956

Wohnungen: 48

Architekt: Alfred Wanko, Wilhelm Glattes

Weitere Adressen

Kanitzgasse 2A, 1230 Wien

Wohnen in Wien

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Mauer wird um 1210 erstmals erwähnt, doch schon seit Ende des 12. Jahrhunderts ist der Name "Gereut" überliefert, der sich auf die Burg Mauer bezieht, die 1895 abgerissen wurde. Mauer entwickelte sich südöstlich davon als Grabenangerdorf im Bereich von Hauptplatz und Endresstraße. In der Nähe des Hauptplatzes steht die Pfarrkirche, die 1934 bis 1936 nach Plänen von Clemens Holzmeister unter Einbeziehung von Teilen des spätgotischen Vorgängerbaus errichtet wurde. Daneben befindet sich das Maurer Schlössl, das 1968 zur Rudolf-Steiner-Schule umgebaut wurde und im 17. Jahrhundert als kleines Jesuitengut errichtet worden war. Dahinter erstreckt sich der Rathauspark, ursprünglich der Park des Maurer Schlössls, der 1937 von der Gemeinde erworben und der Öffentlichkeit übergeben wurde.

Die vier Gemeindebauten wurden in zwei Abschnitten von zwei Architekten der MA 19 in den Jahren 1951/52 und 1955/56 errichtet. Sie sind - dem Strukturplan folgend - im obersten bzw. nördlichsten Teil des Maurer Rathausparks angeordnet. Im südlichen Teil liegen nebeneinander die Pfarrkirche und die Rudolf-Steiner-Schule. Der Rathauspark selbst ist mit seiner Teichanlage und einer Brunnenanlage von Anton Hanak im Sommer als Erholungsraum sehr beliebt.

Die Architektur

Die beiden dreigeschoßigen, sattelgedeckten Bauten von Wilhelm Glattes wurden 1951 im parzellierten Bereich nordöstlich des Parks an der Kanitzgasse errichtet. Die beiden anschließenden drei- und zweigeschoßigen Bauten von Alfred Wanko wurden 1956 westlich davon angelegt. Die Schmalseiten von drei Gebäuden sind etwas von der Kanitzgasse abgerückt, während der zweigeschoßige Bau im Park mit der Längsseite direkt an der Straße liegt.
Die beiden Bauten von Wilhelm Glattes sind völlig identisch. Die Eingangsseite liegt im Osten. Eine mittige Aufgangsachse durchbricht die Dachlinie, ist gaubenartig mit einem kleinen Fenster ausgestattet und schließt mit einem Walmdach ab. Sie wird auf beiden Seiten von einer Balkonachse zwischen zwei Fensterachsen flankiert. Das Portal ist mit einer profilierten Steinrahmung mit Segmentbogensturz ausgestattet. Eine einachsige Gaube hätte sich zu beiden Seiten des Stiegenaufgangs zwischen Balkonachse und innerer Fensterachse erheben sollen - heute existiert bei beiden Bauten nur noch jeweils eine, ebenso bei den Westfassaden. Dort markiert ein einachsiger, mit dem Dachgesims verkröpfter Risalit die Fassadenmitte. Zwei Doppelachsen sind symmetrisch zu seinen Seiten angeordnet. Zu den Gebäudekanten hin bleibt die Mauer geschlossen. Die straßenseitige Schmalseite hat eine seitlich versetzte Fensterachse, deren übereinander liegende Giebelfenster zur Mitte gerückt sind. An der parkseitigen Schmalseite sind zwei Giebelfenster nebeneinander angeordnet.

Die einfach gegliederte Eingangsseite des gleich ausgerichteten, dritten Gebäudes von Alfred Wanko liegt im Westen. Die Aufgangsachse mit dem kleinen Abschlussfenster knapp unter dem Traufgesims wird von zwei Fensterachsen flankiert. Auffällig ist die Portalgestaltung mit ihrer beidseitigen, rostroten Keramikplattenverkleidung innerhalb der gespritzten Betonrahmung. Die siebenachsige Rückseite wird in den vorletzten Außenachsen durch französische Fenster in den Obergeschoßen akzentuiert und in der Mitte von einer dreiachsigen Gaube überhöht.

Das etwas tiefer gelegene, zweigeschoßige Gebäude im Park unterscheidet sich von den gelb verputzten, dreigeschoßigen Bauten vor allem durch seine rosa Fassadenfarbe. Im Keller gibt es eine Gärtnerunterkunft des Stadtgartenamtes mit Geräteraum für die Parkpflege. Diese ist von der tiefer liegenden, östlichen Schmalseite her zugänglich. Die Längsfassaden wiederholen die Gliederung des dreigeschoßigen Gebäudes einschließlich der Dachgaube. Die Eingangsfassade liegt hier an der Gasse. Allen vier Gebäuden gemeinsam sind die dunklen Kratzputzsockel und die weißen Putzfaschen.

... und die Kunst

Im Rathauspark steht unweit der Wohnhausanlage ein Brunnen, der erst 1965 aufgestellt wurde. Die Figurengruppe darin wurde von Anton Hanak (1875-1934) im Jahr 1925 gestaltet. In der Mitte des polygonalen Beckens drückt die Gestalt der Magna Mater, der Großen Mutter, ein Menschenpaar in Kindergröße mit den Armen an sich, während sich ein kleines Kind an den Falten ihres Gewandes festhält. Vom Rand des Brunnens aus richten vier Wasserspeier in Form aufgerichteter Bronzeschlangen ihre geöffneten Mäuler auf die Figurengruppe aus weißem Laaser Marmor - wohl um die Bedrohungen, gegen die sich die Mutterliebe stellt, zu symbolisieren.

Etwas weiter entfernt steht unter einem Busch eine Statue von Oskar Thiede mit dem Titel "Athlet" aus weißem Marmor.

Der Name

Die Kanitzgasse ist seit 1966 nach Dr. Otto Kanitz (1894-1940) benannt, einem Pädagogen, der 1921 bis 1934 "Die sozialistische Erziehung" herausgab. Er wurde im KZ Buchenwald ermordet.

Architekten

Alfred Wanko - Alfred Wanko (1920-1978) studierte an der Technischen Hochschule Wien Architektur, wo er 1954 auch promovierte. Er entwarf unter anderem für die Gemeinde Wien das Wohnhaus Reinprechtsdorfer Straße 51 in Wien 5 (1951).

Wilhelm Glattes - Wilhelm Glattes (1904-1975) war bis zu seiner Pensionierung im Wiener Stadtbauamt als Architekt tätig. In seiner Funktion plante er unter anderem das Wohnhaus Hainburger Straße 57 in Wien 3 (1949/50) und zusammen mit Ludwig Schmid und Johann Stöhr die Anlage Ortliebgasse 35-37 in Wien 17 (1953/54).