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Dr.-Neumann-Gasse 8-10

Fakten

Dr.-Neumann-Gasse 8-10

Dr.-Neumann-Gasse 8-10, 1230 Wien

Baujahr: 1950-1951

Wohnungen: 48

Architekt: Arnold Goldberger, Hans Schimitzek

Wohnen in Wien

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Die ehemalige Badhausgasse in der Nähe des Liesinger Platzes wurde 1949 nach dem Liesinger Gemeindearzt Dr. Neumann umbenannt. Neben der wichtigen Memorialfunktion für den im KZ umgekommenen Mediziner gibt es vielleicht auch einen Bezug zu dem 1930 von Johann Rothmüller und Leopold Schumm errichteten Gebäude einer Bezirksstelle der Wiener Gebietskrankenkasse auf Nr. 9 mit einem Ärztezentrum. Gleich daneben auf Nr. 7 steht eine Architektur-Ikone der rationalen "weißen" Moderne, das ehemalige Liesinger Arbeitsamt, heute zum Bürohaus umgebaut. Es ist ein Frühwerk von Ernst Anton Plischke, das große internationale Aufmerksamkeit erregte. Der Gemeindebau aus den frühen 1950er-Jahren liegt diesen beiden Gebäuden genau gegenüber.

Die Architektur

Die U-förmige, dreigeschoßige Wohnanlage liegt mit dem Mittelflügel an der Dr.-Neumann-Gasse. Die Seitenflügel entlang der Lastenstraße und entlang der Steinergasse spannen einen trapezfömigen Hof auf. Die Hauptfassade mit einem breiten Mittelrisalit ist streng symmetrisch aufgebaut. Der Risalit ist fünfachsig und die seitlichen Fassadenteile sind zweiachsig, wobei die drei mittleren Fassadenachsen mit zweiteiligen und die drei Außenachsen mit dreiteiligen Fenstern ausgestattet sind. Das Portal mit profilierten Steinrahmen sitzt ebenerdig in der Mitte des Risalits. Die zweiflügelige Holztür hat eine Verglasung mit einem kleinteiligen Sprossenraster. Durch das Portal kommt man über einen Stiegenlauf und eine zweiflügelige Schwingtür auf einen Treppenabsatz, der einerseits zum hofseitigen Stiegenhaus führt und andererseits über einen absteigenden Treppenlauf zur Hoftüre. Von hier aus geht es zum Gartenhof mit Bäumen, Büschen und Ruheplätzen. Ein ebenerdiger gemauerter Geräteschuppen mit Satteldach für die Straßenräumung von der MA 48 schließt den Hof gegen Norden ab. Der ruhige Gartenhof mit den fünf Stiegenaufgängen zeigt noch unverändert die vorstädtische Wohnhausarchitektur der 1950er-Jahre.

Der Name

Die Dr.-Neumann-Gasse wurde nach Dr. Karl Neumann (1890-1944), einem verdienten Liesinger Gemeindearzt, benannt. Dr. Karl Neumann hat sich besonders um die Hauskrankenpflege und die Jugendfürsorge in seiner Heimatgemeinde angenommen und aus eigenen Mitteln den ersten Krankentransportwagen in Liesing angeschafft. Als Opfer der Nürnberger "Rassen-Gesetze" wurde Karl Neumann am 24. Juni 1943 zunächst nach Theresienstadt und im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Mit ihm starben seine Ehefrau und sein jüngster Sohn. Seinen beiden älteren Kindern gelang die Flucht ins Ausland.

Architekten

Arnold Goldberger - Arnold Goldberger (1872-1950) studierte von 1891 bis 1898 bei Karl Mayreder und Karl König an der Technischen Hochschule Wien. Als selbständiger Architekt errichtete er bis 1904 vor allem Mietshäuser, wie etwa die Häuser Bienengasse 2 in Wien 6 (1894) und Ullmannstraße 52 in Wien 15 (mit Leopold Ettmayr, 1904). Sein bedeutendstes Bauwerk in Wien ist das Elektrizitätswerk Simmering der Wiener Stadtwerke in Wien 11 (Haidequerstraße/Simmeringer Lände, 1900-1902). Ab 1904 war Arnold Goldberger vorwiegend in Italien und Tschechien tätig. Das Gemeindewohnhaus Dr.-Neumann-Gasse 8-10 in Wien 23 (mit Hans Schmitzek, 1950/51) ist sein einzig bekanntes Bauwerk aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.

Hans Schimitzek - Hans (Johann) Schimitzek (1875-1957) war Sohn des Wiener Stadtbaumeisters und Bauunternehmers Wilhelm Schimitzek sen. Nach dem Studium an der TH Wien bei Max von Ferstel und Carl König, (Diplom 1898) und Studienaufenthalten in München arbeitete er gemeinsam mit seinen Brüdern, Wilhelm jun. und Franz, im väterlichen Unternehmen. Standen am Beginn seiner Laufbahn vor allem Neu- und Umbauten von Spitälern, widmete er sich später städtischen Wohnanlagen. Hans Schimitzek war bauleitender Architekt der Wiener gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft.