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Karl-Grübl-Weg 39-41

Fakten

Karl-Grübl-Weg 39-41

Karl-Grübl-Weg 39-41, 1220 Wien

Baujahr: 1929-1953

Wohnungen: 26

Architekt: Franz Schuster, Franz Schacherl

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Die Gebäude der Wohnhausanlage am Karl-Grübl-Weg wurden als Teil der Siedlung Neustraßäcker gegen Ende der 1920er-Jahre errichtet. In den 1950er-Jahren wurde der einstige zweigeschoßige Genossenschaftssaal in ein Wohnhaus der Gemeinde Wien mit acht Einliegern umgebaut. 1953 erhielten die bis zu diesem Zeitpunkt noch unbenannten Wege der Siedlung Blumennamen.

Die Architektur

Die am Rande der Siedlung Neustraßäcker gelegene Wohnhausanlage ist im Gegensatz zur eigentlichen Kolonie nicht Teil einer Genossenschaft, vielmehr befinden sich hier Gemeindewohnungen der Stadt Wien. Die in U-Form um einen begrünten Hof gruppierten Häuser setzen sich aus dem ehemaligen Genossenschaftssaal und Wohngebäuden zusammen. Die durchwegs zweigeschoßigen Bauten werden straßenseitig mittels farbig betonter Risalite akzentuiert, zusätzlich rhythmisieren paarweise angeordnete zwei- und dreiflügelige, scharf eingeschnittene Fenster die Fassade. Ecke Straßäckergasse/Reclamgasse weicht die Gestaltung der Fronten ab: Die nur hier verwendete Klinkerverkleidung und die großflächige Durchfensterung lassen eine ursprünglich andere Widmung erahnen. Beim Bauteil gegen die Reclamgasse finden sich pfeilerartig vorspringende vertikale Stützen, die noch auf den ursprünglichen Genossenschaftssaal zurückgehen. Erwähnenswert ist auch das mit einem schmalen Klinkerband eingefasste Tor zur Wohnhausanlage.

Der Name

Der Karl-Grübl-Weg trägt seit 1933 seinen Namen. Er wurde nach Karl Grübl (1869-1925), dem Gründer eines Arbeiterverbandes benannt.

Architekten

Franz Schuster - Franz Schuster (1892-1972) studierte Architektur an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Oskar Strnad und Heinrich Tessenow, dessen Mitarbeiter er nach seinem Abschluss wurde. Nach einem Aufenthalt in Dresden wurde er zum Chefarchitekten des Österreichischen Verbandes für Siedlungs- und Kleingartenwesen berufen. In verschiedenen Arbeitsgemeinschaften, unter anderem mit Adolf Loos und Franz Schacherl, war er an der Realisierung der Gemeindesiedlung "Süd-Ost" in Wien 10, Laaer-Berg-Straße 151-203 (1921), der Kriegerheimstätte Hirschstetten I in Wien 22 (1921) sowie der Pioniersiedlung der GESIBA "Denglerschanze" in Wien 21, Josef-Zapf-Gasse 1-37 (1921/22), beteiligt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte er der Kommission zur Wiederherstellung des Stephansplatzes an und leitete von 1952 bis 1957 die Forschungsstelle für Wohnen und Bauen der Stadt Wien. In dieser Zeit entstand neben mehreren Kindergärten, Schulbauten und sozialen Einrichtungen auch der Emil-Fucik-Hof in Wien 10, Gudrunstraße 55-103 (1950-1952), nach seinen Plänen.

Franz Schacherl - Franz Schacherl (1895 -1943) besuchte die Höhere Baufachschule in Wien und studierte danach an der TH-Wien. Nach seinem Abschluß 1918 arbeitete er für das Wiener Siedlungsamt in Arbeitsgemeinschaft mit Franz Schuster, Adolf Loos u. Margarethe Schütte-Lihotzky. Schacherl veröffentlichte den programmatischen Aufsatz "Proletarische Architektur" und war Schriftleiter des sozialist. Baujournals "Der Aufbau". Nach 1934 gelang ihm die Flucht nach Angola.