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Mergenthalerplatz 1

Fakten

Mergenthalerplatz 1

Mergenthalerplatz 1, 1220 Wien

Baujahr: 1923-1923

Wohnungen: 16

Architekt: Karl Schartelmüller

Weitere Adressen

Straßmeyergasse 71, 1220 Wien

Steigenteschgasse 92, 1220 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

In den 1920er-Jahren wurde auf dem Gelände eines ehemaligen abgabefreien Gutshofes in Kagran eine der größten Wohnsiedlungen Wiens errichtet. Im Jahr 1923 entstanden zuerst 99 Wohnhäuser für die Gemeindebediensteten des Elektrizitätswerkes, des Gaswerkes und der Straßenbahn. In weiterer Folge wurde die Anlage unter Beteiligung der Genossenschaften "Mein Heim", "Aus eigener Kraft" und "Am Freihof" mehrfach erweitert und umfasst heute 1014 Wohnungen, die in insgesamt 687 Häusern untergebracht sind. Der Großteil der Häuser ist mit ein bis zwei Geschoßen relativ niedrig angelegt und entspricht dem Konzept einer Gartenvorstadt. Besonderes Augenmerk wurde auf die gärtnerische Ausgestaltung der vorhandenen Straßen und Grünflächen gelegt.

Die Architektur

Der Wohnbau aus den 1920er-Jahren ist Teil der Siedlungsanlage "Am Freihof" und befindet sich direkt am Mergenthalerplatz. Im Sinne der Gartenstadt-Bewegung wurden im Rahmen der Freihofsiedlung auf einem Gelände von 51 ha zahlreiche Reihenhäuser errichtet, die mit großen Gärten ausgestattet wurden. Die Steigenteschgasse und die Kraygasse wurden als Hauptverkehrslinien herangezogen, an deren Kreuzung der Hauptplatz der Siedlung entstand. Der Mergenthalerplatz bildet demnach das Zentrum der gesamten Anlage und ist mit mehreren Lokalen und Geschäften ausgestattet. Der betreffende Wohnbau verläuft über einem L-förmigen Grundriss und passt sich dadurch gut der vorhandenen Ecksituation am Platz an. Eine Grünfläche mit Bäumen und eine Hecke schirmt das Haus vom Verkehrslärm des Platzes ab. Die Stiegenaufgänge sind entweder direkt über den Platz oder über die im Osten angrenzende Straßmeyergasse zugänglich. Die Anlage verfügt über zwei Geschoße und besticht vor allem durch die schlichte Gestaltung. Die Fassade gliedert sich in regelmäßige Fensterachsen, wobei die Öffnungen scharf in die glatte Wandfläche eingeschnitten sind. Da im Erdgeschoß mehrere Geschäfte untergebracht sind, beschränkt sich der Wohnbereich vorwiegend auf das erste Stockwerk. Die Geschäftszone im untersten Geschoß ist mit einer Sichtziegelverkleidung versehen und wird so vom Wohnbereich abgetrennt. Die gesamte Anlage wird von einem durchlaufenden Walmdach ergänzt, das mit einem halbrunden Dacherker über dem ersten Stiegenaufgang ausgestattet ist.

Der Name

Der Platz, auf dem sich der Wohnbau befindet, ist seit 1932 nach dem deutschen Erfinder Othmar Mergenthaler (1854-1899) benannt. Er absolvierte die Ausbildung zum Uhrmacher und wanderte schließlich nach Amerika aus. Mergenthaler entwickelte dort 1884 eine Setzmaschine (Linotypie-Maschine), die eine schnellere und billigere Produktion von Zeitungen und Büchern ermöglichte.

Architekten

Karl Schartelmüller - Karl Schartelmüller (1884-1947) studierte zunächst Maschinenbau und im Anschluss Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1911 seinen Abschluss machte. Danach war er zwei Jahre als Assistent an der Technischen Hochschule beschäftigt und begann 1913 bei der Gemeinde Wien im Bereich Stadtplanung und Stadtregulierung zu arbeiten. Unter dem NS-Regime zwangspensioniert, wurde er nach dem Zweiten Weltkrieg zum Leiter der Wiener Stadtplanung und Stadtregulierung berufen. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er vor allem für die Bestandsaufnahme der Bombenschäden in Wien verantwortlich und maßgeblich an den städtebaulichen Ausschreibungen für den Karlsplatz, den Stephansplatz und die Gestaltung der Donauufer beteiligt. Zu seinen bedeutendsten Werken zählen die Siedlung "Lockerwiese" in Wien 13 (1928-1932) und die Siedlung "Am Freihof" in Wien 22 (1923-1930).