Mühlweg 43
Mühlweg 43
Mühlweg 43, 1210 WienBaujahr: 1963-1965
Wohnungen: 273
Architekt: Michael Pribitzer, Johannes (Hannes) Lintl, Julius Bergmann, Alfred Lechner, Georg Malai, Erna Grigkar-Kapinus
Weitere Adressen
Berlagasse 2, 1210 Wien
Eichfeldergasse 1, 1210 Wien
Waltenbergergasse 2, 1210 Wien
Roggegasse 2a, 1210 Wien
Wohnen in Wien
In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.
Geschichte
Die Grundstücke, auf denen sich die heutige Wohnanlage befindet, waren zuvor größtenteils in Privatbesitz und gehörten dem Chorherrenstift Klosterneuburg und der Eisenbahngesellschaft der Republik Österreich. Sie wurden vor allem landwirtschaftlich und als Gärten genutzt. Die Gemeinde Wien erwarb das Areal Ende der 1950er-Jahre. Die Grundstücke wurden geräumt, allfällige Baukörper abgetragen. Zusammen mit der benachbarten Anlage in der Berlagasse 1 wurde zu Beginn der 1960er-Jahre die Errichtung dieser Anlage beschlossen. Die Wohnanlage am Mühlweg ist der zweite Bauteil der beiden von derselben Architektengruppe geplanten Anlagen. Ein Wohnhaus wurde bereits zeitgleich mit der Anlage in der Berlagasse errichtet. Es beherbergt Wohnungen für ältere Menschen. Die Anlage war 1965 bezugsbereit und blieb seither in ihrem äußeren Erscheinungsbild weitgehend unverändert.
Die Architektur
Die Anlage erstreckt sich zwischen Mühlweg, Berlagasse und Eichfeldergasse. Es handelt sich hier um den zweiten Bauteil der gemeinsam geplanten Anlagen Berlagasse 1 und Mühlweg 43. Architektonisch ist dieser Zusammenhang sehr deutlich. 27 Stiegen sind zu acht, parallel zur Berlagasse angeordneten Zeilen gekoppelt. Die Eingänge liegen an den Nordostseiten und können über Wege, die durch die Anlage führen, erreicht werden. Balkone und Loggien sind nach Südwesten ausgerichtet. Die Gestaltung der Fassaden ist schlicht und typisch für die frühen 1960er-Jahre. Akzente werden vor allem durch farbliche Differenzierungen der Bauelemente gesetzt. Das Fassadenbild wird dadurch entschieden gelockert und eine weitergehende architektonische Gliederung der Baukörper ersetzt. Die Eingangsbereiche sind durch farbige Wandfelder in den Signalfarben Orange und Blau markiert. An ihren Flanken befinden sich jeweils zwei Reihen von paarweise angeordneten kleineren Rechteckfenstern. An den Südwestseiten der schlichten Blöcke setzen Balkone und Loggien mit orangen und blauen Brüstungen auf vertieften Wandfeldern auf. Auf eine weitere Gliederung der Baukörper wurde hier verzichtet. Die Hauptgesimse unterhalb der flachen Giebeldächer sind überall durchgängig. Entlang der Roggegasse befindet sich ein Wohnhaus mit Wohnungen für ältere Menschen, welches über eine Rampe leicht zu erreichen ist. Dieses stammt bereits aus der Bauzeit der Anlage in der Berlagasse (ab 1962). Schlichte Formensprache, hoher Wohnkomfort, eine großzügig angelegte, öffentliche Grünanlage sowie die Zeilenform der Wohnblöcke sind die wesentlichen Merkmale dieses architektonischen Entwurfs.
Der Name
Der Mühlweg wurde noch vor 1910 nach der Wegverbindung zu den einstigen Schiffsmühlen benannt. Diese befanden sich vor der Donauregulierung (1870-1875) an den alten Donauarmen.
Architekten
Michael Pribitzer - Michael Pribitzer (1926-2004) studierte von 1945 bis 1952 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien war er vorwiegend in Arbeitsgemeinschaften an der Errichtung mehrerer großer Wohnhausanlagen beteiligt, wie etwa am Karl-Honay-Hof in Wien 16, Gablenzgasse 82-86 (1965/66) und der Anlage Sagedergasse 7-11 in Wien 12 (1969-1971).
Johannes (Hannes) Lintl - Hannes Lintl (1924-2003) studierte 1941/42 und von 1945 bis 1949 Innenarchitektur und Möbelbau bei Carl Witzmann an der Wiener Kunstgewerbeschule. Lintl war vorwiegend in größeren Architektengemeinschaften an verschiedensten Bauprojekten beteiligt, wie unter anderem an der Errichtung des ehemaligen IBM Hauptverwaltungsgebäudes am Praterstern in Wien 2 (1989-1992), am Generali-Center auf der Mariahilfer Straße 77-79 in Wien 6 (1970-1976) und an der Errichtung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien 9 (ab 1968). Sein bekanntestes Bauwerk ist aber der Donauturm auf dem WIG-Gelände in Wien 22 (1961-1964).
Julius Bergmann - Julius Bergmann (1896-1969) studierte von 1918 bis 1923 unter anderem bei Siegfried Theiß und Franz Krauß an der Technischen Hochschule Wien. Zusammen mit Rudolf Boeck und Adolf Hoch plante er das 1950/51 errichtete Josef-Afritsch-Heim (Internationale Kulturwerkstätte Hörndlwald, Josef-Lister-Gasse 7, Wien 13). Für die Gemeinde Wien entwarf Bergmann unter anderem die Wohnhausanlagen Staudgasse 48-50 in Wien 18 (1949-1950) und Hofferplatz 3 in Wien 16 (1955-1957).
Alfred Lechner - Alfred Lechner (geb. 1926) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1967 auch promovierte. Für die Gemeinde Wien war er unter anderem an den Plänen zur Wohnhausanlage Berlagasse 1 in Wien 21 (1962-1965) beteiligt.
Georg Malai - Georg Malai (geb. 1926 in Klausenburg) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1960 zum Thema "Besonnungszeiten an Straßenfassaden im Wiener Stadtgebiet" promovierte. Für die Gemeinde Wien war er unter anderem an den Plänen zur Wohnhausanlage Berlagasse 1 in Wien 21 (1962-1965) beteiligt.
Erna Grigkar-Kapinus - Erna Grigkar-Kapinus (1909-2001) studierte ab 1930 Architektur bei Emil Artmann an der Technischen Hochschule Wien. Danach war sie als Architektin in Wien und im Umkreis von Margarete Schütte-Lihotzky tätig. Grigkar-Kapinus konzipierte unter anderem die kleine Wohnhausanlage an der Breitenfurterstraße 555-557 in Wien 23 (1973-1975).