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Adalbert-Stifter-Straße 23-31

Fakten

Adalbert-Stifter-Straße 23-31

Adalbert-Stifter-Straße 23-31, 1200 Wien

Baujahr: 1955-1957

Wohnungen: 402

Architekt: Slawa Coen-Walewa, Otmar Brunner, Rudolf Sorgo, Helmut Schinzel, Friedrich Radocsay, Franz Klimscha, Hilde Filas

Weitere Adressen

Dietmayrgasse 10-12, 1200 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Die Gegend, in der sich die Wohnhausanlage befindet, war bis zur Donauregulierung 1870 -1875 zu großen Teilen eine Aulandschaft mit Fasangarten, den Josef II. 1775 gemeinsam mit dem Augarten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte. Das Gebiet wurde anfangs hauptsächlich von Fischern, Jägern und Holzfällern bewohnt, später kamen Gärtner und Wirte hinzu. Im 19. Jahrhundert begann man mit dem Anlegen von Küchengärten sowie mit der Ansiedelung der ersten Fabriken. Zu dieser Zeit setzte eine Verbauung des Landes ein, die freilich bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges keineswegs flächendeckend war. Baulücken wurden in großem Umfang erst durch den kommunalen Wohnbau der Ersten Republik geschlossen. Im Jahr 1900 wurde die Umgebung des Gemeindebaus von der Leopoldstadt getrennt und als eigenständiger Bezirk eingerichtet.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage umfasst mehrere überwiegend parallel zueinander angeordnete, rechteckige Blöcke, die mit ihren Schmalseiten in Richtung Adalbert-Stifter-Straße orientiert sind. Die beiden äußersten Häuser, gegenüber der Ditmayergasse, stehen im rechten Winkel zu den übrigen Gebäuden. Die Architektur ist formal einheitlich gehalten und folgt primär rein funktionalen Belangen. Auf klassische Elemente der Gliederung wurde bei der Fassadengestaltung mehr oder weniger verzichtet. Nur das Erdgeschoß wird durch einen schmalen Steinsockel definiert und ist von Schaufenstern der Geschäfte durchbrochen.
Die Balkone liegen in einer Achse in leicht zurückversetzten, hochrechteckigen Fassadenabschnitten. Der bunte Sichtschutz an den Geländern belebt die sonst schlichte Fassade. Die zur Straße hin geöffnete Anlage bricht mit der Wiener Tradition der intimen, geschlossenen Hofform. Wie schon in den 1920er- und 1930er-Jahren wurde versucht, durch konzentrierte Stapelung möglichst vieler Wohnungen ausgedehnte Zonen für Erholungs- und Sozialeinrichtungen zu schaffen. Ermöglicht wurde dadurch etwa die Einrichtung eines Kindergartens auf einer der großzügigen Freiflächen.

... und die Kunst

Die Wohnhausanlage war einst mit mehreren interessanten Kunstwerken ausgestattet. Derzeit sind lediglich zwei Supraportenreliefs sichtbar: "Kristalline und vegetative Formen" von Karl Prantl und "Flötenspielende Knaben" von Hermann Valenta (1956/57).

Der Name

Die Straße, in der das Wohnhaus steht, ist seit 1899 nach Adalbert Stifter (1805-1868), Landschaftsmaler und Schriftsteller, benannt. Bekannt ist er unter anderem durch die Werke "Bergkristall", "Aus der Mappe meines Urgroßvaters" und "Nachsommer".

Architekten

Slawa Coen-Walewa - Die aus Bulgarien stammende Slawa Coen-Walewa (geb. 1921) studierte zunächst von 1941 bis 1942 Architektur an der Technischen Hochschule Dresden, übersiedelte dann jedoch aufgrund der Kriegsereignisse nach Wien, wo sie ihr Studium an der Technischen Hochschule beendete und 1946 promovierte. Ab 1944 war sie Mitarbeiterin im Atelier von Karl Holey und bis 1950 auch dessen Hochschulassistentin an der TH Wien. Später wurde sie an der Lehrkanzel für Städtebau, Landesplanung und Raumplanung bei Johannes Ludwig und Rudolf Wurzer beschäftigt, wo sie bis 1960 blieb. Mit ihrer Heirat 1952 begann ihre selbstständige Tätigkeit als Architektin. Für die Gemeinde Wien entwarf sie unter anderem die Wohnhausanlage Aribogasse 28 in Wien 22. Weiters plante sie ihr eigenes Wohnhaus in Mödling (NÖ) sowie den Umbau eines Winzerhauses am Wiener Gallitzinberg.

Otmar Brunner - Otmar Brunner (1918-1989) studierte ab 1945 bei Erich Boltenstern und Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er das Wohnhaus Teschnergasse 20 in Wien 18 (1966/67) und war in einer größeren Arbeitsgemeinschaft an der Planung zum Harry-S.-Truman-Hof in Wien 23 (1956-1963) beteiligt.

Rudolf Sorgo - Rudolf Sorgo (1916-1969) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Als selbständiger Architekt arbeitete er vorwiegend in größeren Gemeinschaften. Für die Gemeinde Wien war R. Sorgo unter anderem an den Entwürfen zu den Wohnhausanlagen Rudolf-Zeller-Gasse 5-11 in Wien 23 (1956-1963), Frömmlgasse 2-4 in Wien 21 (1960/61) und Arndtstraße 30-34 in Wien 12 (1969-1971) beteiligt.

Helmut Schinzel - Helmut Schinzel (geb. 1921) studierte bei Erich Boltenstern und Alexander Popp an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er gemeinsam mit Josef Czapka den 1980 errichteten Pablo-Neruda-Hof in Wien 18, Gersthofer Straße 125-129.

Friedrich Radocsay - Friedrich Radocsay (1908-1992) studierte von 1927 bis 1932 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien war er an den Entwürfen zur Wohnhausanlage Adalbert-Stifter-Straße 23-31 in Wien 20 (1955-1957) beteiligt.

Franz Klimscha - Franz Klimscha (1906-1978) studierte von 1924 bis 1928 an der Technischen Hochschule Wien und besuchte im Anschluss die private Meisterschule von Siegfried Theiß. Danach war er acht Jahre lang als Assistent bei Emil Artmann an der TH Wien tätig, wo er ab 1936 auch als Dozent am Institut für Hochbau arbeitete. Im Zuge dessen spezialisierte er sich auf den Holzbau und verfasst bereits 1935 das Werk "Der konstruktive Holzbau". Darüber hinaus konzentrierte er sich auf den Bau von Sparkassen und plante gemeinsam mit Gustav Pawek Zweigstellen der Zentralsparkasse und der Postsparkasse in Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem die Wohnhausanlage Stammersdorfer Straße 116-120 in Wien 21 (1951-1952).

Hilde Filas - Hilde Filas (geb. 1922, ledig Friedrich) studierte von 1943 bis 1948 an der Technischen Hochschule Wien bei Karl Holey, Friedrich Lehmann und Erich Boltenstern. Nach dem Studium arbeitete sie zunächst unter anderem in den Büros von Viktor Ruczka und Wilhelm Kroupa mit, bevor sie sich 1951 als Architektin selbständig machte. Vor allem Wohnbauten und Kindergärten entstanden nach ihren Entwürfen, wie etwa das Wohnhaus Markhofgasse 6 in Wien 3 und der Kindergarten Schulsteig in Wien 19, der der Architektin ein besonderes Anliegen war. In einer Architektengemeinschaft wurde die Wohnhausanlage Mehlführergasse in Wien 23 von ihr mitgeplant.