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Anton Proksch-Hof

Fakten

Anton Proksch-Hof

Grinzinger Straße 54, 1190 Wien

Baujahr: 1954-1956

Wohnungen: 393

Architekt: Jakob Unterberger, Friedrich (Fritz) Grünberger, Fritz Reichart, Anton Valentin, Norbert Laad, Johann (Hans) Petermair, Otto Niedermoser

Weitere Adressen

Reimersgasse 2-14, 1190 Wien

Reimersgasse 1-5, 1190 Wien

Neugebauerweg 2-4, 1190 Wien

Neugebauerweg 1-9, 1190 Wien

Huleschgasse 2-10, 1190 Wien

Haubenbiglstraße 6, 1190 Wien

Anton-Proksch-Wohnhausanlage , 1190 Wien

Wallmodengasse 13, 1190 Wien

Wohnen in Wien

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Die Gegend rund um die Wohnhausanlage war ursprünglich landwirtschaftlich geprägt. Bis heute liegen am Hang zur Heiligenstädterstraße die Kellereien der Weingroßhändler. Im Mittelalter ein reicher Ort, litt das Gebiet ab dem 15. Jahrhundert stark unter kriegsbedingten Verwüstungen, von denen es sich erst im 18. Jahrhundert erholte. Im 19. Jahrhundert erwarb es sich einen Ruf als Sommerfrischeort. Zu dieser Zeit entstanden aber auch Industriebetriebe, und die nächste Umgebung des Gemeindebaus entwickelte sich zu einem bedeutsamen Wirtschaftsstandort.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage umfasst das Gebiet zwischen Grinzinger Straße, Haubenbiglgasse, Huleschgasse und Hohe Warte. Ein Großteil der Anlage liegt am Nordhang des Hungerberges, einer Bergkuppe, die bereits 1311 urkundlich erwähnt wurde. Die Verbindung zur tiefer gelegenen Grinzinger Straße erfolgt über den Neugebauerweg. Für die Blöcke im unteren Teil sind die Architekten Fritz Grunberger, Jakob Unterberger und Anton Valentin verantwortlich, die im oberen Bereich des Hangs befindlichen Baukörper wurden von Norbert Laad, Otto Niedermoser, Hans Petermair und Fritz Reichart geplant.

Die Häuser sind jeweils parallel oder rechtwinkelig zueinander am Grundstück verteilt, dazwischen dienen begrünte Freiflächen und Zubauten für Sozialeinrichtungen infrastrukturellen und anderen praktischen Bedürfnissen.

Zur Straße hin geöffnet, bricht der Gemeindebau mit der Wiener Tradition der intimen, geschlossenen Hofform. Die einzelnen Häuser sind durchwegs maximal drei Stockwerke hoch und zeichnen sich durch ihre schlichte Fassadengestaltung aus. Einzig die Fenster haben Putzfaschen, und fallweise liegen Fenster in flachen, erkerartigen Wandvorlagen. Teilweise lockern Balkone und Dachaufbauten die insgesamt sehr zurückhaltende Architektur auf.

... und die Kunst

Auf dem Grundstück Grinzinger Straße 54 befindet sich die Kunststeinplastik "Löwenpaar" von Herbert Schwarz (1954). Das keramische Mosaik "Arbeit im Weingarten" von Hilde Prinz (1955/56) und das Sgraffitobild "Sonne mit Tierkreiszeichen" von Richard Exler (1955/57) sind an den Häusern in der Reimergasse zu sehen. Am oberen Ende des Stiegenaufgangs der Hohen Warte befindet sich die Steinplastik "Mutter und Kind" von Erich Pieler (1955/60). Hubert Wilfans keramische Orientierungspläne - Majolikareliefs (1955/59) - findet man an jeder der vier Ecken der Anlage. Der Gemeindebau ist auch mit zwei Spielplastiken ausgestattet, Josef Schagerls "Rutsche" (1955/56) und Walter Leitners "Fuchs" (1954/55). Zahlreiche Mosaike dienen als Hauszeichen. Von Roman Heller stammt "Tempelhupfen" sowie "Bub und Schneemann" (1954/55). Mea Bratusch ist die Schöpferin von "Kinderfreibad", "Schule" und "Spielende Kinder" (1954), Marianne Neugebauer von "Drachensteigen" und "Spielende Kinder" (1954). Auch die Mosaike von Luka Bojin und Herbert Schütz (1954/55) stellen spielende Kinder dar.

Der Name

Der Gemeindebau ist nach Anton Proksch (1897-1975) benannt. Der gelernte Schriftsetzer war als Sekretär der Jugendabteilung des "Bundes freier Gewerkschaften" tätig und wurde im Februar 1934 verhaftet. Er wurde wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" verurteilt und eingesperrt. Nach Kriegsende wurde Proksch in den Nationalrat gewählt, dem er bis 1966 angehörte. Von 1946 bis 1956 war er Generalsekretär des österreichischen Gewerkschaftsbundes und danach bis 1966 Bundesminister für soziale Verwaltung. Während seiner Amtszeit erfolgte der Ausbau des modernen österreichischen Sozialrechts.

Architekten

Jakob Unterberger - Jakob Unterberger (1895-1959) studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er die Meisterklasse von Friedrich Ohmann besuchte. Als Architekt realisierte er einige Wohnhausanlagen für die Gemeinde Wien und in Niederösterreich.

Friedrich (Fritz) Grünberger - Friedrich Grünberger (1921-2007) studierte von 1939 bis 1941 an der Akademie der bildenden Künste Wien und besuchte 1946/47 die Meisterklasse von Lois Welzenbacher. 1950 erhielt er die Baumeisterkonzession und war ab 1954 als freischaffender Architekt mit Büros in Wien und Düsseldorf tätig, wobei er sich zunächst vor allem dem sozialen Wohnbau widmete. Mit dem Bau des Alpenbades in Gloggnitz machte er sich einen Namen als Bäderspezialist. In der Folge errichtete er bis in die 1980er-Jahre fast alle modernen Hallen- und Freibäder in Wien, darunter das Hallen- und Freibad im Bundessportzentrum Südstadt und das Kurmittelhaus in Wien-Oberlaa.

Fritz Reichart - Fritz Reichart (1917-1958) studierte von 1935 bis 1939 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien war er etwa an den Entwürfen zum Anton-Proksch-Hof in Wien 19, Grinzinger Straße 54 (1954-1956), beteiligt.

Anton Valentin - Anton Valentin (1895-1976) studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und war ab 1926 als freischaffender Architekt in Wien tätig. Für die Gemeinde Wien errichtete er sowohl in der Zwischen- als auch in der Nachkriegszeit eine ganze Reihe an Gemeindebauten.

Norbert Laad - Norbert Laad (geb. 1924) studierte von 1946 bis 1950 bei Franz Schuster an der Hochschule für angewandte Kunst Wien. Unter anderem war er für die Gemeinde Wien in einer Arbeitsgemeinschaft an den Entwürfen zur Wohnhausanlage Lenneisgasse 4-8 in Wien 14 (1952/53) beteiligt.

Johann (Hans) Petermair - Hans Petermaier (1904-1984) studierte von 1922 bis 1927 an der Technischen Hochschule Wien, wo er auch bis 1946 an der Lehrkanzel für Baugeschichte und Entwerfen II beschäftigt war. In einer Bürogemeinschaft mit Richard Pfob errichtete er in den 1940er-Jahren mehrere Industriebauten. Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich Petermaier am Wiederaufbau, wobei er sich vor allem der Sakralarchitektur widmete, wie etwa der Wiederherstellung der schwer beschädigten Kalvarienbergkirche in Wien 17 oder der Wallfahrtskirche in Maria Lanzendorf.

Otto Niedermoser - Otto Niedermoser (1903-1976) studierte an der Wiener Kunstgewerbeschule Bühnenbild bei Alfred Roller und Architektur bei Josef Hoffmann. 1925 wechselte er an die Akademie der bildenden Künste, wo er sein Studium bei Peter Behrens abschloss. Niedermoser war vor allem als Innen- und Filmausstatter tätig, wie etwa bei den Filmen "Der Engel mit der Posaune" (1948) und "1. April 2000" (1952). Sein bedeutendstes architektonisches Werk ist der mit Hans Petermaier geplante Wiederaufbau der Fischerstiege und der angrenzenden Wohnhäuser in Wien 1 (1952-1954).