Mobile Version aus nicht mehr nachfragen

Rötzergasse 17

Fakten

Rötzergasse 17

Rötzergasse 17, 1170 Wien

Baujahr: 1984-1986

Wohnungen: 77

Architekt: Harry Glück, Werner Höfer, Erwin Christoph, Tadeusz Spychala

Weitere Adressen

Elterleinplatz 13, 1170 Wien

Wohnen in Wien

Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.

Geschichte

Das Wohnhaus in der Rötzergasse 17 ist Teil des Bezirkszentrums Hernals. Zur Jahrhundertwende befanden sich hier noch einstöckige Häuser, ein Wein- und Bierhaus sowie Pferdeställe. Die Als war damals noch nicht eingewölbt, eine Brücke führte vor dem heutigen Bezirkszentrum über den Bach. Die Gegend wurde zu dieser Zeit auch "Ratzenstadl" genannt. Um 1900 standen dort bereits einige mehrstöckige Gebäude, 1883 war von Johann Gschwandtner das alte Amtshaus erbaut worden. In den 1960er- bis 1980er-Jahren wurden mehrere Althäuser abgerissen. 1984 konnte mit dem Bau des Bezirkszentrums Hernals und der Errichtung der umliegenden Wohneinheiten begonnen werden. Der Komplex wurde an erhaltene Teile des Magistratischen Bezirksamtes an der Ecke zur Kalvarienberggasse angebaut. Die multifunktionale Anlage beherbergt neben Wohnungen das Einkaufszentrum Hernals, das Amtshaus, eine VHS, eine Musikschule, das Bezirksgericht und andere gemeinnützige Einrichtungen.

Die Architektur

Der Gebäudekomplex befindet sich auf einem annähernd rechteckigen Grundstück zwischen dem Elterleinplatz, der Hormayrgasse, der Rötzergasse und der Kalvarienberggasse. Sechs Wohnstiegen sowie gemeinnützige Einrichtungen sind in der Anlage untergebracht. Sie ist ringförmig aufgebaut; im Bereich des Erdgeschoßes wird für das Einkaufszentrum beinahe die gesamte Grundfläche genutzt. In seiner Mitte laufen drei Passagen unter einem Glasdach zusammen, das den Blick ins Freie ermöglicht. Zu den Straßen hin wirkt der nach allen Seiten geschlossene Bau wie eine Festung. Turmähnlich ragen Bauteile bei den Stiegenzugängen weit über das Hauptgesims auf und werden oberhalb des restlichen Dachfirstes von Satteldächern abgeschlossen. Sie gliedern die Fassade in überschaubare Einheiten. Eine für die 1980er-Jahre typische Vielfalt von Formen unterstreicht die Mehrschichtigkeit der mit Erkern, Balkonen und Loggiengruppen versehenen, abgetreppten Fassade (Postmoderne). Bullaugenfenster überziehen in Reihen die eher massiv gestaltete Sockelzone. Geometrisierende Umrandungen der äußerst abwechslungsreich gestalteten Fenster und Türen in dunklem Rotbraun lassen den gesamten Komplex weniger streng erscheinen. Die insgesamt wuchtige architektonische Gestaltung betont, dass es sich um das Zentrum des Bezirkes handelt.

... und die Kunst

Im Bereich des Einkaufszentrums befinden sich die Metallplastik "Männlicher Torso" von Oskar Bottol und eine Mädchenfigur von Annemarie Avramidis (1985/1986). An der Decke beim verglasten Mittelbereich der Passage sieht man eine Wandmalerei. Auf dem Elterleinplatz vor dem Gebäudekomplex steht der bekannte Alszauberbrunnen, der 1932 errichtet wurde.

Der Name

Die Rötzergasse wurde 1864 nach dem Hernalser Grundbesitzer und Fabrikanten Franz Rötzer benannt. Er lebte um 1800 und erzeugte Gelbguss und Berlinerblau.
Die Kalvarienberggasse wurde 1894 nach dem Hernalser Kreuzweg - dem Kalvarienberg - benannt. Zuvor hieß die Gasse Kirchengasse. In der Kalvarienberggasse findet traditionell von Aschermittwoch bis Ostermontag ein Fastenmarkt statt. 1948 wurde der Markt erstmals nach dem Krieg wieder aufgebaut.
Der Elterleinplatz wurde 1882 nach Johann Georg Elterlein (1806-1882) benannt. Er führte nach seiner Übersiedlung von Bayern nach Wien zunächst eine renommierte Gaststätte in der Rotenturmstraße, 1010 Wien, bevor er "Ungers Casino", eine äußerst beliebte Unterhaltungsstätte der Wiener, erwarb. Sie hieß fortan, bis zu seinem Abbruch "Elterlein Casino". 1864 wurde Johann Georg Elterlein in den Gemeinderat gewählt. Als Bürgermeister von Hernals sorgte er für die Einwölbung des Alsbaches.

Architekten

Harry Glück - Harry Glück wurde 1925 in Wien geboren. Nach einer Ausbildung und entsprechender Berufserfahrung als Bühnenbildner in Österreich, Deutschland und der Schweiz studierte er Architektur an der Technischen Hochschule in Wien, wo er 1960 sein Studium abschloss. Ab 1966 führte er eine Bürogemeinschaft mit Werner Höfer und Carl Auböck; ab 1975 arbeitete er mit Tadeusz Spychala, Rudolf Neyer und anderen zusammen. Er verfasste zahlreiche Publikationen zu seinem Arbeitsschwerpunkt, dem sozialen Wohnbau. In Wien plante er unter anderem den Neubau des Franz-Josefs-Bahnhofs, das Wohnhaus in der Angeligasse (10. Bezirk; 1969-1971), die Wohnhausanlage in der Heiligenstädter Straße 131-135 (19. Bezirk; 1971-1974), die Wohnhausanlage in der Magdeburgstraße (22. Bezirk; 1973-1975), den Wohnbau in der Hadikgasse 128-134 (14. Bezirk; 1974-1977), die Wohnhausanlage "Marco-Polo-Gründe" (21. Bezirk; 1974-1979) und das Bezirkszentrum am Elterleinplatz 9-12 in Wien 17 (1984-1986).

Werner Höfer - Werner Höfer wurde 1941 in Salzburg geboren. Er lebt und arbeitet in Wien. Nach seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei Prof. Roland Rainer arbeitete er im Planungsstab von Harry Glück an mehreren Großprojekten der GESIBA in Wien mit. Nach seiner Ziviltechnikerprüfung war er selbstständig sowie auch in Arbeitsgemeinschaften tätig. Er plante unter anderem den Wohnbau in der Speckbachergasse 23 (16. Bezirk; 1983-1987), das Wohnhaus in der Blumengasse 10 (17. Bezirk; 1986), das Wohnhaus in der Albertgasse 2 (8. Bezirk; 1988), das Wohnhaus in der Klebindergasse 6-8 (11. Bezirk; 1997), das Bezirkszentrum Hernals, Elterleinplatz 9-12 (17. Bezirk; 1984-1986), und das Wohnhaus in der Koballikgasse 4-10 in Wien 23 (1999). Werner Höfer verfasste auch zahlreiche Schriften und Kunstbetrachtungen.

Erwin Christoph - Erwin Christoph (1925-1987) studierte bis 1953 an der Technischen Hochschule in Wien. Als Architekt plante er sowohl alleine als auch in zahlreichen Arbeitsgemeinschaften mehrere Wohnhausanlagen in Wien, so z.B. das Wohnhaus in der Heiligenstädter Straße 11 (19. Bezirk), das Wohnhaus in der Loeschenkohlgasse 4 (15. Bezirk), ein Haus in der Pyrkergasse 18 (19. Bezirk) und das Bezirkszentrum Hernals, Elterleinplatz 9-12, in Wien 17 (1984-1986). Aufgrund seiner enormen Wettbewerbserfolge wurde Erwin Christoph auch die Planungs- und Bauleitung für die neue Abfertigungshalle und das Betriebsgebäude des Flughafens Salzburg übertragen.

Tadeusz Spychala - Der in Polen geborene Architekt Tadeusz Spychala (1933-2003) studierte von 1951 bis 1957 an der Technischen Hochschule in Krakau. Nach seiner Übersiedelung nach Wien war er zunächst von 1964 bis 1971 im Atelier von Karl Schwanzer tätig und von 1971 bis 1988 Partner im Architekturbüro von Harry Glück, bevor er 1989 sein eigenes Büro gründete. Neben Wohnbauten zählten vor allem Bürobauten und Hotels zu seinen Schaffensschwerpunkten, die er in Wien und Warschau ausführte. Nach seinen Plänen wurden unter anderem in Warschau das Hotel Intercontinental und das Hotel Holiday Inn errichtet, in Wien war er an den Plänen zum Hotel Marriott (Wien 1, mit Harry Glück und Peter Czernin) und zum Rechenzentrum der Stadt Wien (Wien 8, mit Harry Glück) beteiligt.