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Arltgasse 2-16

Fakten

Arltgasse 2-16

Arltgasse 2-16, 1160 Wien

Baujahr: 1931-1956

Wohnungen: 226

Architekt: Hans Gass, Anton Potyka, Engelbert Mang, Anny Beranek

Weitere Adressen

Gablenzgasse 88-92, 1160 Wien

Thalhaimergasse 1-13, 1160 Wien

Herbststraße 87-91, 1160 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

In unmittelbarer Nachbarschaft zur Kleingartensiedlung "Auf der Schmelz" gelegen, könnte der Unterschied der Bebauungsformen gar nicht größer sein. Der Grundstückskataster sah für den Block zwischen der Artlgasse, Gablenzgasse, Thalhaimergasse und Herbststraße eigentlich die für Ottakring im typischen Raster übliche Parzellenteilung vor, die 18 Einzelhäuser in Blockrandbebauung zugelassen hätte. Die Wohnhausanlage aus den 1930er- und 1950er-Jahren dagegen erreicht bei annähernd gleicher Wohndichte eine wesentlich lockerere Bebauung und schafft gleichzeitig einen wertvollen Grün- und Erholungsraum im Binnenhof.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage Arltgasse 2-16 wurde in zwei Bauabschnitten errichtet: 1931 entstand der erste Bauteil mit 120 Wohnungen zwischen der Thalhaimergasse 1-7, der Artlgasse 2-8 und der Gablenzgasse 88-92 nach Plänen von Architekt Engelbert Mang; der zweite Bauteil mit 114 Wohnungen zwischen der Thalhaimergasse 9-13, der Arltgasse 10-16 und der Herbststraße 87-91 wurde 1956 nach Plänen der Architekten Anny Beranek, Hans Gass und Anton Potyka fertig gestellt und schließt die Blockbebauung. Es entstand ein großzügiger Innenhof mit einer erhöhten, ebenen Grünfläche. Bauteil 1931: Die U-förmige, fünfgeschoßige Straßenverbauung sticht besonders durch die abgerundeten Gitterbalkone hervor, die dynamisch über die Ecken vorstoßen und in Reihen oder als Doppelbalkone, teils mit Loggien, die Fassaden an der Gablenzgasse und der Thalhaimergasse auflockern. Weitere Plastizität erhält der sonst glatte Baukörper durch die nach hinten versetzten Gebäudeecken und die Höhenstaffelung, die sich in der Gablenzgasse symmetrisch zu einem Giebel auftürmt und in den Seitengassen das abfallende Gelände aufnimmt. Mansardendächer und das durch die Höhensprünge unterbrochene, ausladende Dachgesims unterteilen die mit 16 bzw. 17 Fensterachsen langen Fassaden der Seitengassen. Um das Gebäude herum verläuft ein niedriger, rustikaverkleideter Sockel, der an den Gebäudeecken hochgezogen ist und die Kellerfenster einrahmt. Die hofseitigen Zugänge zu den neun Stiegen erreicht man durch zwei Durchgänge in den Seitengassen. Die glatten Putzfassaden sind wieder in der Höhe gestaffelt, das Dachgeschoß wurde 1955 ausgebaut, Gesimse markieren die ehemalige Traufenhöhe. Vor den ehemals runden Stiegenhäusern befinden sich heute Lifttürme. Die Balkons der Wohnungen an der Arltgasse schauen Richtung Innenhof. Bauteil 1956: In den beiden Seitengassen schließen die 1956 errichteten Baukörper direkt an die U-förmige Bebauung aus den 1930er-Jahren an und führen die Gestaltung mit Mansardendächern und abgetreppten Dachgesimsen fort. Diese sind nun allerdings unterbrochen, da die Mauerflächen bei den Dachausbauten durchgehen. Die Fassadenflächen - 12 bzw. 13 Fensterachsen breit - sind abwechselnd färbig verputzt, was den Eindruck von Einzelhäusern zusätzlich verstärkt. Ein dritter, 16 Fensterachsen langer Baukörper an der Herbststraße schließt die Blockbebauung räumlich, lässt an den beiden Ecken jedoch Zugänge zum Innenhof frei. Zum Hof schaut ein über zehn Fensterachsen reichendes ausgebautes fünftes Obergeschoß. Der Mauersockel in Grobputz wiederholt sich in den Stützen der beiden Gebäudeecken, an denen sich Geschäftslokale befinden, und ist an der Hoffassade über das gesamte Erdgeschoß hochgezogen. Die Zugänge zu den sieben Stiegen befinden sich überwiegend hofseitig, alle wurden nachträglich mit Lifttürmen ausgestattet. Die Balkons zeigen zum begrünten Innenhof, ihre Geländer sind, wie die Vorbilder des Nachbarbaus, in filigranem Stabeisen gefertigt.

... und die Kunst

In der Kunststeinplastik "Entenbrunnen" von Margarete Bistron-Lausch (1957) sind fünf Entenfiguren auf Betonsockeln kreisrund angeordnet und umschließen zwei mosaikverzierte, unterschiedliche hohe Brunnenschalen. Das Silikat-Mosaikfries "Vögel" von Rudolf Reinkenhof (1955) zeigt sechs schwer zuordenbare, weil phantasievoll gestaltete Vögel in satten Farben und unterschiedlichen Bewegungen. Das Silikat-Mosaikfries "Blumenfries" Otto Beckmann (1955) zeigt abstrahierte Blumen in satten Farben.

Der Name

Die Arltgasse wurde 1887 nach Prof. Dr. Ferdinand Ritter von Arlt (1812-1887) benannt. Er war zwischen 1849 und 1856 Vorstand der Prager Universitäts-Augenklinik, von 1856 bis 1883 Ordinarius für Augenheilkunde an der Universität Wien und zählte zu den führenden Augenärzten der Welt.

Architekten

Hans Gass - Der in Apatin/Serbien geborene Hans Gass (1921-1992) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Als selbständiger Architekt arbeitete er vor allem mit seiner Gattin Elisabeth Gass zusammen. Unter anderem war er für die Gemeinde Wien an den Plänen zu den Wohnhausanlagen Herzgasse 99-101 in Wien 10 (1953/54) und Arltgasse 2-16 in Wien 16 (1956) beteiligt.

Anton Potyka - Anton Potyka (1899-1973) gehörte während seines Studiums an der Technischen Hochschule ab 1917 zum engeren Kreis um Adolf Loos. Er arbeitete zunächst in verschiedenen Wiener Architekturateliers, ehe er sich in den 1930er-Jahren vor allem mit der Ausstattung von Kaffeehäusern selbstständig machte. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er mit seinem Sohn Hugo Potyka (geb. 1927) zusammen. Sie restaurierten u. a. das Wiener Dorotheum und planten mehrere Wohnbauten für die Gemeinde Wien.

Engelbert Mang - Engelbert Mang (1883-1955) studierte Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Otto Wagner. Nach seinem Studium trat er in das Wiener Stadtbauamt ein, wo er von 1923 bis 1932 an der Realisierung zahlreicher Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien mitwirkte. Nach seinen Entwürfen entstanden etwa der Viktor-Adler-Hof in Wien 10, der Widholzhof in Wien 11 und der Fröhlichhof in Wien 12.

Anny Beranek - Anny Beranek (geb. Langer, 1914-1998) studierte ab 1934 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien war sie unter anderem an den Entwürfen der Wohnhausanlage Arltgasse 2-16 in Wien 16 (1931-1956) beteiligt.