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Wagner-Jauregg-Hof

Fakten

Wagner-Jauregg-Hof

Lustkandlgasse 26-28, 1090 Wien

Baujahr: 1927-1928

Wohnungen: 114

Architekt: Bernhard Pichler

Weitere Adressen

Schubertgasse 23, 1090 Wien

Säulengasse 18-20, 1090 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Der in den ursprünglichen Plänen als "Ledigenheim" vorgesehene Bauteil des Gemeindewohnbaus in der Säulengasse wird in Dokumenten des Jahres 1936 bereits dem Studentenunterstützungsverein "Akademikerhilfe" zugesprochen. Heute wird das Haus als "Georg Weissel Studentenheim" von der Wirtschaftshilfe der Arbeiterstudenten Österreichs (WIHAST) geführt.
Im September 1947 wurde mit den Bauarbeiten zur Instandsetzung der "durch Kriegseinwirkung zerstörten Bauteile an den Stiegen eins und zwei nach dem früheren Bestande" begonnen und 1951 der Dachboden teilweise ausgebaut; die Baupolizei genehmigte den "Einbau von (drei) Dachbodenwohnungen".
Durch Vergrößerung des sog. Bilderwerfraums des Arbeiterbildungsvereins "Alsergrund" im Untergeschoß der Wohnhausanlage entstand 1962 das "Hera-Kino" mit über 200 Sitzplätzen. Dieser Kinosaal wurde jedoch bereits 1987 wieder, nach Einziehen einer hölzernen Zwischendecke, in einen Lagerraum umgewidmet.

Die Architektur

Der 144 Wohnungen zählende Gemeindebau aus den 1920er-Jahren gehört zu den expressionistischen "Trutzburgen" des Roten Wien. Das Erdgeschoß wirkt stark überhöht, da es per Gesims und farbliche Hervorhebung bis zur Unterkante der Fensterreihe im ersten Obergeschoß hochgezogen ist. Diese Gestaltungsweise unterstreicht den Festungscharakter der Wohnhausanlage und wird durch die besonders zurückhaltende, bandartige Ausformung des ersten Obergeschoßes noch verstärkt. Erst darüber, in acht Metern Höhe, beginnt die reguläre Abfolge der Wohngeschoße. Die seitlichen Straßenfronten fallen durch zur Schubertgasse hin leicht und zur Säulengasse spitz gefaltete Erker - also weitere Gestaltungselemente einer expressionistischen Architektursprache - auf.

Die in der ursprünglichen Planung angelegten Vorgärten in der Säulengasse mussten im Jahr 1962 bei der Errichtung des sogenannten Hera-Kinos im Untergeschoß des Wohnbaus eingeschoßigen Vorbauten mit Stiegenabgängen und Lift weichen (s. Geschichte des Gemeindebaus).

Der Name

Dem Psychiater Julius Wagner-Jauregg (1857-1940) wurde "für die Entdeckung der therapeutischen Bedeutung der Malariaimpfung bei progressiver Paralyse" 1927 der Nobelpreis für Medizin verliehen. Er war Universitätsprofessor für Psychiatrie und Vorstand der "Klinik für Psychiatrie und Neuropathologie Am Steinhof".

Der in Österreich übliche Einsatz von jodiertem Kochsalz geht auf seine Forschungsarbeit zurück, da Wagner-Jauregg die prophylaktische Wirkung von Jod in Bezug auf Schilddrüsenstörungen, Kropfbildung und Kretinismus feststellte. Außerdem zierte sein Abbild über mehrere Jahrzehnte hindurch den 500-Schilling-Banknotenschein.

Architekten

Bernhard Pichler - Bernhard Pichler (1872-1951) studierte von 1891-1894 Architektur bei Karl Hasenauer an der Akademie der bildenden Künste Wien. In Wien entstanden nach seinen Plänen die Rettungsstation Mariahilf (Mariahilfer Gürtel 20, 1905) und zwei Gemeindewohnbauten: der Wagner-Jauregg-Hof in Wien 9 (1927/28) und die Hofanlage in der Fockygasse 53 in Wien 12 (1930/32).