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Meine Leinwände leben!

Seit Mai 2008 prangt das Schild „Peckerei Alt Wien“ an der orangen Fassade des Gemeindebaus in der Edergasse 1 – 3. Öffnet man die Türe und betritt das kleine Geschäftslokal im 21. Bezirk, fällt einem sofort die pompöse, wienerische Einrichtung auf.

Von der Decke baumelt ein Kristallluster, auf einer Kredenz aus dem Jahre 1880 steht eine Büste von Franz Schubert, daneben ein Grammophon, an den Wänden hängen Schwarzweiß-Fotos der Eltern und des Großvaters des Ladeninhabers. Darunter steht eine Liege. Hier werden die KundInnen tätowiert.

Gepeckt wird immer

Hannes Unger sieht nicht so aus, wie man sich einen klassischen Tätowierer vorstellt. Er hat weder eine Lederjacke an, noch lange Haare. Er ist ca. 1,70 groß, glattrasiert, hat einen Kurzhaarschnitt und trägt Lederstiefletten. Sein tätowierter Rücken wird von einem schwarzen T-Shirt bedeckt, von dem vorne die zwei Alten aus der Muppet-Show herunterlachen. Er ist kein Fan, das Kleidungsstück war ein Mitbringsel seiner Frau. Auf seinen Unterarmen tummeln sich zahlreiche Walt-Disney-Figuren wie Donald Duck, Onkel Dagobert, Daisy und Mickey Mouse sowie zahlreiche andere „Peckerln“, wie Tattoos anno dazumal genannt wurden.

Viele hat er sich selbst gestochen, manche sind von Kollegen. Der gelernte Werkzeugmacher und Kunststoff-Techniker tätowiert seit 1993. Begonnen hat er als
24-Jähriger bei seinem Freund Bruno in der Westbahnstraße im 7.Bezirk. Dort hat er alles gelernt, was ein guter Tätowierer braucht. „Mein erstes Tattoo war ein Einhorn. Es war ein Sprung ins kalte Wasser: Bruno ist einfach auf einen Kaffee gegangen
und hat mich tätowieren lassen … Natürlich war das mit dem Kunden abgesprochen.“
Heute ist er 49 Jahre alt und glücklich hier im Gemeindebau. Er hat nicht vor, wieder wegzugehen – zumal er selbst im nahegelegenen Heinz-Nittel-Hof wohnt.

„Serwas, wüst’ an Kaffee?

Die Türe öffnet sich, ein großer, muskulöser Mann mit Vollbart und kurzem Haar betritt den Laden. „Serwas, wüst’ an Kaffee?“, fragt ihn Hannes Unger. Der Mann
nickt und setzt sich auf einen barocken, mit rotem Samt überzogenen Stuhl. „Eine Freundin hat mir den Hannes empfohlen!“ Die KundInnen kommen von überall
her. Manche sind aus den umliegenden Gemeindebauten, andere Stammkunden von ehemaligen Tattoo-Studios. „Die eine beim Billa, der andere bei der Polizei, viele
werden durch Mundpropaganda auf mich aufmerksam!“, so Hannes Unger grinsend.

Hier gehts zur Perckerei Alt Wien