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Metzleinstalerhof

Fakten

Metzleinstalerhof

Margaretengürtel 90-98, 1050 Wien

Baujahr: 1916-1925

Wohnungen: 252

Architekt: Hubert Gessner, Robert Kalesa

Weitere Adressen

Siebenbrunnenfeldgasse 13-15, 1050 Wien

Fendigasse 38-42, 1050 Wien

Siebenbrunnengasse 87-91, 1050 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Bereits im Ersten Weltkrieg begann Robert Kalesa mit der Errichtung des Metzleinstalerhofes. Wegen Geldmangels musste das Bauvorhaben unterbrochen werden. Im Jahre 1918 betraute die Stadt Wien den Architekten Hubert Gessner mit der Fertigstellung des ersten Bauteiles und der Planung eines zweiten. 1925 fand die Eröffnung der Wohnhausanlage statt. Der Metzleinstalerhof war ein Beispiel für den Übergang vom "eigennützigen" zum sozialen Wohnbau - es finden sich bereits Sozialeinrichtungen wie Badeanstalt, Wäscherei, Bibliothek und Kindergarten. Im Zweiten Weltkrieg trug die Wohnhausanlage kaum Schäden davon.

Die Architektur

Der Metzleinstalerhof im 5. Wiener Gemeindebezirk präsentiert sich als Randverbauung mit einem großen rechteckigen Innenhof. Die Stiegen sind vom Hof her begehbar. Diese Form findet sich schon im barocken Heiligenkreuzerhof und im Schottenhof aus dem Biedermeier. Gliederungselemente für die Wohnhäuser sind Balkone, Loggien und Erker. Auffallend sind die häufig verwendeten Kontraste zwischen eckigen und runden Formen. Türme und Dachaufbauten wirken markant.
Im Bereich des Innenhofes sind der Fassade turmartige Gebäudeteile vorgesetzt, wodurch er eher verwinkelt wirkt. Offene Durchgänge verbinden den Hof mit der belebten Straße. Er wird als Erholungs-, Sport- und Grünraum genutzt und dient der Kommunikation.
Die Fassaden des ersten Bauteiles sind in Gelb gehalten, die des zweiten Teiles in Hellgrau. Die Elemente beider Architekten verbinden sich: Hubert Gessner setzt in seiner Fassadengliederung die Gesimse von Robert Kalesa fort und variiert sie. Die Außenfassaden sind expressiv gefaltet. Verschiedene Fensterformen sorgen für zusätzliche Spannung. Die Fassade Richtung Siebenbrunnengasse springt zurück und macht einer Terrasse Platz. An der Seite zur Johannagasse und Fendigasse springen die Erker in Form von schmalen Türmchen vor. Die Fassaden des Hofes sind schlicht, sie zeigen halbrunde Balkone und Loggien.

... und die Kunst

Die von Kalesa in Putz ausgeführten Ornamente im Bereich der Frontseiten erfahren durch Gessner eine Erweiterung und Gestaltung in Form von Majolika-Rosetten, Ranken- und Füllhornmotiven. Die farblich bunt gestalteten Majolikaverkleidungen schmücken die Außenfassaden. Besonders farbenfroh sind die Dekorationen an der Seite Richtung Siebenbrunnengasse. Gessner verwendet auch Putzritzen als Schmuck. Der Innenhof zeigt keine Majolikaplastiken.

Der Name

Metzleinstal ist ein Flurname, der bereits im Mittelalter dokumentiert ist und aus dem sich später der Name "Matzleinsdorf" entwickelte.

Architekten

Hubert Gessner - Hubert Gessner (1871-1943) war bereits in verschiedenen Büros als Bauzeichner tätig, bevor er 1894 sein Architekturstudium an der Akademie der bildenden Künste bei Otto Wagner begann. 1904 gründete er mit seinem Bruder Franz Gessner das Architekturbüro Gessner & Gessner. Schon früh im Umfeld der Sozialdemokratischen Partei tätig wurden ihm durch Viktor Adler und Karl Renner erste wichtige Bauaufträge vermittelt. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg errichtete er neben Villen vor allem auch Arbeiterwohnheime und Gewerkschaftseinrichtungen in Wien und Niederösterreich, wie etwa das heute als Hotel genützte Arbeiterwohnheim Favoriten (Laxenburger Straße 8-10, Wien 4). In den 1920er- und 1930er-Jahren war Gessner einer der wichtigsten Architekten des Wiener Wohnbaus.

Robert Kalesa - Robert Kalesa (1883-1967) studierte von 1904-1907 bei Friedrich Ohmann an der Akademie der bildenden Künste in Wien und erhielt schnell zahlreiche prestigeträchtige Aufträge wie etwa für die Bürger- und Handelsschule in Mödling; der Schwerpunkt seiner Arbeit lag jedoch im Wohn- und Siedlungsbau im Raum Wien und Niederösterreich. Als Oberbaurat bei der Gemeinde Wien entwarf er den Heimat-Hof (Wien 15). Der von Kalesa geplante Metzleinstaler-Hof (Wien 5), der kriegsbedingt im Rohbauzustand verblieb, wurde 1925 von Hubert Geßner vollendet.