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Anton-Kohl-Hof

Fakten

Anton-Kohl-Hof

Rüdengasse 8-10, 1030 Wien

Baujahr: 1927-1928

Wohnungen: 177

Architekt: Paul Gütl, Camillo Fritz Discher

Weitere Adressen

Göllnergasse 20-22, 1030 Wien

Hagenmüllergasse 15-17, 1030 Wien

Göllnergasse 20-22, 1030 Wien

Hagenmüllergasse 15-17, 1030 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Der Gemeindebau wurde auf dem ehemaligen Gelände des Rüdenhofes errichtet, welcher sich zwischen Rüdengasse und Haidingergasse im Bereich Hagenmüllergasse/Göllnergasse erstreckte. Auf dem Hof waren seit dem 12. Jahrhundert die Hofjäger und Rüdenmeister untergebracht, die die Jagdhunde der Babenberger bzw. später der Habsburger pflegten. Bis zu 400 Hunde wurden im Rüdenhof gehalten. 1772 ging das Gelände in den Besitz der Erdberger Gärtner über, die den Grund unter sich aufteilten. 1872 wurde der Rüdenhof abgerissen.

Die Architektur

Der Bau erstreckt sich in einer Hofanlage von der Hagenmüllergasse über die Rüdengasse bis in die Göllnergasse, wo der Komplex in einem zweiten Hof mündet. Ein monumentaler Rundbogen markiert den Zugang zum Innenhof der Rüdengasse. In mehreren Stufen schließen daran die Wohnblöcke an. Die glatte Fassade, deren Fenster leicht in die Wand hineinversetzt sind, ist nur mit zwei trapezförmig vorgezogenen Erkerachsen versehen. Der in der Hagenmüllergasse liegende Bauteil wird zweimal um je ein Geschoß aufgestuft. Auch hier ist die Fassade nur durch Erkerachsen gegliedert. Den Innenhof dominiert ein spitzwinkeliger Dreiecksgiebel, der eine Erkerachse mit Balkonflügel abschließt. Die Stiegenhäuser liegen in den Ecken des Innenhofes und sind massiv turmartig erhöht. Die Fassadenfronten, die den offenen Straßenhof zur Göllnergasse flankieren, werden durch Balkone, Erkerachsen und Loggien aufgebrochen. Auch dieser Hof ist von einem hoch aufschießenden Dreiecksgiebel geprägt, der über dem zentralen, blockartig vorgezogenen Bauteil liegt. Ein später erfolgter Liftanbau reduziert dessen dominante Wirkung allerdings beträchtlich.

... und die Kunst

Der Einsatz von Klinkerelementen und die zum Teil grüne Verkleidung verleihen dem Bau eine idyllische, pittoreske Hülle. Die dominanten Dreiecksgiebel und die massiven Erkerachsen tragen die expressiven Züge des sozialen Wohnbaus der 1920er-Jahre. In Kombination mit dem monumentalen Rundtor und der wehrturmartigen Überhöhung der Stiegenhäuser erwecken sie den Eindruck einer Wehranlage.

Der Name

Eine Gedenktafel erinnert an Anton Kohl (1867-1934), einem Pionier der Gewerkschaftsbewegung und der Konsumgenossenschaft. In Wien 3 bekleidete er das Amt des Bezirksobmanns der Vereinigten Arbeiterbewegung. Von 1919 bis 1932 war er Mitglied des Wiener Gemeinderats.

Prominente Bewohner

Um 1929 wohnte der Schriftsteller Franz Spunda (1890-1963) an dieser Adresse. Er verfasste vor allem fantastische Romane wie etwa den okkulten Roman Baphomet (1928) oder den historischen Heldenroman Romulus (1934). Unter dem Regime der Nationalsozialisten war er Landesleiter des Reichsverbandes deutscher Schriftsteller für Österreich.

Architekten

Paul Gütl - Paul Gütl (1875-1944) studierte bis 1902 an der Akademie der bildenden Künste unter anderem bei Otto Wagner. Eines seiner ersten Werke ist das Rathaus in Spital am Semmering (1906/07). Ab 1925 errichtete er, zunächst zusammen mit Camillo Discher, mehrere Wohnhausanlagen für die Gemeinde Wien. Diese gemeinsamen Arbeiten zeigen noch romantisierende, expressionistische Formen, während Gütl später einen zunehmend sachlichen Stil entwickelte.

Camillo Fritz Discher - Camillo Fritz Discher (1884-1976) absolvierte nach dem Besuch der Staatsgewerbeschule die Meisterklasse bei Otto Wagner an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Ab 1925 errichtete er - zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen Wagner-Schülern - Wohnhausanlagen für die Stadt Wien, unter anderem die Wohnhausanlage "Indianerhof" in der Aichholzgasse 52-54 in Wien 12 und jene in der Wienerbergstraße 16-20 in Wien 10.