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Marianne-Hainisch-Hof

Fakten

Marianne-Hainisch-Hof

Petrusgasse 15, 1030 Wien

Baujahr: 1927-1928

Wohnungen: 25

Architekt: Rudolf Perthen

Weitere Adressen

Landstraßer Hauptstraße 149, 1030 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Die ehemalige Vorstadt "Landstraße" entwickelte sich aus einer Ansiedlung um das einst im Bereich des heutigen Rochusmarktes gelegene Kloster St. Nikolai. Um 1200 wurde diese Dorfgemeinschaft vor den Mauern Wiens als "Niklasvorstadt" bezeichnet. Die Straße entlang sich die Ansiedlung ausdehnte, wurde bereits im 2. Jahrhundert von den Römern genutzt. Etwa um 1300 findet sich erstmals die Erwähnung "An der Landstraße". Sie führte vom Stubentor direkt nach Ungarn und gab der Vorstadt später ihren Namen. 1850 erfolgte im Zuge der Stadterweiterung die Zusammenlegung der Vorstädte Landstraße, Erdberg und Weißgeber zum 3. Wiener Gemeindebezirk.

Die Architektur

Der Bau liegt an der Ecke Petrusgasse und Landstraßer Hauptstraße, die hier in einem stumpfen Winkel aufeinandertreffen. Im Erdgeschoß befindet sich eine Geschäftszone, die durch große Fensteröffnungen mit Spitzbögen gekennzeichnet ist. An jeder Straßenfront gibt es jeweils einen Eingang, der wie die Geschäftslokale von einem Spitzbogen umrahmt wird. An der Ecke des Gebäudes erhebt sich ein polygonales, turmartig überhöhtes Gebilde, das die zwei Straßenfronten wie ein Scharnier zusammenhält. Die Fenster der vier Stockwerke sind schlicht in die glatte Fassade eingeschnitten. Die Fenster der zentralen Achse über dem Eingang sind zusätzlich mit Spitzbogenfenstern versehen, die von den rechteckigen Fenstern getrennt in die Wand eingeschnitten sind. Auffallend ist, dass die Front zur Petrusgasse um eine Fensterachse länger ist, wodurch die Eingangsachse hier nicht mittig liegt. An beiden Fassaden befinden sich jeweils zwei breite Loggienachsen, die mittels spitzbogigen Balkonen vorgezogen werden. Dies verleiht dem Bau eine gewisse Dynamik. Die Geschoße sind durch schmale Gesimsbänder voneinander getrennt, die sich um das gesamte Gebäude schlingen und es scheinbar zusammenhalten.

... und die Kunst

Die polygonale Ecklösung ist eine Neuinterpretation späthistoristischer Bauten, an denen die Straßenecken oft in runden, turmartigen Erkern aufgelöst werden. Auch die Spitzbögen scheinen aus der historischen, gotischen Architektur entlehnt. Die glatte, nur mit Gesimsbändern durchzogene Fassade und die spitzen Balkonachsen entsprechen hingegen der zeitgenössischen, expressionistischen Architektur der 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts.

Der Name

Die Wohnhausanlage ist nach Marianne Hainisch (1839-1936) benannt. Sie war die Initiatorin der österreichischen Frauenbewegung und kämpfte zeitlebens für die Rechte der Frauen. Als erste Frau in Österreich hielt sie 1870 eine offizielle Rede. 1892 gründete sie in der Rahlgasse, Wien 6, das erste Gymnasium für Mädchen im deutschsprachigen Raum.

Prominente Bewohner

Walter Barylli, am 16. 6. 1921 in Wien geboren, wohnte vorübergehend an dieser Adresse. 1938 wurde der Geiger Mitglied des Wiener Staatsopernorchesters und der Wiener Philharmoniker, ab 1939 war er Konzertmeister. Barylli ist Gründer des Barylli-Quartetts sowie des Musikvereinsquartetts.

Architekten

Rudolf Perthen - Rudolf Perthen (1884-1941) studierte von 1907 bis 1910 an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Otto Wagner und war danach im Atelier von Leopold Bauer tätig. In Wien entwarf er als selbstständiger Architekt vor allem Villen. Durch die Errichtung mehrerer öffentlicher Bauten war er maßgeblich am Ausbau von Eisenstadt zur Landeshauptstadt beteiligt. Für die Gemeinde Wien errichtete er zwei Wohnhausanlagen.