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Wohnsiedlung Spiegelgrund

Fakten

Wohnsiedlung Spiegelgrund

Dustmannweg 2-4, 1160 Wien

Baujahr: 1931-1934

Wohnungen: 289

Architekt: Alfons Hetmanek, Franz Kaym

Weitere Adressen

Dustmannweg 1-63, 1160 Wien

Maternaweg 1-25, 1160 Wien

Schmedesweg 1-37, 1160 Wien

Scariaweg 2-34, 1160 Wien

Schrekergasse 1, 1160 Wien

Schmedesweg 2-86, 1160 Wien

Reichmanngasse 2-54, 1160 Wien

Scariaweg 1-69, 1160 Wien

Maternaweg 2-20, 1160 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden in diesem Gebiet die Hänge am Rande des Wienerwalds noch landwirtschaftlich genutzt. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand ein gründerzeitliches Rasterviertel, das bis zur heutigen Maroltingergasse reicht. In einer weiteren Ausbauphase in der Zwischenkriegszeit errichtete man nach den Ideen der in England entstandenen Gartenstadtbewegung mehrere Reihenhaussiedlungen.
Die Anlage "Am Spiegelgrund" wurde in der Zeit von 1931 bis 1934 in drei Etappen erbaut und besteht heute aus 132 Siedlungshäusern und 29 Kleinwohnungshäusern mit 294 Wohneinheiten. Gemeinsam mit den benachbarten Siedlungen "Am Flötzersteig" und "Antaeus" bildet die Anlage "Am Spiegelgrund" eine Kleinstadt mit über 400 Häusern und knapp 1.000 Wohnungen.

Die Architektur

Die Siedlung "Am Spiegelgrund" wurde auf einem abschüssigen Gelände zwischen Reichmanngasse, Schrekergasse und Spiegelgrundstraße errichtet. Die Anlage besteht aus zweigeschoßigen Reihen- und Kleinwohnungshäusern und schließt ideell wie auch baulich an die ebenfalls von den Architekten Hetmanek und Kaym geplante Siedlung "Am Flötzersteig" an. Die Architektur am Spiegelgrund präsentiert sich im Gegensatz zum Flötzersteig stark vereinfacht - nur wenige Elemente wie Durchgänge, Bögen und Stiegenaufgänge erinnern an die teilweise romantisierenden Ideen der Architektur in den 1930er-Jahren. Die schlichten Fassaden wurden nachträglich teilweise mit Wandschindeln aus Kunststoff verkleidet. Die Verwendung der gleichen Baubestandteile innerhalb der Anlage soll die Gleichheit und Solidarität unter den Bewohnern betonen. Die den Häusern vorgelagerten Kleingärten hingegen bieten den Mietern die Möglichkeit zur individuellen Gestaltung. Mehrere öffentliche Grünflächen verstärken den geschlossenen, dörflichen Charakter der Siedlung.

Der Name

Die Straßen innerhalb der nach einem alten Flurnamen benannten Siedlung "Am Spiegelgrund" tragen die Namen bekannter Opernmusiker der Wiener k. k. Hofoper (heute Staatsoper): Marie Louise Dustmann-Meyer (1831-1899, Sopranistin), Theodor Reichmann (1849-1903, Bariton), Amalia Materna (1845-1918, Sopranistin), Emil Scaria (1840-1886, Bass-Bariton), Erik Schmedes (1868-1931, Tenor) und Franz Schreker (Komponist, Dirigent und Direktor der Berliner Musikhochschule).

Architekten

Alfons Hetmanek - Alfons Hetmanek (1890-1962) studierte in den Jahren 1912 bis 1915 bei Otto Wagner an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach dem Ersten Weltkrieg gründete er mit seinem Studienkollegen Franz Kaym eine Ateliergemeinschaft, die bis 1935 bestand. Im Rahmen dieser erfolgreichen Zusammenarbeit wurden zahlreiche private und öffentliche Projekte realisiert, neben mehreren Wohnhausanlagen auch die Gartensiedlungen Weißenböckstraße (1922/23, Wien 11), "Am Flötzersteig" (1922-1931, Wien 14) und "Am Spiegelgrund" (1931-1934, Wien 16). Nach dem Zweiten Weltkrieg plante Alfons Hetmanek vor allem für den Wiederaufbau.

Franz Kaym - Franz Kaym (1891-1949) begann nach einer abgeschlossenen Maurerlehre sein Architekturstudium bei Otto Wagner an der Akademie der bildenden Künste, das er 1913 abschloss. Nach dem Militärdienst im Ersten Weltkrieg eröffnete er 1920 mit seinem Studienkollegen Alfons Hetmanek ein Atelier. In der äußerst erfolgreichen Zusammenarbeit entstanden in den 1920er-Jahren zahlreiche Wohnanlagen nach dem Prinzip der Gartenstadt, wie etwa die Gemeindesiedlung Weißenböckstraße in Wien 11 oder die Siedlung Am Flötzersteig in Wien 14. Mangels Aufträgen wurde die Bürogemeinschaft 1935 aufgelöst. Als Mitglied der NSDAP und der SS verlor Franz Kaym 1945 vorübergehend seine Berufsbefugnis.