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Rudolf-Häuser-Hof

Fakten

Rudolf-Häuser-Hof

Kleingasse 6-18, 1030 Wien

Baujahr: 1950-1951

Wohnungen: 125

Architekt: Rudolf Eisler, Josef Baudys

Wohnen in Wien

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Noch bevor 1955 der Abriss des als "Dörfel" bezeichneten Alt-Erdberg begann, wurde bereits 1950/51 in der Kleingasse diese Wohnhausanlage errichtet. Das Dörfel bestand aus großteils ebenerdigen, langgestreckten Hofanlagen zwischen Baumgasse und Erdbergstraße, in denen bis 1918 zumeist Fuhrwerker und deren Familien wohnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren diese jedoch kaum noch bewohnbar und dienten als Notunterkünfte für Mittellose. Bis 1963 waren anstelle von rund 120 ebenerdigen Substandardwohnungen 692 Wohnungen mit Lokalen, Kindergärten und Jugendzentren errichtet worden. Im Zentrum des Assanierungsgebietes liegt der 1991 neu gestaltete Fiakerplatz.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage ist um einen offenen Straßenhof zur Kleingasse angelegt und umschließt mit ihren beiden Straßenflügeln zwei kleine von der Straße abgetrennte Seitenhöfe. Ein markantes Gesimsband trennt das straßenseitig zum Teil als Geschäftszone ausgebildete Erdgeschoß von den vier Obergeschoßen ab. Die beiden Straßenfronten werden durch sieben bzw. neun Achsen gleichmäßig angeordneter Fenster strukturiert. An den Hoffassaden setzen Achsen breiterer Fenster gliedernde Akzente. Die beiden Durchgänge zum hinter dem Wohnhaus liegenden Grünbereich werden zudem jeweils von einem Gebälk mit massiven Konsolsteinen verdacht, über denen flache Erker hochwachsen. Diese sind ebenso wie die schlichten Fensterfaschen, die Rahmungen der Durch- und Eingänge und die Gesimse dem Heimatschutzstil der 1940er- und frühen 1950er-Jahre verbunden, wodurch sich der Bau deutlich von den etwas später entstandenen, schlichten Assanierungsbauten der Nachbarschaft abhebt. Die nachträglich in den Ecken errichteten Glasschächte für die Aufzüge brechen allerdings das homogene Bild des mit Grün- und Brunnenanlagen idyllisch gestalteten Hofes. In den Seitenhöfen und an der Rückseite wurden neben den Glasschächten später auch gemauerte Aufzugstürme errichtet.

... und die Kunst

Im Straßenhof der Anlage befindet sich die von Gertrude Conrad gestaltete Brunnenanlage mit Tiergruppe (1951).

Der Name

Rudolf Häuser wurde am 19. März 1909 in eine Wiener Arbeiterfamilie geboren. Nach einer Ausbildung am Technologischen Gewerbemuseum war er in den wirtschaftlich schwierigen 1930er-Jahren längere Zeit arbeitslos, bevor er als Hilfstechniker in einer Molkerei, später als Werkstättenleiter Arbeit fand. Schon früh war er in der sozialdemokratischen Bewegung aktiv, unter anderem als Mitglied und Obmann der Sozialistischen Mittelschüler und in der Gewerkschaft. Aufgrund dieser Aktivitäten wurde er 1941 von der Gestapo verhaftet und bis 1945 im Konzentrationslager Dachau interniert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte er sich im Wiederaufbau des österreichischen Gewerkschaftsbundes, übte verschiedene Funktionen aus und wurde 1962 Abgeordneter zum Nationalrat. Ab 1970 war er als Vizekanzler und Bundesminister für Soziales in der Regierung unter Bundeskanzler Bruno Kreisky sechs Jahre lang Experte für arbeits- und
sozialrechtliche Fragen.
Im Jahr 1995 veröffentlichte er das Buch „Dachau 1945. Letzte Tage im KZ, Evakuierung, Flucht.“ mit seinen Notizen der letzten fünf Tage im KZ. Ausgezeichnet mit der höchsten Auszeichnung Wiens, dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien mit dem Stern, starb Rudolf Häuser am 24. März 2000 in seiner Heimatstadt.

Architekten

Rudolf Eisler - Rudolf Eisler (1881-1977) studierte Architektur an der Akademie der bildenden Künste und an der Technischen Hochschule Wien. Gemeinsam mit Ferdinand Glaser realisierte er bereits vor dem Ersten Weltkrieg mehrere Bankgebäude in der gesamten Donaumonarchie. Mit Glaser führte er auch seinen wichtigsten Autrag aus, die von 1923 bis 1925 erfolgte Ausstattung der Österreichischen Nationalbank am Otto-Wagner-Platz in Wien 9. Für die Stadt Wien entwarf Eisler die Wohnhausanlagen Walkürengasse 8-10 in Wien 15 (1944) und Kleingasse 6-18 in Wien 3 (1950-1951, mit Josef Baudys).

Josef Baudys - Josef Baudys (1900-1979) studierte Architektur ab 1943 bei Alexander Popp an der Akademie der bildenden Künste Wien. Vorwiegend in Gemeinschaft mit anderen Architekten war er an der Errichtung mehrerer prominenter Wohnhäuser der 1950er-Jahre beteiligt. So entwarf er etwa mit Otto Schönthal die Wohnhausanlage Hofherrgasse 5-13 in Wien 10 (1952/53) und zusammen mit Hans Paar und Rudolf Münch den Eduard-Leisching-Hof in Wien 5 (Johannagasse 29-35, 1954/55).