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Große Schiffgasse 30

Fakten

Große Schiffgasse 30

Große Schiffgasse 30, 1020 Wien

Baujahr: 1991-1992

Wohnungen: 19

Architekt: Reinhard Gieselmann

Wohnen in Wien

In den 1990er-Jahren konzentrierte sich die Stadt Wien neben geförderten Sanierungen hauptsächlich darauf, die Stadt im Nordosten und Süden zu erweitern (21.000 Wohnungen in vier Jahren). In enger Zusammenarbeit mit der Stadtplanung wurden großflächig Siedlungsgebiete erschlossen, so zum Beispiel der Leberberg in Simmering. Die Gemeindebauten, die nun für eine breitere Bevölkerungsschicht zugänglich sind, passen sich den modernen Bevölkerungsstrukturen an, indem sie flexible Wohnungen auch für Alleinerziehende, ältere Menschen und Alleinstehende bieten. Zudem sparen sie durch eine nachhaltige Bauweise Betriebskosten und Energie.

Geschichte

Um 1624 war die Umgebung des heutigen Gemeindebaus ein jüdisches Getto. Die Ansiedlung war eher ärmlich, geistig und wirtschaftlich aber sehr bedeutend. Wachsender Antisemitismus und Glaubensfanatismus führten allerdings immer wieder zu Vertreibungen und Bekehrungsversuchen. 1670 wurde das Getto von Kaiser Leopold I. aufgelöst und die dort befindliche "Neue Synagoge" wurde abgerissen und an deren Stelle die "Leopoldskirche" erbaut.

Das Grundstück, auf dem der Neubau steht, wurde 1982 von der Stadt Wien erworben. Das 1868 errichtete Vorgängerhaus wurde 1991 abgetragen.

Die Architektur

Das vier Stockwerke hohe Wohnhaus schließt eine Lücke zwischen einem vom selben Architekten etwa gleichzeitig geplanten Neubau und einem älteren Gebäude. Die Straßenfassade ist durch die Betonung der Zentralachse mittels schmaler, hoher Fenster charakterisiert, die die Geschoße überspielen und in einen rechteckigen Dachaufbau übergehen. Der verglaste Mittelteil mit signalblauer Metallrahmung unterstreicht die Vertikale. Im Erdgeschoß, das von drei Geschäftsfenstern sowie einem eingezogenen Eingangsbereich durchbrochen wird, ist das Mauerwerk etwas zurückgesetzt, was der Architekt in der Sockelzone und auch im angrenzenden Vertikalabschnitt des Nachbarhauses aufgreift. Die symmetrische Gliederung der Seitenteile der Front wird durch die Kalkulation der Abstände zwischen den schmalen, hochrechteckigen Fenstern bewerkstelligt. Das Verhältnis des Zueinanders der Fenster verhindert die Ausbildung von gleichförmig fortlaufenden Bändern und Achsen gänzlich und befreit die Architektur damit von fixen Formvorstellungen, Kategorien und Rastern. Das Prinzip der Gestaltung der Straßenfassade wird an der Front des Hofes, die zwei symmetrisch angelegte Dacherker aufweist, weitergeführt.

Der Name

In der Gasse, in der das Wohnhaus steht, befanden sich einst Einkehrhöfe für Schiffer. Eines dieser Gebäude trug das Hauszeichen "Zum großen goldenen Schiff", wovon sich der Name "Große Schiffgasse" ableitet. Die Beifügung "Große" blieb bestehen, obwohl die "Kleine Schiffgasse" 1919 in Franz-Hochedlinger-Gasse umbenannt wurde.

Architekten

Reinhard Gieselmann - Reinhard Gieselmann (geb. 1925 in Münster/Westfalen) studierte Architektur zunächst an der Technischen Hochschule Danzig und von 1946 bis 1950 an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Seine Promotion erfolgte 1955 an der Technischen Hochschule Aachen. Bereits seit 1953 ist er als freiberuflicher Architekt unter anderem in Ludwigshafen/Rhein, in Karlsruhe und seit 1977 in Wien tätig. 1969 erhielt er eine Professur für Wohnbau und Entwerfen an der TH bzw. TU Wien, wo er bis 1992 lehrte. In dieser Zeit war er auch Vorsitzender des Wiener Fachbeirates für Stadtplanung. Das Stadtbild Wiens prägte er vor allem durch seine postmodernen Wohnbauensembles, wie etwa die BUWOG-Wohnhäuser in Wien 19 (Peter-Jordan-Straße 145, 1969-1973). Sein prominentestes Bauwerk ist aber das Bibliotheksgebäude der TU Wien am Karlsplatz (zusammen mit Justus Dahinden, 1984-1987).