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Im Werd 4

Fakten

Im Werd 4

Im Werd 4, 1020 Wien

Baujahr: 1991-1992

Wohnungen: 11

Architekt: Reinhard Gieselmann

Wohnen in Wien

In den 1990er-Jahren konzentrierte sich die Stadt Wien neben geförderten Sanierungen hauptsächlich darauf, die Stadt im Nordosten und Süden zu erweitern (21.000 Wohnungen in vier Jahren). In enger Zusammenarbeit mit der Stadtplanung wurden großflächig Siedlungsgebiete erschlossen, so zum Beispiel der Leberberg in Simmering. Die Gemeindebauten, die nun für eine breitere Bevölkerungsschicht zugänglich sind, passen sich den modernen Bevölkerungsstrukturen an, indem sie flexible Wohnungen auch für Alleinerziehende, ältere Menschen und Alleinstehende bieten. Zudem sparen sie durch eine nachhaltige Bauweise Betriebskosten und Energie.

Geschichte

In der Gegend des Hauses befand sich seit dem 17. Jahrhundert ein jüdisches Getto. Die Ansiedlung war eher ärmlich, geistig und wirtschaftlich aber sehr bedeutend. Wachsender Glaubensfanatismus und Antisemitismus führten jedoch immer wieder zu Vertreibungen und Bekehrungsversuchen. Den intellektuellen und sozialen Entwicklungen des Gebietes bereiteten die Wirtschaftskrise der 1920er-Jahre und die Ereignisse 1938 ein Ende. Das Grundstück wurde 1974 von der Stadt Wien erworben.

Die Architektur

Das vier- bis fünfgeschoßigeWohnhaus schließt eine Lücke zwischen zwei Altbauten. In seiner Umgebung setzt der Neubau, der historisierende Elemente gänzlich meidet, einen markanten zeitgemäßen Akzent. An die Front eines zur Straße hin halbrund ausschwingenden Hauptteils stoßen seitlich zwei farblich differenzierte, etwas niedrigere, auf verhältnismäßig kleiner Grundfläche errichtete Zubauten winkelig an. Um den Anschluss an die Altbauten zu gewährleisten, ist die Seitenwand eines der niedrigeren Bauteile abgewinkelt. Die Zubauten sind durch ein schräges, nach den Seiten zu ansteigendes Dach charakterisiert, während die Dachkonstruktion des ausschwingenden Teils durch einen gegen die Mitte verschobenen Ausbau in Form eines ungleichseitigen Dreiecks bestimmt ist. Ein dazu diagonal verschobener Dacherker wiederholt die Form des Dreiecks im Kleinen. Die Ausbildung von Fensterbändern wird gänzlich vermieden, indem die hochrechteckigen Fenster gegeneinander versetzt und in ungleichen Abständen angeordnet sind. Das Erdgeschoß, das durch einen schmalen Sockel definiert wird, weist drei asymmetrisch angelegte Eingangsbereiche sowie zwei Geschäftsfenster auf. Die einschwingende Hoffassade ist durch das Spiel mit unterschiedlichen Abständen zwischen den hochformatigen Fenstern bestimmt. Die Dreiecksform des Daches geht hier in einen monumentalen Erker über, dessen genutete Front sich in einer über alle Geschoße reichenden, die Vertikale betonenden Wandvorlage fortsetzt.

Der Name

"Im Werd" erinnert an die einstige Bezeichnung für den zweiten und den zwanzigsten Bezirk, "Unterer Werd". Bis etwa 1630 wurde das Gebiet "In der Au", bis etwa 1760 "Im Getto am Platz" und bis 1862 "Auf der Heide" genannt.

Architekten

Reinhard Gieselmann - Reinhard Gieselmann (geb. 1925 in Münster/Westfalen) studierte Architektur zunächst an der Technischen Hochschule Danzig und von 1946 bis 1950 an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Seine Promotion erfolgte 1955 an der Technischen Hochschule Aachen. Bereits seit 1953 ist er als freiberuflicher Architekt unter anderem in Ludwigshafen/Rhein, in Karlsruhe und seit 1977 in Wien tätig. 1969 erhielt er eine Professur für Wohnbau und Entwerfen an der TH bzw. TU Wien, wo er bis 1992 lehrte. In dieser Zeit war er auch Vorsitzender des Wiener Fachbeirates für Stadtplanung. Das Stadtbild Wiens prägte er vor allem durch seine postmodernen Wohnbauensembles, wie etwa die BUWOG-Wohnhäuser in Wien 19 (Peter-Jordan-Straße 145, 1969-1973). Sein prominentestes Bauwerk ist aber das Bibliotheksgebäude der TU Wien am Karlsplatz (zusammen mit Justus Dahinden, 1984-1987).