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Vivariumstraße 6-10

Fakten

Vivariumstraße 6-10

Vivariumstraße 6-10, 1020 Wien

Baujahr: 1955-1957

Wohnungen: 149

Architekt: Franz Mörth, Rudolf Angelides, Ferdinand Zimmermann, Friedrich Albrecht

Weitere Adressen

Stoffellagasse 13, 1020 Wien

Wohnen in Wien

In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Die Straße, in der die Wohnhausanlage liegt, bot einst eine Attraktion: 1873 erbaute eine Privatfirma an der Prater Hauptallee ein öffentlich zugängliches Aquarium. Ab 1878 wurden hier auch Tiere gezeigt, vor allem Affen und Krokodile. 1893 erwarb die Wiener Tiergartengesellschaft die Einrichtung. Als diese in Konkurs ging, errichtete ein Privatmann eine biologische Versuchsanstalt, die 1914 von der Akademie der Wissenschaften übernommen wurde. Der Praterbrand im Jahr 1945 vernichtete die Anlage zur Gänze.

Das Grundstück, auf dem heute der Gemeindebau steht, ging 1929 aus dem Besitz der Prinzessin von Lichtenstein an die Gemeinde Wien über.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage besteht aus drei sechs bis sieben Stockwerke hohen, frei stehenden Baublöcken, die parallel zueinander angeordnet sind und mit der Schmalseite zur Vivariumstraße weisen. Die zur Straße hin offene Anlage bricht mit der Wiener Tradition der geschlossenen Hofform. Wie bereits in den 1920er- und 1930er-Jahren wurde versucht, durch konzentrierte Stapelung möglichst vieler Wohnungen ausgedehnte Grünzonen zur Erholung und Raum für infrastrukturelle Einrichtungen zu schaffen. Dieses Wohnkonzept ermöglichte auch die Einrichtung eines Kindergartens in einem ebenerdigen Zubau.

Die Architektur orientiert sich an jener des gegenüberliegenden, etwa zeitgleich errichteten Gemeindebaus. Ein schmaler Sockel definiert die Erdgeschoßzone der Trakte. An den Breitseiten, wo sich die Eingänge befinden, ist der fünfachsige Mittelteil gegenüber den dreiachsigen Flanken jeweils um ein Stockwerk erhöht. Auf gliedernde Details wurde in diesem eher funktional ausgerichteten Bauwerk gänzlich verzichtet.

... und die Kunst

Zwei der drei Trakte weisen an der zur Vivariumstraße gerichteten Schmalseite von Robert Markowitsch geschaffene Glasmosaike auf, die Landschaften mit Bäumen zeigen (1955). Seit Beginn der 1950er-Jahre wird in der "Kunst am Bau" die Mosaiktechnik favorisiert. In der formasketischen Architektur setzt die bunt schillernde Ästhetik des Mosaiks einen kontrastreichen Akzent.

Der Name

Die Vivariumstraße ist seit 1893 nach der ehemals dort angesiedelten Einrichtung zur Haltung lebender Tiere (Vivarium) benannt.

Sanierung

von 2011 bis 2017

In der Wohnhausanlage wurden umfassende Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Neben der Neudeckung des Daches erfolgte auch die Erneuerung der Fenster und Türen, und die Fassade wurde mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen. Dadurch werden die Heizkosten für die Mieter*innen, aber auch die Kohlendioxid-Belastung für die Umwelt gesenkt. Zudem wurden Stiegenhaus, Gänge und Waschküche instandgesetzt.

Architekten

Franz Mörth - Franz Mörth (1902-1962) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien (Diplom 1926). Nach dem Studium war er zunächst im Büro von Robert Oerley beschäftigt, machte sich aber 1928 als freischaffender Architekt in Wien selbstständig. Eines seiner frühen Werke ist die Villa für Franz Hoffmann in Wien 13 (Mühlbachergasse 14, 1929/30). Während des Krieges war er vor allem im NS-Industriebau tätig, so bei den Saurer-Werken und den Steyr-Werken. Nach dem Zweiten Welkrieg entwarf er Werksiedlungen für die VOEST in Linz, Kapfenberg und Donawitz. In Wien entstand das Gemeindewohnhaus Hohenbergstraße 24-32 in Wien 12 nach seinen Plänen. Sein bedeutendster Aufrag war die Beteiligung am Bau der Arbeiterkammer Wien (gemeinsam mit Kurt Vana und Alexis Franken, Wien 4, 1957/60).

Rudolf Angelides - Der in Konstantinopel (heute Istanbul/Türkei) geborene Rudolf Angelides (1917-2000) studierte ab 1937 Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1943 während eines Studienurlaubs vom Kriegsdienst sein Diplom erhielt. Nach dem Krieg war er zunächst bei der Baufirma Schärdinger und später im Büro von Robert Kotas beschäftigt. 1951 machte sich Angelides als Architekt selbständig, wobei er neben zahlreichen Wohnbauten vor allem auch Gebäude für das evangelische Kirchenbauamt ausführte. So wurden unter anderem die evangelischen Kirchen in Berndorf (NÖ, 1958), in Bruck/Leitha (NÖ, 1962) und die evangelischen Gemeindezentren Sebastianplatz 4 in Wien 3 (1958) und Jagdschlossgasse 44 in Wien 13 (samt Kirche, 1957-1960) nach seinen Plänen errichtet.

Ferdinand Zimmermann - Ferdinand Zimmermann (1922-1977) studierte bereits 1940/41 und nach dem Zweiten Weltkrieg von 1945 bis 1948 Innenarchitektur und Möbelbau an der Kunstgewerbeschule bei Carl Witzmann. Als selbstständiger Architekt beteiligte er sich vor allem in größeren Architektengemeinschaften am Wohnhausbau der Gemeinde Wien. So wirkte er etwa an der Planung der Wohnhausanlagen Landstraßer Hauptstraße 173-175 in Wien 3 (1953-1956) und Dieselgasse 11-17 in Wien 10 (1959-1960) mit.

Friedrich Albrecht - Friedrich Albrecht (1922-2004) studierte Innenarchitektur und Möbelbau an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Carl Witzmann. Für die Gemeinde Wien entwarf er vorwiegend in Zusammenarbeit mit mehreren anderen Architekten einige große Wohnhausanlagen. Unter anderem war er an den Anlagen Dieselgasse 11-17 in Wien 10 (1959-1960), Landstraßer Hauptstraße 173-175 in Wien 3 (1953-1956) und an der Wohnanlage "Ankerbrotgründe" in Wien 10 (Absberggasse, 1980-1985) beteiligt.