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Pokornyhof

Fakten

Pokornyhof

Leipziger Straße 11-15, 1200 Wien
Wexstraße 14-18, 1200 Wien

Baujahr: 1928-1929

Wohnungen: 116

Architekt: Siegmund Katz, Hans Pfann, Erwin Johannes Ilz

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Um die Jahrhundertwende hatten sich in der nahen Umgebung der heutigen Wohnhausanlage einige Industriebetriebe angesiedelt, wie eine Kristall-Eisfabrik und eine Fabrik für Bauschlosserwaren. Gleichzeitig wurden einerseits mehrere Wohnbauten für die Arbeiter errichtet, andererseits entstanden auch bürgerliche Wohnviertel. In den 1920er-Jahren wurden mit dem Bau von zwei Wohnhausanlagen zwei bis dahin vorhandene Baulücken geschlossen. Beide Wohnbauten wurden im Zweiten Weltkrieg zum Teil beschädigt und ab 1949 wieder hergestellt.

Die Architektur

Die fünfgeschoßige Wohnhausanlage "Pokornyhof" besteht aus zwei Bauteilen. Die Anlage - der erste Bauteil liegt an der Leipziger Straße, der zweite Wohntrakt an der Wexstraße - schließt im Westen und im Osten direkt an weitere Wohnhäuser an. Die beiden Wohnbauten wurden über zwei annähernd L- förmigen Grundrissen errichtet und bilden zusammen ein "U", wodurch sich ein gemeinsamer rechteckiger Innenhof ergibt. Die zwei Haupteingänge befinden sich in der Leipziger Straße und in der Wexstraße. Sowohl der Innenhof als auch die einzelnen Stiegenhäuser sind ausschließlich über diese beiden Eingänge erreichbar. Die Fassade in der Leipziger Straße wird durch Fensterachsen gegliedert, die Fenster sind jeweils mit einem breiten Rahmen versehen. Auffallend ist die Betonung der beiden äußeren Achsen durch Eckrisalite, die jeweils einen Halbstock über das Dachgesims nach oben gezogen sind. Zusätzliche Auflockerung erfährt die schlichte Fassade durch einfache Gitterbalkone und einen durchlaufenden Fries mit Zahnschnittmotiv als oberen Abschluss.

Die Fassade des zweiten Wohnbaus löst sich ebenfalls in Fensterachsen auf und auch hier sind die Fenster gerahmt. Besonderes Augenmerk liegt auf der vertikalen Gliederung, die durch die T-förmigen Stiegenhäuser und mehrere Erker unterstützt wird. Im Bereich der beiden untersten Geschoße und der Erker sorgen Gesimse für eine zusätzliche Rhythmisierung der Fassade.

Der Name

Der Wohnbau ist seit 1949 nach Gemeinderat Johann Pokorny (1882 - 1940) benannt. Er war führender Funktionär des Handels- und Transportarbeiterverbandes und zwischen 1919 und 1934 Mitglied des Wiener Gemeinderates. Darüber hinaus war er Bezirksobmann des Republikanischen Schutzbundes Brigittenau und stand deshalb 1935 im Wiener Schutzbundprozess vor Gericht. Pokorny wurde 1939 während einer Verhaftungsaktion gegen Revolutionäre Sozialisten festgenommen und starb 1940 an den Folgen der KZ-Haft. Eine Gedenktafel an der Wexstraße soll an das politische Engagement und das Schicksal von Johann Pokorny erinnern.

Architekten

Siegmund Katz - Siegmund Katz (1879-?) studierte von 1902 bis 1905 Architektur an der Akademie der bildenden Künste Wien, unter anderem bei Friedrich Ohmann. Nach seinen Plänen entstanden die Wohnhausanlagen Genztgasse 45 in Wien 18 und ein Teil des Pokorny-Hofes (Wexstraße 14-18, Wien 20). Die Zuordnung weiterer Bauwerke ist nicht gesichert. 1941 wurde Katz nach Lodz in Polen deportiert, Todesdatum und -ort sind unbekannt.

Hans Pfann - Hans Pfann (1890-1973), Schwiegersohn von Friedrich Ohmann, studierte ab 1908 an der Technischen Hochschule Wien (u. a. bei Max Fabiani), wo er 1924 promovierte. Bereits ab 1924 bis in die 1960er-Jahre plante er Wohnhausanlagen für die Gemeinde Wien und private Wohnhäuser. Zusätzlich war er vor allem als Innenausstatter, wie etwa bei der Umgestaltung des Spielcasinos Baden (1937/38), und als Gartenarchitekt tätig. Bis 1961 hatte er eine Professur an der TU Wien inne.

Erwin Johannes Ilz - Erwin Johannes Ilz (1891-1954) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1923 auch promovierte. 1925 ging er eine bis 1936 bestehende Arbeitsgemeinschaft mit Hans Pfann ein. In dieser Zeit entstand unter anderem der Pokorny-Hof in Wien 20 (Leipziger Straße 11-15, 1925/26) und der Kinderpavillon der Heilstätte Grimmenstein in NÖ (1930). Besondere Verdienste erlangte Ilz auf dem Gebiet des Städtebaus. Bereits 1932 wurde er als Professor für Städtebau an die TH Wien berufen, der er später auch bis 1945 als Dekan vorstand, womit er einer der einflussreichsten Stadtplaner der Nationalsozialisten wurde. Er arbeitete vor allem an der Erweiterung von Wien nördlich der Donau und an der Regulierung der Nordstadt von Prag. 1945 zog Ilz nach Salzburg, wo er bis zu seinem Tod als Stadtplaner tätig war.