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Johann Resch-Hof

Fakten

Johann Resch-Hof

Werthenburggasse 2-4, 1120 Wien

Baujahr: 1950-1951

Wohnungen: 178

Architekt: August Bauer, Hans Schwarz, Werner Gröll, Wilhelm Glattes

Weitere Adressen

Münchenstraße 31-35, 1120 Wien

Kernstraße 16, 1120 Wien

Atzgersdorfer Straße 1, 1120 Wien

Defreggerstraße 32, 1120 Wien

Münchenstraße 30, 1120 Wien

Atzgersdorfer Straße 1b, 1120 Wien

Atzgersdorfer Straße 1c, 1120 Wien

Atzgersdorfer Straße 1a, 1120 Wien

Hetzendorfer Straße 163, 1120 Wien

Wohnen in Wien

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Der Johann-Resch-Hof liegt an der Atzgersdorfer Straße, die die Grenze von Hetzendorf zu Hietzing bildet. Hetzendorf war wie Meidling wahrscheinlich eine Schenkung des Markgrafen Leopold III. des Heiligen an das Stift Klosterneuburg. Schon 1190 gelangte das Straßendorf als landesfürstliches Lehen in den Besitz des Deutschen Ordens. Hetzendorf wurde während der Türkenkriege schwer in Mitleidenschaft gezogen, es war im 16. Jahrhundert nur noch eine kleine Ansiedlung, die sich über das Areal des später gebauten Hetzendorfer Schlosses erstreckte. Erst unter Maria Theresia entwickelte es sich wieder zum Straßendorf. Diesen dörflichen Charakter behielt es noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. 1456 bis 1744 war der Deutsche Ritterorden Grundherr in Hetzendorf. Ihm verdankt der Vorort Hetzendorf das Schwarze Kreuz im Wappen.

Der Johann-Resch-Hof wurde in zwei Bauabschnitten 1950 und 1951 gebaut und in zwei Anlageteilen zu beiden Seiten der Münchenstraße (früher Deutschmeisterstraße) angelegt. Mehrere Architekten des Stadtbauamts waren an der Planung beteiligt. Der erste Anlagenteil an der Hetzendorfer Straße/Atzgersdorfer Straße wurde von August Bauer allein entworfen, während der zweite an der Atzgersdorfer Straße/Defreggerstraße eine Gemeinschaftsarbeit von Hans Schwarz, Wilhelm Glattes und Werner Gröll ist.

Die Architektur

Der erste Bauabschnitt von 1950 liegt nördlich der Münchenstraße auf dem entlang der Atzgersdorfer Straße nach Süden ansteigenden Gelände. Er ist U-förmig und hat acht Stiegen. Zwischen dem langen Mitteltrakt an der Atzgersdorfer Straße und den beiden kürzeren, fast rechtwinkelig anschließenden Seitentrakten ist ein großer Grünbereich mit Kinderspielplätzen aufgespannt, der zur Werthenburggasse hin offen ist. Die Trakte sind dreigeschoßig mit Ausnahme des viergeschoßigen Eckrisalits am Zusammenstoß zwischen Hetzendorfer und Atzgersdorfer Straße. Im Erdgeschoß befindet sich eine Geschäftszone, die um das Eck führt und darüber ein zweizoniges Relief im Westteil seiner Fassade an der Hetzendorfer Straße. In der ersten Achse des anschließenden, leicht gewinkelten Nordtraktes ist ein hochrechteckiger Durchgang in den Hof eingeschnitten. Auch am Zusammenstoß von Atzgersdorfer Straße und Münchenstraße ist am Eck an der Atzgersdorfer Straße ein Risalit ausgebildet und aus Symmetriegründen erhöht, wegen des ansteigenden Geländes aber nur geringfügig. Durch Walmdächer werden die beiden Eckrisalite aus der Dachlandschaft hervorgehoben und zusätzlich optisch durch je zwei äußere Balkonachsen von der langgezogenen Fensterfront des Mittelflügels abgesetzt. Diese Front entspricht drei fünfachsigen Häusern, die nach Süden zu sukzessive leicht nach innen versetzt sind. Die Zugänge zu den acht Stiegen liegen alle hofseitig. Bei den Stiegen in den seichten Eckausnehmungen der Risalite befinden sich die Fensterbahnen aus vierteiligen quadratischen Fenstern genau gegenüber. Allerdings ist im viergeschoßigen Nordrisalit der Eingang statt darunter in der Nischenflanke daneben eingeschnitten. Bei den drei gestaffelt vorspringenden Abschnitten der Hoffassade des Mitteltraktes liegen die Stiegenhausachsen in der Mitte und werden beiderseits von einer Fensterachse und einer Balkonachse flankiert.

Der zweite Teil der Wohnhausanlage von 1951 hat 12 Stiegen, die auf drei Gebäude aufgeteilt sind. Die ersten beiden einzeln stehenden dreigeschoßigen Häuser, die nur je zwei Stiegen umfassen, sind parallel zur Münchenstraße angeordnet. Ihre zweiachsigen Schmalseiten sind zur Atzgersdorfer Straße hin orientiert. Am ersten Haus an der Münchenstraße (ehemals Deutschmeisterstraße) ist auf der geschlossenen Mauerfläche am Eck zur Atzgersdorfer Straße ein großes Sgraffito appliziert, das auf den Deutschmeisterorden als Hetzendorfer Grundherrn Bezug nimmt. Zwischen diesem Haus und dem dritten Gebäude überwindet eine Stiegenanlage mit der Vollplastik eines Bären die Geländestufe in den Grünbereich. Das dritte Gebäude ist aus drei Trakten zusammengesetzt. Jener an der Defreggerstraße ist dreigeschoßig. Im Ostabschnitt ist er leicht konkav gebogen und etwas erhöht. Am Beginn der konkaven Biegung ist ein hochrechteckiger Durchgang eingeschnitten. Darüber befindet sich eine Balkonachse. Eine weitere ist in der Mitte des konkaven Abschnittes angeordnet. Nach dem Osteck erstreckt sich ein langer gerader Trakt mit begleitendem Grünstreifen entlang der Kerngasse nach Norden. Er beginnt dreigeschoßig und wird in seinem letzten Abschnitt infolge des abfallenden Geländes viergeschoßig. Einfache und verdoppelte Balkonachsen akzentuieren diese lange Fassade. Im Norden setzt ein hoher Quertrakt wie der Querbalken eines T an. Der Ostteil dieses Traktes ist als Eckbau hervorgehoben. Er ist fünfgeschoßig und erhebt sich mit einem separaten Walmdach über die übrige Dachlandschaft. An der Nordfassade ist der Eckbau durch einen Rücksprung mit eingesetzten Loggien vom viergeschoßigen Resttrakt abgesetzt. Dieses Motiv ist auch im Eck an der Traktrückseite wiederholt. Alle übrigen Nordfassaden der drei Gebäude sind durch seichte kubische Stiegenhausrisalite gekennzeichnet, die die Dachlinie durchbrechen und im obersten Abschnitt ein rundes Fenster eingeschnitten haben. An der Hoffassade des Traktes an der Kernstraße befinden sich hingegen Stiegenhauserker über den Eingängen. Bei beiden Anlagenteilen sind alle Fenster mit weißen Farbfaschen von den heute rosa beziehungsweise gelblich gestrichenen Fassaden abgesetzt.

... und die Kunst

Von Heidel Alois stammt das auf der Nordseite des Trakts an der Ecke Hetzendorfer Straße/Atzgersdorfer Straße applizierte Relief "Zwei Pferde" in einem leicht kubistisch abstrahierten Stil.

Am ersten Gebäude des zweiten Anlageteils an der Münchenstraße/Atzgersdorfer Straße ist neben dem Eingang ein großes Sgraffito von Karl Kemetter "Der Deutsche Ritterorden als Grundherr Hetzendorfs" mit erläuterndem Text in Großbuchstaben angebracht.
Zwischen den Gebäuden des "Südblocks" an der Münchenstraße befindet sich am Stiegenaufgang zum Hofbereich die Steinzeugplastik "Bär" von Elisabeth Turolt.

Der Name

Johann Resch wurde am 11.11.1890 in Pottschach (NÖ) geboren und starb am 26.4.1960 in Wien. Er gehörte seit seiner frühesten Jugend der sozialistischen Arbeiterbewegung an. Nach dem Ersten Weltkrieg war Johann Resch, der seit 1910 in den Diensten der Gemeinde Wien stand, Obmann des Arbeiterrates von Meidling und baute gemeinsam mit dem später in Auschwitz ermordeten Gemeinderat Edmund Reismann die Sozialdemokratische Unterrichtsorganisation des 12. Bezirks auf. In der Ersten Republik zählte Johann Resch zu den engsten Mitarbeitern von Stadtrat Hugo Breitner. 1927 wurde er in die Direktion der Städtischen Straßenbahnen berufen, um diese wirtschaftlich und personell neu zu organisieren; 1930 erfolgte seine Ernennung zum Direktor der Städtischen Unternehmungen. Im Jahr 1934 wegen seiner politischen Einstellung aus dem Dienst der Stadt Wien entfernt, betätigte sich Resch bis 1945 in der Privatindustrie. Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs war Resch wieder für die Städtischen Verkehrsbetriebe tätig und wurde bei der Errichtung der Generaldirektion der Städtischen Unternehmungen im Jahre 1946 an die Spitze dieser neuen Zentralstelle berufen. Johann Resch, der von 1949 bis 1959 dem Wiener Gemeinderat angehörte und 1947 als Nachfolger des verstorbenen Paul Speiser Amtsführender Stadtrat für das Finanzwesen der Stadt Wien wurde (bis 1957), war auch Mitglied des Finanzbeirates der SPÖ, Obmann der Verkehrssektion der Handelskammer und Vizepräsident der Österreichischen Verbundgesellschaft.

Architekten

August Bauer - August(in) Bauer (1895-1981) studierte ab 1918 bei Friedrich Ohmann an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Stadt Wien plante er unter anderem die Wohnhausanlage Albertplatz 7 in Wien 8 (1953/54) und den ersten Bauabschnitt des Alfred-Wunsch-Hofes in Wien 11, Lorystraße 33-37 (ab 1953).

Hans Schwarz - Hans Schwarz (geb. 1922) ist 1937/38 als Student an der Wiener Kunstgewerbeschule nachzuweisen. Für die Gemeinde Wien war er etwa an den Plänen zum Johann-Resch-Hof in Wien 12, Werthenburggasse 2-4 (1950/51) beteiligt.

Werner Gröll - Werner Gröll (1914-2002) studierte von 1931 bis 1938 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien plante er etwa das Wohnhaus Hoffingergasse 5 in Wien 12 (1951/52) und war an den Entwürfen zum Johann-Resch-Hof in Wien 12, Werthenburggasse 2-4 (1950/51) beteiligt.

Wilhelm Glattes - Wilhelm Glattes (1904-1975) war bis zu seiner Pensionierung im Wiener Stadtbauamt als Architekt tätig. In seiner Funktion plante er unter anderem das Wohnhaus Hainburger Straße 57 in Wien 3 (1949/50) und zusammen mit Ludwig Schmid und Johann Stöhr die Anlage Ortliebgasse 35-37 in Wien 17 (1953/54).