Mobile Version aus nicht mehr nachfragen

Liebknechthof

Fakten

Liebknechthof

Böckhgasse 2-4, 1120 Wien

Baujahr: 1926-1927

Wohnungen: 428

Architekt: Karl Alois Krist

Weitere Adressen

Herthergasse 37, 1120 Wien

Längenfeldgasse 19, 1120 Wien

Malfattigasse 12, 1120 Wien

Flurschützstraße 30, 1120 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Die Wohnhausanlage Böckhgasse 2-4 wurde in den Jahren des ersten Wiener Wohnbauprogramms in der kurzen Zeit des wirtschaftlichen Zwischenhochs von Mitte der 1920er-Jahre bis zur Weltwirtschaftskrise 1929 erbaut. Sie ist eine von zahlreichen Anlagen an und um die Längenfeldgasse, die aufgrund der bestehenden Infrastruktur und der hervorragenden Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz in diesem Gebiet errichtet wurden. Die strategisch günstige Lage zwischen der Innenstadt und dem Süden Wiens machte den Liebknechthof während der Februarrevolution 1934 zum Schauplatz der blutigen Auseinandersetzungen zwischen den sozialdemokratischen Schutzbündlern und der christlich-sozialen Heimwehr und zur heftig umkämpften Bastion.

Die Architektur

Der Liebknechthof bildet eine große Anlage auf einem dreieckigen Grundstück mit zur Straße hin offenen, halboffenen und geschlossenen Höfen. Er umfasst 28 Stiegen und wird von der Längenfeldgasse, der Herthergasse (mit dem Steinbauerpark), der Malfattigasse und der Flurschützstrasse begrenzt. Der Grundriss mit den teils polygonalen, teils gekrümmten Höfen erinnert an den nicht weit entfernten Reismannhof von 1924/25. Auch der zur Straße hin geöffnete erste Hof mit seinen flankierenden turmartigen Bauten zeigt eine Anlehnung an diesen älteren Bau. Bemerkenswert sind die stark expressionistischen Bauelemente wie turmartige Eckbauten, Spitzbögen, Spitzerker, dreieckige oder in Dreiergruppen zusammengefügte schmale Fenster und über die Ecke gezogene Balkone mit Gittergeländern. Diese entsprechen der stilistischen Entwicklung des kommunalen Wiener Wohnbaus dieser Zeit und waren wegweisend für den ebenfalls mit expressionistischen Elementen ausgestatteten Lorenshof (1927/28) von Otto Prutscher auf der gegenüberliegenden Straßenseite (Längenfeldgasse 16-18). Im Inneren der Anlage befindet sich neben zahlreichen Gemeinschaftseinrichtungen wie einem Kindergarten und einer Bücherei auch ein Waschsalon mit einem darüber liegenden Pavillon, der zum kleinstädtischen Charakter des Wohnbaus beiträgt.

... und die Kunst

Die monumentalen Durchfahrtstore der Anlage sind jeweils mit einem original schmiedeeisernen Gittertor nach dem Entwurf von Karl Krist ausgestattet. Dasselbe Gittermotiv findet sich auch an den Fenstern der Wäscherei. Sehr ähnliche Torgitter mit Zacken führte der Architekt im Anton-Schrammel-Hof in 1110 Wien (1925/26) aus.

Der Name

Der Liebknechthof ist nach den beiden deutschen Arbeiterführern Wilhelm Liebknecht (1826-1900) und dessen Sohn Karl Liebknecht (1871-1919, ermordet) benannt. Eine Tafel mit der Bezeichnung "Liebknechthof", die 1928 angebracht worden war, wurde 1935 abmontiert und durch eine Gedenktafel für Wilhelm und Karl Liebknecht ersetzt.

Architekten

Karl Alois Krist - Karl Alois Krist (1883-1941) trat nach dem Studium an der Technischen Hochschule Wien sowie an der Akademie der bildenden Künste in den Dienst der Stadt Wien ein, für die er ab 1922 zahlreiche Wohnhaussiedlungen realisierte, darunter den George-Washington-Hof (Wien 10; 1927-1930; zusammen mit Robert Oerley), den Anton-Schrammel-Hof (Wien 11; 1925), den Dr.-Franz-Klein-Hof ( Wien 11; 1924) und den so genannten Liebknechthof (Wien 12; 1926/27). Neben seiner Tätigkeit für die Stadt Wien unterhielt er auch ein privates Atelier als Zivilarchitekt.