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Brigittenauer Lände 170-172

Fakten

Brigittenauer Lände 170-172

Brigittenauer Lände 170-172, 1200 Wien

Baujahr: 1967-1968

Wohnungen: 314

Architekt: Johann (Hans) Petermair, Otto Artner, Helmut Leierer, Erwin Christoph, Otto Erhartt

Weitere Adressen

Spielmanngasse 5, 1200 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien bis hin zum Wohnungsbauboom der 1970er-Jahre kontinuierlich zu. Die Grundlage dafür bildeten 1961 ein städtebauliches Konzept und ein Generalverkehrsplan von Roland Rainer. Der geplante U-Bahn-Bau sowie die Erschließung bisheriger Randgebiete nördlich der Donau förderten diese Entwicklung. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen, auf denen neue große Wohnviertel geschaffen wurden. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

Die Gegend, in der sich die Wohnhausanlage befindet, war bis zur Donauregulierung 1870-1875 zu großen Teilen eine Aulandschaft mit Fasangarten, den Josef II. 1775 gemeinsam mit dem Augarten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatte. Das Gebiet wurde anfangs hauptsächlich von Fischern, Jägern und Holzfällern bewohnt, später kamen Gärtner und Wirte hinzu. Im 19. Jahrhundert begann man mit dem Anlegen von Küchengärten sowie mit der Ansiedelung der ersten Fabriken. Zu dieser Zeit setzte eine Verbauung des Landes ein, die freilich bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges keineswegs flächendeckend war. Baulücken wurden in großem Umfang erst durch den kommunalen Wohnbau der Ersten Republik geschlossen. Im Jahr 1900 wurde die Umgebung des Gemeindebaus von der Leopoldstadt getrennt und als eigenständiger Bezirk eingerichtet.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage umfasst vier mit der Schmalseite nach der Brigittenauer Lände orientierte, langgestreckte Bauten, die parallel zueinander angeordnet sind. Die zur Straße hin geöffnete Anlage ist eine Weiterentwicklung von Wohnkonzepten aus den 1920er- und 1930er-Jahren. Sie bricht mit der intimen, geschlossenen Hofform der Wiener Tradition zugunsten einer möglichst konzentrierten Stapelung der Wohnungen, die großzügig Raum für den Erholungsbedarf lässt. Die architektonisch einheitlich gehaltenen Blöcke sind zweifärbig gestaltet. Die Grundfarbe der Häuser ist Weiß, die Erdgeschoßzone wird durch den grauen Anstrich des Sockels definiert. Eine der Längseiten der Gebäude wird jeweils durch die über die Traufenhöhe aufragenden, grau gestrichenen Erschließungstürme gegliedert. Die gegenüberliegenden Fronten sind, wie die Schmalseiten, von Loggien durchbrochen. Der Bau verfügt großteils über quadratische Fenster in unterschiedlichen Dimensionen. Fallweise sind die Fassaden mit einer lamellierten Beschichtung ummantelt.

... und die Kunst

Auf einer der Freiflächen zwischen den Wohnblöcken befindet sich die plastische Darstellung eines überdimensionalen Pflanzenkeims aus Kunststein von Heinrich A. Deutsch (1969/70).

Der Name

Die Brigittenauer Lände erhielt ihren Namen 1868. An der Lände legten seinerzeit die flussabwärts fahrenden Donauschiffe an; die Brigittenau, seit 1850 bei Wien, wurde ursprünglich als Wird bezeichnet und 1670 erstmals urkundlich erwähnt.

Architekten

Johann (Hans) Petermair - Hans Petermaier (1904-1984) studierte von 1922 bis 1927 an der Technischen Hochschule Wien, wo er auch bis 1946 an der Lehrkanzel für Baugeschichte und Entwerfen II beschäftigt war. In einer Bürogemeinschaft mit Richard Pfob errichtete er in den 1940er-Jahren mehrere Industriebauten. Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich Petermaier am Wiederaufbau, wobei er sich vor allem der Sakralarchitektur widmete, wie etwa der Wiederherstellung der schwer beschädigten Kalvarienbergkirche in Wien 17 oder der Wallfahrtskirche in Maria Lanzendorf.

Otto Artner - Otto Artner (1895-1971) entwarf für die Gemeinde Wien im Zuge des Wiederaufbaus unter anderem die Wohnhausanlagen Zaunergasse 12-14 in Wien 3 (1952/53) und Hanselmayergasse 9-15 in Wien 13 (1958-1960).

Helmut Leierer - Helmut Leierer, geboren 1931, studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Clemens Holzmeister. Nach Praxisjahren bei den Architekten Kitt und Lippert war er ab 1960 als selbständiger Architekt in Wien und Hollabrunn tätig. Bedeutende Projekte waren u. a. der Flughafen Salzburg, die Raiffeisen Zentralbank in Wien sowie öffentliche Einrichtungen im Weinviertel, wo der Architekt sich um die Erhaltung der Kellergassen bemüht.

Erwin Christoph - Erwin Christoph (1925-1987) studierte bis 1953 an der Technischen Hochschule in Wien. Als Architekt plante er sowohl alleine als auch in zahlreichen Arbeitsgemeinschaften mehrere Wohnhausanlagen in Wien, so z.B. das Wohnhaus in der Heiligenstädter Straße 11 (19. Bezirk), das Wohnhaus in der Loeschenkohlgasse 4 (15. Bezirk), ein Haus in der Pyrkergasse 18 (19. Bezirk) und das Bezirkszentrum Hernals, Elterleinplatz 9-12, in Wien 17 (1984-1986). Aufgrund seiner enormen Wettbewerbserfolge wurde Erwin Christoph auch die Planungs- und Bauleitung für die neue Abfertigungshalle und das Betriebsgebäude des Flughafens Salzburg übertragen.

Otto Erhartt - Otto Erhartt (1919-2008) studierte von 1946 bis 1950 Architektur an der Technischen Universität Wien. Als selbständiger Architekt führte er vor allem Industrie- und Gewerbebauten aus, wie etwa die Straßenmeistereien von Spitz (NÖ), Krems (NÖ) und Eggenburg (NÖ). Für die Gemeinde plante Erhartt unter anderem die Wohnhausanlage Sechtergasse 8-10 in Wien 12 (1979-1981) und beteiligte sich an den Entwürfen zum Heinrich-Hajek-Hof in Wien 15 (Oeverseestraße 13-19, 1954-1956).