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Alfons-Petzold-Hof

Fakten

Alfons-Petzold-Hof

Lorystraße 36-38, 1110 Wien

Baujahr: 1923-1924

Wohnungen: 94

Architekt: Adolf Stöckl

Weitere Adressen

Hakelgasse 14-18, 1110 Wien

Herderplatz 3-4, 1110 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Die Realschule in der Gottschalkgasse und die ihr fast gegenüber liegende Volkschule am Herderplatz wurden bereits 1910/11 als frei stehende Gebäude auf dem Areal des später angelegten Herderparks errichtet. Während des Ersten Weltkriegs bis in die 1920er-Jahre waren auf dem Gelände Kleingärten angelegt. Kurz nach 1920 begann die großzügige Randverbauung mit Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien. Insgesamt sechs kommunale Wohnbauten entstanden rund um das Gelände, darunter - als einer der ersten Wiens - der Alfons-Petzold-Hof. Das Areal wurde nach Entwürfen des Gartenarchitekten Fritz Kratochwjle zu einer Parkanlage mit integriertem Kinderfreibad - eines der letzten noch original erhaltenen Kinderfreibäder aus dieser Zeit - umgestaltet, deren Eröffnung am 4. Mai 1930 stattfand. Die Namensgebung des Parks folgte der Benennung des nahen Herderplatzes, der bereits 1911 nach dem deutschen Dichter, Philosophen und Theologen Johann Gottfried von Herder (1744-1803) benannt worden war. Eine Gedenktafel am Alfons-Petzold-Hof erinnert an Opfer des Holocaust, die 1938 aus dem Wohnhaus vertrieben wurden.

Die Architektur

Die sieben Stiegenhäuser umfassende Wohnhausanlage schließt an die Rückseite der 1910/11 erbauten Realschule an und erstreckt sich entlang der Hakelgasse zwischen Lorystraße und Herderplatz. Zwei Risalite, die von mächtigen Giebeldächern überfangen werden, gliedern die lange Front an der Hakelgasse. In die glatte Fassade der Risalite sind flankierende Achsen kleiner Fensterpaare sowie die Fenster der Stiegenhäuser eingeschnitten, welche jeweils von der Straße aus zugänglich sind. Auf massiven Konsolen lagernde Erkerfenster und kräftige Gesimse beleben den dazwischen liegenden Gebäudeteil. Bemerkenswert sind die spiralförmigen Lisenen, die die Erkerfenster einfassen. Auch an den äußeren Fassadenfeldern werden durch Gesimse horizontale Akzente gesetzt. Kleine florale Ornamente lockern die strenge Gliederung der Fassade ein wenig auf. In der Lorystraße ist das ansonsten vier Geschoße umfassende Gebäude um ein Geschoß erhöht, um hier an die Höhe der Schule anschließen zu können. Ein über zwei Stockwerke reichender Erker begleitet diesen Höhensprung. Die Fassade am Herderplatz folgt in Verlängerung der Schule der Ellipsenform des Platzes und ist konkav geschwungen. Daraus resultiert die markant spitz zulaufende Ecklösung, wo in Dreiergruppen angeordnete, schmale Fenster für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgen.

Der Name

Die Wohnhausanlage ist nach dem Arbeiterdichter Alfons Petzold (1882-1923) benannt. Petzold wuchs im Arbeiterelend Wiens Ende des 19. Jahrhunderts auf. Er schlug sich zunächst mit verschiedenen Gelegenheitsjobs durch, fand jedoch bald zur Literatur, die für ihn einen Zufluchtsort darstellte. Ab 1910 publizierte Petzold mehrere Gedichtbände, die ihn als Dichter des Proletariats etablierten. Im seinem erfolgreichsten Werk, dem Roman "Das rauhe Leben" (1920), schildert er seine schwere Kindheit und Jugend. Petzold starb mit nur 40 Jahren in Kitzbühel, wohin er aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme (Tuberkulose) gezogen war und wo er zuletzt einen Sitz im Gemeinderat innehatte.

Architekten

Adolf Stöckl - Adolf Stöckl (1884-1944) studierte von 1902 bis 1907 an der Technischen Hochschule Wien bei Karl König und Karl Mayreder. 1911 trat er in das Wiener Stadtbauamt ein, wo er vor allem im Schul- und Gesundheitswesen tätig war. Sein bedeutendstes Werk ist die zu ihrer Entstehungszeit 1924/25 wegweisende Kinderübernahmestelle (für verwahrloste oder verwaiste Kinder) in Wien 9. Stöckl war aber auch am Bau zahlreicher Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien beteiligt.