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Therese-Schlesinger-Hof

Fakten

Therese-Schlesinger-Hof

Schlösselgasse 14, 1080 Wien

Baujahr: 1929-1939

Wohnungen: 82

Architekt: Cesar Poppovits

Weitere Adressen

Wickenburggasse 15, 1080 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Die Wohnhausanlage mit heute 84 Wohnungen wurde in den Jahren 1929/30 anstelle eines Vorstadtwirtshauses, das den Namen "Riedhof" trug, nach den Plänen von Cesar Poppovits errichtet. Begehbar ist das nach der sozialdemokratischen Frauenpolitikerin Therese Schlesinger benannte Wohnhaus sowohl von der Wickenburggasse 15 als auch von der Schlösselgasse 14. Heute haben dort das sozialpsychiatrische Ambulatorium Josefstadt des Kuratoriums für Psychosoziale Dienste in Wien (PSD) und der Österreichische Zivilinvalidenverband ihren Sitz.

Die Architektur

Die beiden Straßentrakte und die Hoftrakte des fünfstöckigen Wohnbaus umfassen einen großen, begrünten Innenhof, der die Eingänge in der Wickenburggasse und in der Schlösselgasse verbindet. In der sachlichen Architektur dieses Kommunalbaus spiegeln sich die Hungerjahre der Weltwirtschaftskrise, die im Jahr des Baubeginns (1929) ihren Anfang nahm, wider. Einen Kontrapunkt zu der sachlichen Bauweise bildet die Vorliebe des Architekten für Keramik. Die Front in der Schlösselgasse wurde mit paarweise angeordneten, röhrenartigen Stilelementen versehen. Auch die Fenster wurden in Keramikrot eingefasst. So markiert der unter Denkmalschutz stehende Therese-Schlesinger-Hof den Übergang zur nüchternen Architektur der 1930er-Jahre.

Der Name

Therese Schlesinger (geb. Eckstein) wurde 1863 als Tochter eines jüdischen Papierfabrikanten in Wien geboren. Im Betrieb ihrer Eltern lernte sie die Lebensbedingungen der Arbeiterschaft kennen. Sie begann sich in der bürgerlichen Frauenbewegung zu engagieren, 1901 trat sie der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. In ihren Texten forderte sie unermüdlich das Frauenwahlrecht und die Zulassung von Frauen zum Hochschulstudium. 1902 wurde sie Mitgründerin des Vereins sozialdemokratischer Frauen und Mädchen. Nach Ende des Ersten Weltkrieges gehörte sie der Konstituierenden Nationalversammlung und dem Nationalrat (1919-1923) an, danach war sie bis 1930 im Bundesrat tätig. Sie starb 1940 im französischen Exil. Neben der Wohnhausanlage wurde auch der Schlesingerplatz, dessen Name ursprünglich vom antisemitischen Reichsratsabgeordneten Josef Schlesinger stammte, nach ihr neu benannt.

Architekten

Cesar Poppovits - Cesar Poppovits (1876-1938) studierte an der Technischen Hochschule Wien. In der Josefstadt plante er die beiden wichtigsten kommunalen Wohnbauten des Bezirks: den Ludo-Hartmann-Hof in der Albertgasse 13-17 und den Theresia-Schlesinger-Hof in der Schlösselgasse 14. Gemeinsam mit den bildenden Künstlern Alfred Basel und Leopold Forstner gründete er 1912 das erste Unternehmen für "Wiener Friedhofskunst".