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Im Kopf haben sich Klassik und Jazz vermischt

Franz Koglmann zählt zu den arriviertesten Jazzmusikern und Komponisten der Gegenwart. Uns hat er am Dach des Reumannhofs ein Ständchen gespielt.

Schon in seiner Volksschulzeit war der kleine Franz an Musik interessiert. Aber sein Lehrer hasste Musik. Der Großvater mütterlicherseits war böhmischer Akkordeonspieler und dem wollte sein Enkel nacheifern. Die Lehre als Buchbinder war nicht mehr als ein Berufs-Alibi.

 Jazz ist die wichtigste Musik, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat.
 

Bereits im ersten Lehrjahr zog es ihn ins Konservatorium. „Ich hab den Louis Armstrong gehört und wollte in eine Trompetenklasse und wurde auch sofort in eine aufgenommen. Das Erste, was ich dort gelernt habe, war das Pfeifenrauchen – alle wollten wie der Jazztrompeter Dizzy Gillespie Pfeife rauchen!“ Mit Anfang 20 überlegte er, Österreich zu verlassen und im Ausland sein Glück zu suchen. Nach kurzen Aufenthalten in New York und Paris kam er aber zurück nach Wien. Eine Entscheidung, die er bis heute nie bereut hat. „In New York hätte mir niemand die Projekte finanziert, die ich in Wien realisieren konnte.“

Melodien aus dem Reumannhof

Musik ist das Leben von Franz Koglmann – aber nur zu spielen, das reichte ihm nie. Die Komposition, die Töne und Melodien, die in seinem Kopf entstehen, zu Papier zu bringen, das macht ihm Spaß. Wenn er komponiert, sitzt er vor seinem Computer im Arbeitszimmer im Reumannhof. „Beim Schreiben habe ich schon den Klang im Ohr, wie die Musiker spielen.“ Die Noten werden auf Skizzen gekritzelt, dann wandern sie auf den Computer, von dem aus die Partituren verschickt oder gedruckt werden können. „Jetzt schreibe ich gerade etwas für das Radio-Symphonieorchester, zu einem Text von David Schalko. Ich spiele mit einem Jazztrio mit, ein Schauspieler und ein Sprecher sind auch dabei.“ Im September wird das Stück im Radiokulturhaus aufgeführt und vom ORF übertragen.

Für mich ist es befreiend, dass ich in keine Schublade passe!

Seit 1995 wohnt der 70-jährige Musiker mit seiner Ehefrau, die er in den 1970er Jahren bei der Besetzung der Wiener Arena kennengelernt hat, in der großräumigen Dachgeschoßwohnung, einem ehemaligen Künstleratelier, im Reumannhof. Zum Abschalten und Seele-baumeln-Lassen gehen die beiden gerne auf ihre Dachterrasse. „Diese Linien der Häuser und die Rundungen des Wienerwaldes, dass ist wie eine Melodie von Schubert oder von Alban Berg: nicht zick-zack, sondern melancholisch.“ Dann lässt er seinen Blick noch einmal über die Dächer schweifen, holt tief Luft, bläst in sein Flügelhorn und schickt die swingenden Jazztöne vom Dach des Reumannhofes in die Stadt hinaus.

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