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Schlöglgasse 71

Fakten

Schlöglgasse 71

Schlöglgasse 71, 1120 Wien

Baujahr: 1959-1959

Wohnungen: 19

Architekt: Hans Zahlbruckner, Karl Kotratschek

Wohnen in Wien

In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Die Schlöglgasse gehört zu Hetzendorf, das ebenso wie Meidling wahrscheinlich eine Schenkung von Markgraf Leopold III., dem Heiligen, an das Stift Klosterneuburg war. 1190 gelangte das Straßendorf als landesfürstliches Lehen in den Besitz des Deutschen Ordens. Hetzendorf wurde während der Türkenkriege schwer in Mitleidenschaft gezogen, im 16. Jahrhundert gab es hier nur noch eine kleine Ansiedlung, die sich auf dem Areal des später errichteten Hetzendorfer Schlosses erstreckte. Erst unter Maria Theresia entwickelte sich wieder ein Straßendorf, das seinen dörflichen Charakter bis zur Parzellierung Mitte des 19. Jahrhunderts beibehalten hat.

Die Architektur

Die Anlage besteht aus zwei rechteckigen Gebäudeblöcken, die an den Enden eines schmalen, länglichen Grundstücks zwischen der West-Ost-ausgerichteten Schlöglgasse und der verlängerten Boergasse liegen. Beide Blöcke sind etwas von den Gassen abgerückt, verlaufen aber parallel zu ihnen. Die beiden dreigeschoßigen Häuser haben nordseitig identische Eingangsseiten mit schmalen, zweiflügeligen Stiegenhausfenstern in der Mitte und jeweils zwei flankierenden, dreiflügeligen Fensterachsen. Die Eingangstür und das erste Stiegenhausfenster des Traktes an der Schlöglgasse werden jedoch auf beiden Seiten durch ein Mosaikbild besonders hervorgehoben. Es verläuft von der halben Höhe des Eingangstores bis zur Fensterbank des zweiten Stiegenhausfensters.
Die Südseiten der beiden Bauten sind bis auf einige, allerdings wesentliche Einzelheiten ähnlich organisiert. So sind beide Fassadenmitten durch ein breites Erkerband gekennzeichnet. Es beginnt über dem Erdgeschoß und durchbricht die Dachlinie. Darüber bildet es ein flach gedecktes Dachgeschoß aus, das wie eine lange Gaupe in das Dach zurückgeführt wird. Das Erkerband wird beidseitig von Balkonen flankiert. Bei dem Gebäude an der Schlöglgasse ist das Erkerband nur zweiachsig und die Balkone haben zusätzlich eine außen anschließende Fensterachse. Im Erdgeschoß kamen auf der linken Seite als behindertengerechte Bauveränderung eine Fenstertür und eine darunterliegende Scherenhubbühne hinzu. Beim zweiten Gebäude ist das Erkerband hingegen dreiachsig und die Balkone bilden bereits die Außenachsen. Die sechs Konsolen, die unter dem dreiachsigen Erkerband angebracht waren und das breite Erkerband optisch abfederten, wurden abgeschlagen. Ohne sie erhält der Bau ein etwas nüchterneres Aussehen. Auf der rechten Seite des Erdgeschoßes sind ein Geschäftsbereich und Praxisräume eingerichtet.

... und die Kunst

Das Mosaik "Wald" von Toman Emil ist um den und über dem Eingang des Gebäudes an der Schlöglgasse angebracht.

Der Name

Die Schlöglgasse ist nach Friedrich Schlögl (1821-1892), einem Wiener Volksschriftsteller, benannt. Schlögls Beschreibungen von Wien und den Wienern aus der Zeit zwischen 1848 und 1892, dem Jahr seines Todes, sind getragen von einem liberalen, aufklärerischen Ansatz, da er selbst ein begeisterter Anhänger der revolutionären Ideen der 1948er-Generation war. Schlögl zitiert die Menschen im Wiener Dialekt, welcher mitunter ziemlich derb sein kann, und präsentiert so ein historisch interessantes Szenario der Kaiserstadt Wien, die vom Vielvölkerstaat ebenso geprägt war wie von den sozialen Gegensätzen. Neben Adel und Großbürgertum, Kleinbürgern und Beamten gab es ja auch viele Arbeiter, Bettler und Obdachlose in der Metropole. Friedrich Schlögl beschrieb nicht nur Leute und Zustände, sein Blick erfasste auch politische und gesellschaftliche Probleme. Seine oft giftige und spitzzüngige Autorschaft machte ihn zu einem Vorgänger von Karl Kraus, obwohl er mehr auf den Dialekt setzte, um seinen Figuren stärkere Lebendigkeit, Drastik und Direktheit zu verleihen.

Architekten

Hans Zahlbruckner - Hans Zahlbruckner (geb. 1920 in Pottendorf) studierte ab 1944 bei Lois Welzenbacher an der Akademie der bildenden Künste Wien. In Arbeitsgemeinschaften plante er für die Gemeinde Wien unter anderem den Franz-Glaserer-Hof in Wien 14, Hackinger Straße 30-36 (1963-1966), und die Wohnhäuser Ödenburger Straße 73-85 in Wien 21 (1961/62) und Schlöglgasse 71 in Wien 12 (1959).

Karl Kotratschek - Karl Kotratschek (1889-1958) studierte mit kriegsdienstbedingter Unterbrechung bis 1920 an der Akademie der bildenden Künste Wien. 1931 legte er die Zivilarchitektenprüfung und die Baumeisterprüfung ab und eröffnete sein eigenes Baubüro. Karl Kotratschek arbeitete vorwiegend mit Karl Lehrmann zusammen, der wie er auch an der HTL Mödling unterrichtete. 1945 ging Karl Kotratschek als Lehrer in Pension, war im Zuge des Wiederaufbaus aber weiterhin als Prüfingenieur für das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau und als freischaffender Architekt tätig. In dieser Zeit entwarf er zusammen mit Hans Zahlbruckner für die Gemeinde Wien das Wohnhaus Schlöglgasse 71 in Wien 12 (1959).