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Muhrhoferweg 7-11

Fakten

Muhrhoferweg 7-11

Muhrhoferweg 7-11, 1110 Wien

Baujahr: 1972-1973

Wohnungen: 460

Architekt: Walter Klingraber, Otmar Patak, Franz Kahrer, Karl Musil, Anton Holtermann, Franz A. Bayer, Walter Schneider

Wohnen in Wien

In den 1970er-Jahren begann eine erste Sanierungswelle des Wohnungsaltbestands der Stadt Wien, um den Wohnstandard anzuheben. Zusätzlich wurden von 1972 bis 1977 rund 16.500 neue Wohnungen gebaut. Der Wohnungsmangel war beseitigt. Nun sollten sich neue Anlagen auch besser in ihre Umgebung einfügen, sich vom Straßenverkehr abwenden, öffentlich gut erreichbar und vor allem mit der nötigen Nahversorgung ausgestattet sein. Damit rückte auch ein Grundgedanke des "Roten Wien" aus den 1930er-Jahren wieder in den Mittelpunkt: Es wurde wieder Wert auf die Sozialisierung des Wohnens gelegt. 1978 wurde die Grundsteinlegung der 200.000sten Wohnung seit 1923 gefeiert.

Geschichte

Die Wohnhausanlage Muhrhoferweg 7-11 beschreibt die südliche Bauetappe des ersten Abschnitts der beiden Bauteile der Plattenbausiedlung Muhrhoferweg-Mühlsangergasse. Die gesamte Anlage wurde in fünf Jahren auf vormals landwirtschaftlichen bzw. für den Gemüseanbau genutzten Flächen errichtet und schuf Wohnraum für ca. 3.000 Einwohner. Die Anlage stellt das Ende der östlichen Stadtentwicklungsachse "Kaiser-Ebersdorfer-Straße" dar.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage zählt zur zweiten Generation der Wiener Plattenbausiedlungen. Bedingt durch die stärker werdende Kritik an der freistehenden Zeilenbebauung der ersten Generation wurde versucht, an das traditionelle Wiener Modell der Hofbebauung anzuschließen. Daher schloss man die orthogonal stehenden Scheibenbauten zu einer hofbildenden Bebauung zusammen. Darüber hinaus zeichnet sich die zweite Phase des Wiener Plattenbaus durch die Abkehr von den ausschließlich vier- und neungeschoßigen Wohnbauten aus. Davon versprach man sich mehr Variabilität.

Das rechteckige Siedlungsareal wird im Nordwesten durch die Etrichstraße, orthogonal dazu verlaufend durch die Valiergasse und die Hoefftgasse sowie im Osten durch den Muhrhoferweg begrenzt und liegt zwischen dem Bauteil 1 Nord (Muhrhoferweg 13-19) und dem Bauteil 2 (Muhrhoferweg 1-5). Die Wohnhausanlage besteht aus insgesamt 14 Stiegenhäusern, die zu einer E-förmigen Gebäudegruppe zusammengefasst sind. Dabei werden drei verschiedene Haustypen verwendet, die sowohl beim ersten Bauteil Nord als auch beim zweiten Bauteil Verwendung finden. Gemein haben alle drei Haustypen die zentrale, innere Erschließung sowie die radiale Anordnung von vier bzw. fünf Wohnungen je Geschoß, was zu relativ großen Wohnhaustrakttiefen führt. Jede Wohnung der sieben- bis elfgeschoßigen Wohnhäuser verfügt über eine Loggia. Durch die Vorlagerung der Loggia vor die Wohnung entstehen zusätzlich zu bereits baulichen Fassadenvor- und -rücksprüngen Risalite, die gemeinsam eine starke Strukturierung der Fassaden ergeben. Die Wohngebäude sind allesamt unterkellert, wobei der Keller durchschnittlich einen Meter aus dem Terrain ragt, was wiederum die - auch farblich abgesetzte - Sockelzone bildet. An den Gebäuden der Wohnhausanlage wurde noch keine thermische Sanierung durchgeführt, daher ist die für die Fertigteilbauweise typische Fassadenrasterung bestens erkennbar.

... und die Kunst

Im Bereich des südlichen Innenhofs der Wohnhausanlage nördlich der Stiege 13 befindet sich die Brunnenplastik "Pinguin auf Wasserball", gestaltet von der Künstlerin Christine Nowotny. In der Mitte der Anlage unmittelbar an der Etrichstraße steht die abstrakte Bronzeplastik "Widerstand" aus dem Jahr 1972 von Martin Karl Sukopp.

Der Name

Die Wohnhausanlage trägt den Namen der im Südosten angrenzenden Straße. Im Jahr 1971 wurde die Straße nach Rudolf Muhrhofer benannt. Rudolf Muhrhofer (1885-1959) war Lagerleiter des Konsums Kaiserebersdorf und 1919 bis 1934 Bezirksrat in Simmering. Vor allem sein soziales Engagement machte ihn über die Bezirksgrenzen hinaus bekannt.

Architekten

Walter Klingraber - Walter Klingraber (1927-1978) studierte von 1948 bis 1952 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien war er an den Entwürfen der Wohnhausanlagen Muhrhoferweg 7-11 (1972/73) und Muhrhoferweg 13-19 (1971/72) in Wien 11 beteiligt.

Otmar Patak - Otmar Patak (1907-2002) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er 1932 auch promovierte. Unter anderem war er für die Gemeinde Wien in einer Arbeitsgemeinschaft an den Plänen zur Wohnhausanlage Ottakringer Straße 194-196 in Wien 16 (1980-1983) beteiligt.

Franz Kahrer - Franz Kahrer (1900-1970) studierte ab 1918 an der Technischen Hochschule Wien, an der er allerdings erst 1928 seinen Abschluss machte. Danach war er als Architekt auch für die Gemeinde Wien tätig, für die er mehrere Wohnbauten errichtete, so beispielsweise die Wohnhäuser Althanstraße 27 und 33 in Wien 9.

Karl Musil - Zur Ausbildung des Architekten Karl Musil (1924-1996) sind keine Daten bekannt. Für die Gemeinde Wien plante er unter anderem die Wohnhausanlage Wielemansgasse 18-22 in Wien 18 (1956-1958). In seiner langjährigen Bürogemeinschaft mit Otto Ceska entstand zuletzt das Wohnhaus Promenadegasse 44 in Wien 17 (1991/92).

Anton Holtermann - Anton Holtermann (1923-1995) studierte von 1951 bis 1956 an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Oswald Haerdtl. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem zusammen mit Walter Schneider und Klaus Aggermann den Bruno-Kreisky-Hof in Wien 17 (Hernalser Hauptstraße 230, 1985-1987) und die Wohnhausanlage Alszeile 57-63 in Wien 17 (1983-1986). Die 1974 errichtete Anlage Engerthstraße 189-191 in Wien 2 ("E-Werksgründe") entstand in einer Zusammenarbeit mit Hugo Potyka und Engelbert Eder.

Franz A. Bayer - Franz A. Bayer (1912-1988) studierte ab 1935 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Peter Behrens. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem die Wohnhausanlagen Tivoligasse 4-6 in Wien 12 (1961-1963) und Lorenz-Mandl-Gasse 36-38 in Wien 16 (1958/59).

Walter Schneider - Walter Schneider, geb. am 14.1.1920 in Aigen im Ennstal, studierte 1947-1955 Architektur an der Technischen Hochschule in Wien. 1963-2004 führte er ein eigenes Architekturbüro. Neben vier Gemeindebauten errichtete er zahlreiche Industriebauten, Kindertagesheime und mit der MA 19 das Amtshaus in der Favoritenstraße. Mit dem deutschem Architekten Krawina war er in der Ausstellungsgestaltung tätig, zahlreiche Messegestaltungen in Wien wurden von den beiden verwirklicht.