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Kempelengasse 5

Fakten

Kempelengasse 5

Kempelengasse 5, 1100 Wien

Baujahr: 1983-1985

Wohnungen: 373

Architekt: Herbert Müller-Hartburg, Friedrich Albrecht, Helmuth Kunze, Carl Appel, Robert Sturmberger, Kurt Neugebauer

Weitere Adressen

Quellenstraße 27, 1100 Wien

Wohnen in Wien

Ab den 1980er-Jahren bestimmte ein neuer Stadtentwicklungsplan die Wohnhaussanierung. Der 1984 gegründete Wiener Bodenbereitstellungs- und Stadterneuerungsfonds und das Wohnhaussanierungsgesetz 1985 ergänzten die optimalen Voraussetzungen für eine sanfte Stadterneuerung. 36 Prozent der Sanierungsgelder flossen in Gemeindebauten, sodass die berühmtesten Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit saniert werden konnten, wie z. B. der Karl-Marx-Hof, der George-Washington-Hof oder der Rabenhof. Für Neubauten wurde durch Wettbewerbe eine qualitativ hochwertige und individuelle Architektur sichergestellt, wie das Beispiel Hundertwasserhaus zeigt.

Geschichte

Im Jahr 1891 gründeten die Brüder Heinrich und Fritz Mendl die Ankerbrot-Fabrik, die im Bereich der Absberggasse in Wien 10 angesiedelt wurde. Das schnell expandierende Unternehmen beschäftigte 1920 bereits 2.000 Mitarbeiter und wurde 1922 in eine Familien-AG umgewandelt. Die Brotproduktion erfolgt noch heute in den alten, denkmalgeschützten Ziegelbauwerken an der Absberggasse. Bereits in den 1970er-Jahren gab es Pläne, auf den einst zum Betriebsgelände gehörenden Gründen zwischen Quellenstraße und Puchsbaumgasse eine Wohnhausanlage der Gemeinde Wien zu errichten. Unter der Leitung von Herbert Müller-Hartburg wurden schließlich die Architekten Carl Appel, Friedrich Albrecht, Helmuth Kunze, Kurt Neugebauer und Robert Sturmberger mit der Realisierung dieses Bauvorhabens betraut. Die in sechs Baublöcken angelegte Wohnhausanlage wird heute unter zwei Adressen verwaltet: Absbergasse 25 (Block 1-3, Wohnhausanlage Ankerbrotgründe) und Kempelengasse 5 (Block 4-6).

Die Architektur

Das Konzept der Wohnhausanlage schließt unter Berücksichtigung der einschneidenden Querstraßen die Baulücken entlang der Quellenstraße. An die Achsen der Querstraßen anschließende Baublöcke reichen kammartig weit in das offene Gelände der Anlage, das zur Puchsbaumgasse hin unverbaut bleibt. Die Wohnblöcke 4 bis 6 des Bauteils Kempelengasse 5 wurden von den Architekten Friedrich Albrecht, Kurt Neugebauer und Herbert Müller-Hartburg geplant.

Block 4 (Stiege 23-29) wurde ebenso wie der zur Wohnhausanlage Absberggasse 25 (Ankerbrotgründe) gehörende Block 3 (Stiege 15 - 22) von Herbert Müller-Hartburg (unter Mitwirkung von Carl Appel) geplant. Der beidseitig der Kempelengasse ansetzende Wohnkomplex erstreckt sich, den Verlauf der Gassenachse fortführend, weit in den offenen Hofbereich der Anlage. Die polygonalen Baumassen werden durch zahlreiche mit Loggien durchsetzte Vor- und Rücksprünge kräftig zergliedert. Farbliche Akzente setzen die gelben Eternitplatten, die die mit weißen Aluplatten verkleideten Fronten beleben, ebenso die Brüstungen und Blumenwannen der Loggien.

Friedrich Albrecht entwarf Block 5 (Stiege 30-36) der Wohnhausanlage. Dieser Bauabschnitt erstreckt sich entlang der Quellenstraße, wo er sich in einen kleinen Straßenhof öffnet. Die in der Sockelzone mit Eternitplatten und in den Obergeschoßen mit Aluplatten verkleidete Straßenfront ist durch rhythmische Vor- und Rücksprünge äußert bewegt durchgeformt. Dem anschließenden Hoftrakt sind Loggientürme vorangestellt, die in ihrer abgesetzten Konstruktionsweise als eigenständige Bauteile in Erscheinung treten.

Der von Kurt Neugebauer geplante Block 6 (Stiege 37-41) ist als Schutzschild zur nahe vorbeiführenden Süd-Ost-Tangente konzipiert. Die Wohnungen sind im Grundriss so angelegt, dass nur Neben- und Erschließungsräume an der Autobahnseite liegen, während die Wohnräume zum begrünten Hof hin ausgerichtet sind. Der äußerst lange Wohnblock erstreckt sich, der Grundstücksgrenze folgend, von der Puchsbaumgasse bis zur Quellenstraße, wo er an Block 5 anschließt. Auch dieser in seinem Verlauf mehrmals geknickte Wohnbau wird durch zahlreiche Vor- und Rücksprünge kräftig zergliedert. Dazwischen sind immer wieder Loggienachsen eingesetzt. Erdgeschoß und erstes Obergeschoß sind mit Eternitplatten verkleidet, die darüber liegenden Geschoße mit hellen Aluplatten, ein Gestaltungs- und Konstruktionselement, das die gesamte Wohnhausanlage prägt.

Der Name

1935 wurde die Gasse nach dem Erfinder Wolfgang Richard von Kempelen (1734-1804) benannt. Er entwickelte unter anderem ein mobiles Bett, in dem Kaiserin Maria Theresia auch während ihrer Genesung von einer Pockenerkrankung ihren Regierungsgeschäften nachgehen konnte. Aufsehen erregte Kempelen mit den Erfindungen des Schachtürken (ein menschlicher Schachspieler steuert im Verborgenen die Schachzüge einer türkisch gekleideten Puppe) und der Sprechmaschine (ein Apparat zur Erzeugung der Vokale und einiger Konsonanten).

Architekten

Herbert Müller-Hartburg - Herbert Müller-Hartburg (geb. 1925) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Graz und war ab 1958 freiberuflich in Wien tätig. Er engagierte sich lange Zeit in der Bundesingenieurkammer, für die Gemeinde Wien entwarf er in einer Arbeitsgemeinschaft die Wohnhausanlage Ankerbrotgründe (Wien 10) sowie den Frieda-Nödl-Hof (Wien 3).

Friedrich Albrecht - Friedrich Albrecht (1922-2004) studierte Innenarchitektur und Möbelbau an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Carl Witzmann. Für die Gemeinde Wien entwarf er vorwiegend in Zusammenarbeit mit mehreren anderen Architekten einige große Wohnhausanlagen. Unter anderem war er an den Anlagen Dieselgasse 11-17 in Wien 10 (1959-1960), Landstraßer Hauptstraße 173-175 in Wien 3 (1953-1956) und an der Wohnanlage "Ankerbrotgründe" in Wien 10 (Absberggasse, 1980-1985) beteiligt.

Helmuth Kunze - Helmuth Kunze (geb. 1936) studierte bis 1961 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Im Anschluss war er zunächst im Atelier von Karl Schwanzer tätig, bevor er sich 1965 als Architekt selbständig machte. Helmuth Kunze war im Wohnbau ebenso wie im Gewerbebau tätig und befasste sich auch mit Stadtplanung. Für die Gemeinde Wien beteiligte er sich etwa an der Verbauung der Ankerbrotgründe in Wien 10 (1982-1985).

Carl Appel - Carl Appel (1911-1997) studierte von 1928 bis 1933 bei Carl Witzmann und Oskar Strnad an der Wiener Kunstgewerbeschule und besuchte im Anschluss die Meisterklasse von Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte er zu einem der führenden Architekten in Wien. Nach seinen Plänen erfolgte etwa der Neubau des Kaufhauses Steffl in Wien 1, Kärntner Straße 9 (1949/50, stark verändert), die Errichtung des Opernringhofes in Wien 1, Opernring 1-5 (1955-1959, mit Georg Lippert), und des Bürohauses der Kammer der gewerblichen Wirtschaft in Wien 3, Salesianergasse 1 (1952-1954).

Robert Sturmberger - Robert Sturmberger (geb. 1946) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien, wo er von 1974 bis 1978 auch als Assistent am Institut für Hochbau für Bauingenieure tätig war und 1977 zum Thema "Modulordnung" promovierte. Seit 1978 ist Robert Sturmberger als selbständiger Architekt tätig. Für die Gemeinde Wien war er unter anderem an der Verbauung der Ankerbrotgründe in Wien 10 (1982-1985) beteiligt.

Kurt Neugebauer - Kurt Neugebauer (geb. 1926) studierte ab 1948 bei Lois Welzenbacher an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien war er vorwiegend in Arbeitsgemeinschaften an der Errichtung mehrerer großer Wohnhausanlagen beteiligt, wie etwa der Anlagen Salisstraße 5-15 in Wien 14 (1974-1976) und Aribogasse 28 in Wien 22 (1963).