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Puchsbaumgasse 5-7

Fakten

Puchsbaumgasse 5-7

Puchsbaumgasse 5-7, 1100 Wien

Baujahr: 1955-1956

Wohnungen: 177

Architekt: Willy Grunert, Erich Lamprecht, Fred Freyler, Othmar Augustin

Weitere Adressen

Absberggasse 22-24, 1100 Wien

Schrankenberggasse 21-23, 1100 Wien

Kudlichgasse 2-8, 1100 Wien

Wohnen in Wien

In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war das Gebiet von Favoriten noch weitgehend unverbaut. Die städtebauliche Entwicklung begann erst mit der Errichtung des Arsenals (1849-1856), des Südbahnhofs (1867-1870) und der Bautätigkeit an der Ringstraße, wodurch die in Favoriten ansässigen Ziegelfabriken einen großen Aufschwung erlebten. Die günstige Verkehrsanbindung durch den neuen Südbahnhof hatte zudem die Ansiedlung zahlreicher Betriebe zur Folge. Um Wohnraum für die zugezogenen Arbeiter zu schaffen, wurde das Gelände bis zur Quellenstraße nach einem Rasterplan mit viergeschoßigen Zinshausblöcken verbaut. Nach dem Börsenkrach 1873 stagnierte allerdings die Bautätigkeit. Ab 1890 kam es durch die Ansiedlung von mittelgroßen Fabriken entlang der Quellenstraße, wie etwa der Ankerbrot-Fabrik (1892), zu einem neuerlichen Wachstumsschub. Auf den noch unverbauten Flächen wurden in der Zwischenkriegszeit sowie nach 1945 kommunale Wohnhausanlagen errichtet.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage nimmt ein ganzes, von vier Straßen umschlossenes Areal in der Rasterverbauung von Favoriten ein. Sie besteht aus zwei langen, parallel zueinander angeordneten Riegelbauten und weicht damit von der geschlossenen Blockrandverbauung der Nachbarschaft ab. Die beiden Gebäude umfassen je vier Stiegenhäuser und haben an ihren straßenseitigen Fronten sechs, zum offenen Innenhof hin sieben Geschoße. Zwei Rücksprünge in der Fassadenflucht, begleitet von Höhenabstufungen, gliedern die langen Blöcke in mehrere Abschnitte und erweitern zugleich den Innenhof in Richtung Kudlichgasse. Die Siegenhausachsen sind an den Hoffronten farblich abgehoben und vertieft in die glatten Fassaden eingeschnitten. Die dazwischen liegenden Wandflächen werden durch schlicht gerahmte Fenster strukturiert. Den strengen Aufbau durchbrechen lediglich Achsen breiterer Fenster an den Mittelteilen. An den beiden Straßenfronten beleben je eine Achse mit Balkonen sowie französische Fenster die schlichte Gestaltung. Die Stirnfronten zur Kudlichgasse sind mit Balkonen, jene zur Puchsbaumgasse mit französischen Fenstern ausgestattet.

... und die Kunst

In der Grünanlage zwischen den beiden Wohnblöcken befindet sich ein Brunnen mit der von Walter Lackner geschaffenen Natursteinplastik "Zwei Pferde. Mutter und Kind" (1955-1958).

Der Name

Die Puchsbaumgasse wurde 1872 nach dem Baumeister Hans Puchsbaum (1390-1454) benannt. Puchsbaum war von 1446 bis 1454 Dombaumeister zu Sankt Stephan, wo er an der Einwölbung des Langhauses arbeitete und mit dem Bau des Nordturmes begann. 1452 wurde unter seiner Leitung die Spinnerin am Kreuz an der Triester Straße in Wien 10 wiedererrichtet.

Architekten

Willy Grunert - Der aus Sachsen stammende Willy Grunert (1897-1978) studierte an der Technischen Hochschule und an der Kunstakademie in Dresden. Schon früh arbeitete er als Städteplaner im Atelier von Adolf Muesmann mit. Nach Beendigung seines Studiums machte er sich als Architekt in Dresden selbstständig und nahm bald eine führende Rolle auf dem Gebiet des gemeinnützigen Wohnungsbaus ein. Nach seinen Plänen entstanden in und um Dresden einige Tausend Wohnungen. Ende des Zweiten Weltkriegs übersiedelte Grunert nach Wien, wo er sich vor allem am Wiederaufbau von Wiener Neustadt sowie am Wohnhausbau der Gemeinde Wien beteiligte. Aufgrund seiner Verdienste um den Wohnhausbau wurde ihm das Ehrenamt eines Bezirksrats der Gemeinde Wien übertragen, durch das er entscheidenden Einfluss auf die Assanierungspläne der Wiener Innenstadt hatte.

Erich Lamprecht - Erich Lamprecht (1924-1963) studierte von 1941 bis 1947 und 1948/49 bei Oswald Haerdtl an der Hochschule für angewandte Kunst. Für die Gemeinde Wien plante er in Arbeitsgemeinschaften die Wohnhausanlagen Deutschordenstraße 7-25 und 27-35 in Wien 14 (1953-1955). Das Wohnhaus Gratian-Marx-Straße 12-14 in Wien 11 (1953/54) entwarf Erich Lamprecht als eigenständige Arbeit.

Fred Freyler - Fred Freyler (1922-1993) studierte von 1945 bis 1948 bei Franz Schuster an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Nach seinen Plänen wurden unter anderem das Jugendgästehaus Schlossberggasse 8 in Wien 13 (1956-1958) und das Studentenheim Haus Döbling in Wien 19, Gymnasiumstraße 85 (1962/63), errichtet. Die Wohnhausanlage Puchsbaumgasse 5-7 in Wien 10 (1955/56) entstand in einer Arbeitsgemeinschaft mit Othmar Augustin, Willy Grunert und Erich Lamprecht.

Othmar Augustin - Othmar Augustin (geb. 1923) studierte nach geleistetem Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg an der Technischen Universität Wien. Schon während des Studiums arbeitete er im Atelier von Franz Sturm mit. Im Anschluss war er in einem Statikerbüro tätig und führte auch Überprüfungen für den Wiederaufbaufonds durch. Als selbständiger Architekt widmete sich Othmar Augustin vor allem dem Wohn- und Schulbau und erstellte diverse Ortsplanungen. Unter anderem war er an der Verbauung der Draschegründe in Wien 23 und des Eisenstadtplatzes in Wien 10 beteiligt. Seit 1995 ist Othmar Augustin in Pension.