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Pernerstorfergasse 60

Fakten

Pernerstorfergasse 60

Pernerstorfergasse 60, 1100 Wien

Baujahr: 1952-1953

Wohnungen: 124

Architekt: Rudolf Goder, Rudolf Münch

Weitere Adressen

Pernerstorfergasse 60a, 1100 Wien

Erlachgasse 115, 1100 Wien

Leebgasse 19, 1100 Wien

Siccardsburggasse 20, 1100 Wien

Wohnen in Wien

Ab 1949 war der Wohnbau zahlenmäßig wieder auf dem Niveau des "Roten Wien" der Zwischenkriegszeit. Doch noch war die Bevölkerung verarmt und oft obdachlos. Kleine Duplex-Wohnungen, die später zusammengelegt werden konnten, linderten schließlich die Wohnungsnot. 1951 wurde Franz Jonas, Sohn einer Arbeiterfamilie, Bürgermeister von Wien. In seine Amtszeit fiel die rege Bautätigkeit im Rahmen des Projektes "Sozialer Städtebau" ab 1952. Das 8-Punkte-Programm hatte die Trennung von Wohn- und Gewerbebereichen, eine Auflockerung der Wohnbereiche sowie die Assanierung einzelner Viertel zum Ziel. Die standardmäßige Ausstattung der Wohnungen wurde verbessert - alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Favoriten noch weitgehend unverbaut. Die städtebauliche Entwicklung begann hier erst mit der Errichtung des Arsenals (1849 - 1856), des Südbahnhofes (1867 - 1870) und der Bautätigkeit an der Ringstraße, wodurch die in Favoriten ansässigen Ziegelfabriken großen Aufschwung erhielten. Die günstige Verkehrsanbindung durch den neuen Südbahnhof hatte zudem die Ansiedlung zahlreicher Betriebe zur Folge. Um Wohnraum für die zugezogenen Arbeiter zu schaffen, wurde das Gebiet bis zur Quellenstraße nach einem Rasterplan mit meist viergeschoßigen Zinshausblöcken verbaut. Nach dem Börsenkrach 1873 stagnierte allerdings die Bautätigkeit. Ab 1890 kam es durch die Ansiedlung von mittelgroßen Fabriken entlang der Quellenstraße, wie etwa der Ankerbrot-Fabrik (1892), zu einem neuerlichen Wachstum. Die noch bestehenden Baulücken wurden in der Zwischenkriegszeit und nach 1945 mit Gemeindewohnhäusern geschlossen.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage nimmt ein vollständiges, von vier Straßen umschlossenes Feld in der Rasterverbauung von Favoriten ein. Sie folgt dabei an Erlachgasse, Leebgasse und Siccardsburggasse dem Konzept der Blockrandverbauung und öffnet sich zur Pernerstorfergasse in einem weiträumigen Straßenhof. Ein markantes Gesimsband trennt das Erdgeschoß von den fünf Obergeschoßen. Die Fenster sind gleichmäßig verteilt in die glatte Putzfassade eingefügt. Den beiden an der Erlachgasse liegenden Stiegenhäusern wurden nachträglich Aufzugstürme vorgestellt, die das abschließende Dachgesims durchbrechen und weit überragen. Die beiden Seitenflügel der U-förmigen Anlage sind etwas versetzt angeschlossen und aufgrund des Geländeanstiegs zur Pernerstorfergasse auch in der Höhe gestuft. Zwei schlichte Erker, wuchtig gerahmte Fenster im Erdgeschoß sowie in den Hausecken untergebrachte Geschäftslokale lockern den schlichten Fassadenaufbau etwas auf, ohne jedoch dessen Strenge zu durchbrechen. Durch die versetzten Seitenblöcke ergibt sich eine Erweiterung des Hofes zur offenen Straßenseite. Die Aufzüge der vier seitlich liegenden Stiegenhäuser wurden in Glastürmen an den Hoffronten eingerichtet. Großzügige Balkone sorgen für eine symmetrische Gliederung des mittleren Bauteils und begleiten die Rückstufungen an den Seitenflügeln.

... und die Kunst

Der freistehende Betonpfeiler im Hof stammt von Karl Hauk (1953). Die vier Mosaikbilder darauf zeigen Darstellungen zu den Themen "Spielen, Lernen, Einander Helfen, Leben Bejahen".

Der Name

Die Benennung der Pernerstorfergasse (vorher seit 1864 Eugengasse) erfolgte 1919 in Gedenken an Engelbert Pernerstorfer (1850 - 1918). Der zunächst dem deutschnationalen Kreis verbundene Lehrer wurde 1896 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, deren bedeutendster Führer er neben Victor Adler war. Der langjährige Reichsratsabgeordnete bekleidete 1907 als erster sozialdemokratischer Politiker das Amt des Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses.

Architekten

Rudolf Goder - Rudolf Goder (1901-1977) studierte von 1918 bis 1925 unter anderem bei Siegfried Theiß und Franz Krauß an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem das Wohnhaus Kollmayergasse 2-8 in Wien 12 (1950-1951) und zusammen mit Josef Angst den Paul-Richter-Hof in Wien 15 (Dadlergasse 1-3, 1956-1964).

Rudolf Münch - Rudolf Münch (1922-1994) studierte an der Wiener Akademie für angewandte Kunst, wo er die Meisterklasse von Franz Schuster besuchte. Er war vorübergehend im Atelier von Alvar Aalto in Berlin beschäftigt, bevor sich nach dem Zweiten Weltkrieg in Wien als Architekt selbständig machte. Vor allem Wohnhausanlagen in Wien und Salzburg entstanden nach seinen Plänen bzw. in Arbeitsgemeinschaften. Sein letztes Projekt war das in einer großen Arbeitsgemeinschaft entwickelte Sozialmedizinische Zentrum Wien-Ost (Langobardenstraße 122, Wien 22, 1975-1981).