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Karl-Schmiedbauer-Hof

Fakten

Karl-Schmiedbauer-Hof

Lichtentaler Gasse 4, 1090 Wien

Baujahr: 1963-1965

Wohnungen: 22

Architekt: Franz Plass

Weitere Adressen

Marktgasse 27, 1090 Wien

Wohnen in Wien

In den 1960er-Jahren nahm der Wohnbau in Wien konsequent zu. Die Grundlage dafür bildete 1961 ein städtebauliches Konzept von Roland Rainer. Besonders am südlichen und östlichen Stadtrand gab es Grundstücke zu günstigen Preisen. Auf ihnen wurden neue große Wohnviertel geschaffen. Die neue Fertigteilbauweise mit vorgefertigten Betonelementen erlaubte es, in kurzer Zeit ganze Stadtteile neu zu errichten.

Geschichte

An der Stelle dieses Wohnhauses befand sich in der Lichtentalergasse ursprünglich eine Werkhalle, die 1959 abgetragen wurde. In den 1920er-Jahren war dieses ältere Gebäude noch mit einem Zubau versehen und zuletzt als Schmiede verwendet worden. Mit dem Neubau durch die Gemeinde Wien wurde diese Bauparzelle mit anderen Parzellen in der Marktgasse, Salzergasse und Lichtentalergasse zusammengelegt. Kleinere Umbauten veränderten den Baubestand seither nur unwesentlich. Lediglich im Bereich des Erdgeschoßes fällt die Verringerung der Lokalfläche und die damit in Zusammenhang stehende Umgestaltung der Fenster- und Türöffnungen auf.

Die Architektur

Das fünfgeschoßige Haus besteht aus einem Erdgeschoß mit diversen Lokalen, die heute teilweise zu Wohnungen umgebaut sind, drei Hauptwohngeschoßen und einem Dachgeschoß. Das Wohnhaus erstreckt sich zwischen Marktgasse, Salzergasse und Lichtentaler Gasse.
Die Fassaden in der Marktgasse und in der Salzergasse sind schlicht gehalten. Entlang der Lichtentalergasse musste der Architekt eine große Distanz überwinden und dabei eine Fassadengestaltung finden, die das ohnehin niedrige Wohnhaus nicht platt wirken lässt. Er erreichte dies durch eine Rhythmisierung und Auflockerung der lang gestreckten Fassade. Mittels Rastern gelang es, Bereiche an der Fassade optisch miteinander zu verbinden, in den Vordergrund zu rücken bzw. zurückzustellen. Fenster sind in unterschiedlicher Gruppierung und Anzahl zu Einheiten zusammengefasst. Der dominante Vorsprung an der Ecke der Lichtentalergasse zur Marktgasse wird durch die Gestaltung der übrigen Fassadenteile vorbereitet. In der Sockelzone wurde diese Gliederung nicht fortgeführt.
Von Anfang an war im Erdgeschoß neben Geschäftslokalen auch ein Polizeiwachzimmer untergebracht.

Der Name

Karl Schmiedbauer wurde am 19. August 1922 in eine Wiener Arbeiterfamilie geboren und erlernte den Beruf seines Vater, den des Friseurs. 1941 wurde er als Soldat in die Wehrmacht eingezogen und war in der Folge von 1945 bis 1948 in russischer Kriegsgefangenschaft.
Nach seiner Rückkehr nach Wien arbeitete er zunächst wieder als Friseur, ab 1955 wurde Karl Schmiedbauer Mitarbeiter der Wiener Gaswerke und absolvierte die Maturaschule. Ab den 1950-er Jahren engagierte er sich in der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und wurde 1964 erstmals in die Bezirksvertretung Alsergrund gewählt, der er bis 1984 angehörte. Von 1969 bis 1978 trug er als Bezirksvorsteher wesentlich dazu bei, den 9. Bezirk zu einem modernen und lebenswerten Stadtteil zu gestalten. Unter anderem zählen dazu die Neugestaltung des Franz-Josefs-Bahnhofs, der Bau des Allgemeinen Krankenhauses und die Begrünung vieler Plätze und Straßen. Neben seiner politischen Arbeit war Karl Schmiedbauer in zahlreichen Gremien tätig, darunter als Präsident des Kulturvereins Alsergrund oder als Vizepräsident des Bezirksmuseums. Karl Schmiedbauer starb am 4. Juni 2009 in Wien.

1862 wurde die Gasse Lichtentaler Gasse, zur Wahrung des alten Vorstadtnamens Lichtental benannt. Der Name geht auf eine Insel im Augelände der Donau, und eine dort gelegene Wiese zurück, für die sich 1280 die Bezeichnung Alt-Lichtenwörd findet. Zuvor wurde die Lichtentalergasse auch Kreuzgasse, Lange Kreuzgasse, Kirchengasse oder Große Kirchengasse genannt.

Architekten

Franz Plass - Franz Plass (1895-1962) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien und wechselte im Anschluss an die Akademie der bildenden Künste, wo er die Meisterklasse von Friedrich Ohmann besuchte. Plass war zunächst in der Schweiz und in Deutschland tätig, bevor er nach Prag kam, wo er sich an den Entwürfen von öffentlichen Bauten und großen Wohnhausanlagen beteiligte. Nach dem Zweiten Weltkrieg vorübergehend in Wien ansässig, folgte er 1947 einer Berufung nach Chile, wo er an der Realisierung großer Siedlungsprojekte mitarbeitete. Ab 1954 war er wieder als Architekt in Wien tätig.