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Wollzeile 27

Fakten

Wollzeile 27

Wollzeile 27, 1010 Wien

Baujahr: 1938-1942

Wohnungen: 18

Architekt: Hans Schimitzek

Wohnen in Wien

1938 wurde der Nationalsozialist Hermann Neubacher aus dem Bauressort Wiener Bürgermeister. Die nationalsozialistischen Stadtplaner wälzten pompöse Ideen und Pläne - in erster Linie Propagandamaßnahmen. Die systematische Zerstörung jüdischen Eigentums und Enteignungen - auch von Gemeindewohnungen - waren Teil dieser Stadtplanung. Architekten verloren ihre Lizenz, einige arbeiteten aber auch weiter, bauten Volkswohnhäuser, Kasernen und Rüstungsbauten. Entgegen den anfänglichen Plänen wurde mehr in Kriegsbauten als in den Wohnbau investiert - die heute noch existierenden Flaktürme wurden errichtet. Ab 1941 wurde die Bautätigkeit kriegsbedingt größtenteils eingestellt und die Strukturen der Stadtplanung wurden aufgelöst. Die Zerstörung großer Teile Wiens war Folge des Krieges.

Geschichte

Bereits im Jahr 1938 wurde für die Liegenschaft in der Wollzeile 27 ein so genannter Assanierungsbau bewilligt. Den Abriss des Altbestandes aus dem Jahr 1853 hielt man "aus Gründen der Arbeitsbeschaffung" und aus verkehrstechnischen Gründen für angebracht: Es gab an dieser Stelle eine Straßenenge, deren "Beseitigung aus Verkehrsrücksicht bei Entwicklung des neuzeitlichen Straßenverkehrs" als "äußerst dringend" erachtete wurde. Aus Mitteln des so genannten Assanierungsfonds hatte man zuvor mit derselben Argumentation und mit Zustimmung der Zentralstelle für Denkmalschutz bereits mehrere Gebäude der Umgebung geschliffen.
Bei der Realisierung des Neubaus, zu der es kriegsbedingt erst im Jahr 1942 kam, wurde die Bauflucht straßenseitig um 3,63 Meter nach hinten verschoben.

Die Architektur

Bei dem Gebäude handelt es sich um ein Eckhaus mit 18 Kleinwohnungen auf sechs Regelgeschoßen. Im Erdgeschoß befinden sich drei Gassenlokale und eine Hauswartwohnung. Außerdem verfügt das Gebäude über zwei Kellergeschoße, wobei das erste Untergeschoß eine Luftschutzraumanlage birgt.
Architektonisch kann man den Bau der - unter dem Nationalsozialismus für Wohn- und Verwaltungsbau gebräuchlichen - moderaten Moderne zuordnen: ein kubisch aufgebauter, plastischer Baukörper, dessen Ästhetik in der einfachen und klaren Ausführung liegt. Die Ecksituation wird mittels eines 1,72 Meter vorspringenden, über alle sechs Regelgeschoße laufenden Vorbaus betont. Die Fenster sind markant mit breiten, weiß verputzten Gewänden in die Fassade gesetzt - im Vorbau übers Eck und im restlichen Fassadenbereich, der direkt an der Baulinie liegt, in gerasterter Regelmäßigkeit.

... und die Kunst

Die im Einreichplan von 1938 für die Schauseite zur Wollzeile vorgesehene Statue im zweiten Obergeschoß des Erkers - in den Auswechselplänen von 1939 sollten es sogar zwei (Kämpfer-)Statuen sein - wurde nicht realisiert. Die einzige künstlerische "Zugabe" besteht in zwei kleinen, halbkreisförmigen, irdenen Blumentrögen in den Ecken des obersten, abschließenden Erkerfensters. Außerdem ist das Laden- und Eingangsgeschoß durchgängig mit Naturstein (Konglomerat-Steinplatten) verkleidet.

Der Name

Der Name Wollzeile leitet sich von den hier früher ansässigen Wollwebern und Wollhändlern ab und geht auf das 12. Jahrhundert zurück. Der Straßenzug liegt im Bereich einer hochmittelalterlichen Handelsvorstadt vor dem Ungartor. Dieser alte Siedlungskern bestand seit dem 11. Jahrhundert und erstreckte sich zwischen Wollzeile und Fleischmarkt. Durch die so genannte Zweite Stadterweiterung - also noch vor 1177 - wurde die Ansiedlung in das Stadtgebiet integriert; damit lief die Wollzeile nun direkt auf ein Stadttor, das Stubentor, zu und erhielt dadurch einen besonderen Stellenwert.

Architekten

Hans Schimitzek - Hans (Johann) Schimitzek (1875-1957) war Sohn des Wiener Stadtbaumeisters und Bauunternehmers Wilhelm Schimitzek sen. Nach dem Studium an der TH Wien bei Max von Ferstel und Carl König, (Diplom 1898) und Studienaufenthalten in München arbeitete er gemeinsam mit seinen Brüdern, Wilhelm jun. und Franz, im väterlichen Unternehmen. Standen am Beginn seiner Laufbahn vor allem Neu- und Umbauten von Spitälern, widmete er sich später städtischen Wohnanlagen. Hans Schimitzek war bauleitender Architekt der Wiener gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft.