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Ernst-Kirchweger-Hof

Fakten

Ernst-Kirchweger-Hof

Sonnwendgasse 24, 1100 Wien

Baujahr: 1979-1981

Wohnungen: 20

Architekt: Reiner Wieden

Wohnen in Wien

Zwischen 1978 und 1981 wurde zur Wohnungsverbesserung in Wien insgesamt ein Darlehensvolumen für über 48.000 Wohnungen zugesichert. 39 Wohnanlagen wurden fertig saniert, an weiteren 86 mit einem Kostenaufwand von 52 Mio. Euro gearbeitet. Zusätzlich wurden über 6.000 neue Wohnungen fertig gestellt. Die Architektur wandelte sich - dank des technischen Fortschritts in der Plattenbauweise - vom Zeilenbau hin zu flexibler gestalteten Anlagen mit individuellem Charakter und mieterfreundlichen Grundrissen. Gleichzeitig verstärkte sich das Mietermitspracherecht und serviceorientierte Wohnungsberatungszentren wurden etabliert.

Geschichte

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Favoriten noch weitgehend unverbaut. Die städtebauliche Entwicklung setzte hier erst mit der Errichtung des Arsenals (1849-1856), des Südbahnhofes (1867-1870) und der Bautätigkeit an der Ringstraße ein, wodurch die in Favoriten ansässigen Ziegelfabriken großen Aufschwung erhielten. Die günstige Verkehrsanbindung durch den neuen Südbahnhof hatte zudem die Ansiedlung zahlreicher Betriebe zur Folge. Um Wohnraum für die zugezogenen Arbeiter zu schaffen, wurde das Gebiet bis zur Quellenstraße nach einem Rasterplan mit meist viergeschoßigen Zinshausblöcken verbaut. Die Wohnhausanlage liegt gegenüber dem Gelände des Südbahnhofes, das zu Ende des Zweiten Weltkrieges heftigen Bombenangriffen ausgesetzt war. Dabei wurde auch der Vorgängerbau der Wohnhausanlage schwer beschädigt.

Die Architektur

Die schlichte, von glatten Wandflächen geprägte Wohnhausanlage umfasst sieben Geschoße und tritt straßenseitig mit zwei polygonalen Erkern markant in Erscheinung. Symmetrisch angeordnet, sind die Erker farblich deutlich von der Fassadenfront abgehoben und ragen mit ihren scharfen Kanten massiv in den Straßenraum vor. Unter dem linken Erker befindet sich der Zugang zum Stiegenhaus. In der rechten Außenachse liegt im Erdgeschoß die Zufahrt zur Tiefgarage. Ein zwischen den Erkern eingelassenes schmales Fensterband zur Belichtung des Stiegenhauses unterstreicht die vertikale Linie des Fassadenaufbaus, die durch den etwas zurückliegenden Dachausbau für den Aufzug fortgesetzt wird. Dem gegenüber stehen die horizontal ausgerichteten Fenster der äußeren Achsen, die sich mit den breiten Fenstern der Erker zu grünen Bändern zusammenfügen und so auch einen markanten farblichen Akzent setzen. Die ebenso reduziert gestaltete Hoffront ist mit zwei Achsen von Balkonen ausgestattet.

Der Name

Eine Gedenktafel an der Fassade der Wohnhausanlage erinnert an Ernst Kirchweger (1898-1965). Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er als Matrose teilnahm, wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei, wechselte 1934 aber zur damals verbotenen KPÖ. Sowohl unter dem Ständestaat als auch unter dem NSDAP-Regime engagierte sich Kirchweger für die freien Gewerkschaften und wurde dafür in ein KZ deportiert. Nach 1945 kämpfte er weiter gegen den Faschismus. 1965 wurde er bei einem Zusammenstoß zwischen antifaschistischen Demonstranten und einer rechtsextremen Studentenvereinigung schwer verletzt und starb drei Tage später. Das Begräbnis Ernst Kirchwegers am 8. April 1965 wurde mit 25.000 Teilnehmern zur größten antifaschistischen Kundgebung seit 1945. Nach ihm ist auch das 1990 von linken Aktivisten besetzte Haus in der Wielandgasse 2-4 in Wien 10 benannt.

Architekten

Reiner Wieden - Reiner Wieden (geb. 1940) studierte bis 1960 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Im Anschluss war er in den Büros von Engelbert Eder und Hans Hollein tätig, bevor er sich als Architekt selbständig machte. Für die Gemeinde Wien plante Reiner Wieden etwa den Ernst-Kirchweger-Hof in Wien 10, Sonnwendgasse 24 (1979-1981).