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Grossmannhof

Fakten

Grossmannhof

Denisgasse 39-41, 1200 Wien

Baujahr: 1925-1926

Wohnungen: 82

Architekt: Wilhelm Rumler, Anton Valentin, Viktor Reiter

Weitere Adressen

Pappenheimgasse 4, 1200 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Historisch gesehen handelt es sich bei der "Brigitta Au" oder "Brigitten Au" um ein wasserdurchästeltes Alluvialgebiet. Also um angeschwemmtes Land, das erst nach der kulturtechnischen Bändigung der Donau in einem künstlichen Strombett für eine großstädtische Besiedlung geeignet war. Im Rahmen dieser sich über Jahrzehnte erstreckenden Maßnahme wurden von der so genannten "Donauregulierungs-Commission" Erschließungs- und Bebauungspläne erstellt. Die großen Straßenzüge Jäger-, Klosterneuburger und Treustraße gehen auf diese Pläne zurück, während die kleinere Denisgasse erst im Jahr 1874 real und plangrafisch erfasst wurde.

Die Architektur

Die Wohnhausanlage umfasst ein L-förmiges, den klassischen Baublock aufschließendes Gebäude und einen zusätzlichen, von der Straße aus nicht ersichtlichen, kleineren Bauteil an der linken Grundstücksgrenze. Auf fünf Geschoßen werden über sieben Stiegen 81 Wohnungen erschlossen - ursprünglich waren es 88. Es handelt es sich um einen imposanten, wuchtigen Baukörper mit expressionistischer Fassadengestaltung, deren Ordnungsthema das Dreieck ist. Das Sockelgeschoß mit zwei kleinen, spitzwinkeligen Fenstererkern, diversen Profilierungen und Gesimsbändern tritt besonders motivreich in Erscheinung. Auffallend ist das inszeniert wirkende, dreieckige Eingangstor mit einem ebenso expressiv gestalteten Gitter, das - aus kleinen, dreieckigen Spitzen gebildet - wie ein Vorhang den Eingang zelebriert. Die Regelgeschoße treten gegenüber dem Sockelbereich um 17 cm zurück und sind mit 1 - 1,20 Meter vorspringenden, dreieckigen Wohn- bzw. Stiegenerkern versehen. Der mit Pergolen und kleinem Zierbrunnen gestaltete Innenhof birgt an der linken hinteren Grundstückgrenze einen kleinen, ebenerdigen Werkstättenbau.

Der Name

Die Wohnhausanlage wurde 1949 nach dem kommunistischen Journalisten und Widerstandskämpfer Oskar Grossmann (1903-1944) benannt. Der Böhme Grossmann, der bereits in seiner Jugend eine führende Funktion im kommunistischen Jugendverband innehatte, wurde 1930 ins Zentralkomitee der KPÖ gewählt. Er war Redakteur der Zeitschrift "Rote Fahne"; seine Artikel erschienen auch auf internationaler Ebene in der "Basler Rundschau" und in der "Kommunistischen Internationale". Nach der Besetzung Prags emigrierte Grossmann nach Frankreich, um dort für die "Nouvelles d´Autriche" und den "Soldat am Mittelmeer" zu schreiben; Letztere war eine Zeitung, die zur antifaschistischen Agitation unter den deutschen Soldaten in Südfrankreich herausgegeben wurde. Im Mai 1944 wurde er von der Gestapo gefasst und in den Folterkeller von Lyon gebracht, wo sich seine Spur verliert.

Architekten

Wilhelm Rumler - Wilhelm Rumler (1894-1950) besuchte zunächst die Baufachschule der Staatsgewerbeschule Wien und studierte im Anschluss von 1918 bis 1920 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Franz von Krauss. Über seinen weiteren beruflichen Werdegang ist nichts bekannt; einzig der Großmannhof in Wien 20, Denisgasse 39-41 (mit Anton Valentin und Viktor Reiter; 1925/26) kann seinem Schaffen zugeordnet werden.

Anton Valentin - Anton Valentin (1895-1976) studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und war ab 1926 als freischaffender Architekt in Wien tätig. Für die Gemeinde Wien errichtete er sowohl in der Zwischen- als auch in der Nachkriegszeit eine ganze Reihe an Gemeindebauten.

Viktor Reiter - Viktor Reiter (1894-1973) studierte bei Leopold Bauer und Franz Krauß an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien plante er vor allem in den 1930er-Jahren mehrere Wohnhausanlagen, wie etwa die Anlagen Rosenhügelstraße 35a in Wien 12 (1930/31), Biraghigasse 38-42 in Wien 13 (1932/33) und Speisinger Straße 84-98 in Wien 13 (1929/30).