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Holyhof

Fakten

Holyhof

Gräffergasse 5, 1170 Wien

Baujahr: 1928-1929

Wohnungen: 103

Architekt: Rudolf Perco

Weitere Adressen

Heigerleinstraße 104, 1170 Wien

Halirschgasse 21, 1170 Wien

Wohnen in Wien

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Sozialdemokratie bestimmende Kraft im Wiener Rathaus. 1922 wurde Wien ein selbstständiges Bundesland. Damit war auch der Grundstein für das "Rote Wien" gelegt. Neben Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen wurde 1923 ein umfangreiches Bauprogramm gestartet, um für die Bevölkerung menschenwürdige Wohnungen zu schaffen - hell, trocken, mit Wasserleitung und WC ausgestattet, waren sie ein krasser Gegensatz zu den Bassena-Wohnungen in den Mietskasernen. Wesentlicher Teil der Anlagen waren Gemeinschaftseinrichtungen wie Bäder, Kindergärten, Waschküchen, Mütterberatungsstellen, Ambulatorien, Tuberkulosestellen, Turnhallen, Bibliotheken etc. Die Stadt Wien errichtete in der Zwischenkriegszeit 63.000 Wohnungen.

Geschichte

Das Grundstück ging in seiner heutigen Größe bereits 1900 in den Besitz der Gemeinde Wien über. Insgesamt sechs Bauparzellen wurden zur Errichtung des Holyhofes zusammengezogen. Zahlreiche Umbauten der Wohnungen und der Einbau von Sanitäranlagen verbesserten die Wohnqualität kontinuierlich. Bereits in den 1950er-Jahren wurden durch einen nachträglichen Dachausbau zusätzliche Kleinwohnungen geschaffen. Der architektonisch sehr interessante Bau steht heute unter Denkmalschutz.

Die Architektur

Die blockhafte Wohnanlage befindet sich auf einem annähernd dreieckigen Grundstück zwischen Gräffergasse, Halirschgasse und Hegerleinstraße. Die V-förmige, vier- bzw. fünfgeschoßige Anlage beherbergt sechs Stiegen, die von einem begrünten Hof aus betreten werden. Der Otto-Wagner-Schüler Rudolf Perco inszenierte diesen Bau des sozialdemokratischen Wien im Sinne einer "Festung der Arbeiter". Die Arbeiterbewegung sollte repräsentiert werden und dazu bediente sich der Architekt teilweise der Formensprache frühbürgerlicher Revolutionsarchitektur. Ein klassizistischer Baukörper wird hier mit moderner Transparenz und konstruktivistischer Asymmetrie kombiniert. Bemerkenswert sind auch die unterschiedlichen Bauhöhen. An der Fassade bleibt der massive Bau weitgehend ungegliedert, ein schmales Zwischengesims begrenzt die überhöhte Sockelzone. Bänder ziehen sich in regelmäßigen Abständen über alle Geschoße. Die Masse des Baus verbirgt sich an den Fassadenteilen hinter weit nach vorne versetzten Balkonen und Ziergliedern. Durch aufwändige Gestaltung der Balkongitter und des Fassadenschmucks wird er oft als "kalt" bezeichnete Bau aufgelockert. Die Außenmauern des Baukörpers sind schmalen Gassen zugewandt, wodurch eine ganzheitliche Frontalansicht der Fassade nicht möglich ist. Dieses Problem löst der Architekt, indem er den Bau mit einer monumentalen Eckverbauung in Form eines blockhaften, turmartigen Elements abschließt. Dieses prägt mit breit ausladenden Balkonen um eine vertikale Mittelachse, den Fahnenmast, die Hauptansicht der Fassade von der Hernalser Hauptstraße aus - ein Motiv, das sich auch bei dem nahezu zeitgleich errichteten Karl-Marx-Hof des Architekten Karl Ehn findet. Die Stilelemente dieses Baus wurden bei der Gestaltung der Wohnanlage am Friedrich-Engels-Platz durch Perco wieder aufgegriffen.

Der Name

Der Holy-Hof wurde nach Leo Holy (1899-1934) benannt. Holy war Mitglied des Republikanischen Schutzbundes und Vertrauensmann der Sozialistischen Partei. Er wurde im Zuge des Bürgerkrieges und der Kämpfe am 13. Februar 1934 durch einen Vertreter der Exekutive erschossen. Der Vorfall fand in der Wohnung einer Freundin Holys im nahe gelegenen Türkenritthof statt.

Architekten

Rudolf Perco - Rudolf Perco (1884-1942) war bereits in verschiedenen Architekturbüros tätig, bevor er von 1906 bis 1910 an der Akademie der bildenden Künste Wien studierte und die Meisterschule von Otto Wagner besuchte. Schon früh konnte er einige repräsentative Wohn- und Geschäftshäuser, wie etwa den Fürstenhof (Praterstraße 25, Wien 2; 1913) realisieren. Aufgrund der schlechten Auftragslage nach dem Ersten Weltkrieg, begann er ein Jurastudium, das er 1924 abschloss. Erst im Zuge des Wohnbauprogramms der Gemeinde Wien konnte er wieder große Projekte wie die Wohnhausanlage Am Engelsplatz (Wien 2, 1929-1933) realisieren.