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Berliner Hof

Fakten

Berliner Hof

Koppstraße 89-93, 1160 Wien
Possingergasse 12-26, 1160 Wien

Baujahr: 1955-1958

Wohnungen: 247

Architekt: Heinrich (Heinz) Reiter, Brigitte Wiedmann, Leopold (Leo) Fellner, Rainer Stelzig, Josef Chromy, Wilhelm Twerdy

Weitere Adressen

Possingergasse 30-34, 1160 Wien

Arltgasse 29-33, 1160 Wien

Herbststraße 93-97, 1160 Wien

Arltgasse 1-25, 1160 Wien

Gablenzgasse 94-98, 1160 Wien

Wohnen in Wien

In den 1950er-Jahren ging es vor allem darum, Zerstörtes wieder aufzubauen und viele neue Wohnungen zu errichten. In den kommunalen Wohnbauten dieser Zeit finden sich die ersten Ansätze der sich später durchsetzenden Zeilenbauweise, die bis heute die großen Vorstadtsiedlungen prägt. Die Wohnbauten wurden größer, höher und waren verstärkt in Blockform gestaltet. Das Flachdach setzte sich durch. Alle neu gebauten Wohnungen waren mit Badezimmern und WC ausgestattet und die Mindestgröße wurde von 42 auf 55 Quadratmeter angehoben.

Geschichte

Die Wohnhausanlage Berliner Hof erstreckt sich vom Nordrand der Kleingartensiedlung Schmelz bis zur Koppstraße und wurde auf dem ehemaligen Areal von Kleingärten und brachliegendem Grünraum errichtet. In Ottakring waren ab dem 18. Jahrhundert neben Handwerkern viele Gartenbaubetriebe angesiedelt.

Die Architektur

Der Berliner Hof ist in zwei Bauphasen entstanden: Die Wohnhausanlage aus den Jahren 1955 bis 1957 besteht aus einem U-förmigen, fünfgeschoßigen Baublock mit Unterbrechung in der Arltgasse, der einen etwas erhöht liegenden Innenhof einschließt. Das abfallende Gelände wird von der Sockelzone aufgenommen. An der Ecke Koppstraße/Possingergasse kragt ein kubischer Baukörper markant aus und lagert auf drei mit Fliesen verkleideten Stützen auf; in der Sockelzone befinden sich hier Verkaufsläden. Die Fassaden sind symmetrisch gestaltet und über jeweils vier bzw. acht Fensterachsen um ein Geschoß erhöht; das weit ausladende Dachgesims ist bei den Hoffassaden an dieser Stelle unterbrochen, bei den Straßenfassaden läuft es durch. Weitere Gestaltungselemente der glatten Putzfassaden sind Fensterfaschen und hell verputzte Parapete rund um die Balkone, die sowohl straßen- als auch hofseitig angebracht sind. Nachträglich wurden Lifttürme hinzugefügt und das Dachgeschoß ausgebaut.

Zweiter Teil des Berliner Hofs ist die Wohnhausanlage zwischen Possingergasse, Gablenzgasse, Arltgasse und Herbststraße aus den Jahren 1957 bis 1958. Zwei L-förmige Bauteile begrenzen die äußeren Ecken des Straßenblocks, an denen sie durch einen Versatz um jeweils zwei Fensterachsen nach innen kleine Plätze bilden; mittig am Bauplatz steht ein quer gelagerter Zeilenbau, der im Gegensatz zu seinen gelb verputzten Nachbarbauten blau gestrichen ist. Das abfallende Gelände wird vom Sockel aufgenommen; mit Ausnahme eines sechsgeschoßigen Baukörpers, der in der Erdgeschoßzone Verkaufsläden aufnimmt, zählen alle Bauteile fünf Geschoße und schließen mit weit ausladenden Kranzgesimsen und Walmdächern ab. An den Stirnseiten und an den Hoffassaden befinden sich ab dem ersten Obergeschoß einzelne Balkonreihen, die jeweils äußersten Fensterachsen der breiten Straßenfronten sind mit französischen Fenstern mit blau gestrichenen Gitterbrüstungen ausgestattet. Die großzügige und geometrische Anordnung der Baukörper am Bauplatz und die schlichten Lochfassaden verleihen der Wohnhausanlage ein elegantes Erscheinungsbild.

Der Name

Die Wohnhausanlage der Gemeinde Wien wurde 1960 "zu Ehren der Bevölkerung Berlins, die das schwere Los des Lebens in einer zweigeteilten Stadt so tapfer trägt", "Berliner Hof" benannt. Der damalige Berliner Bürgermeister Willy Brandt war anlässlich einer Veranstaltung mit dem Titel "Berlin grüßt Wien" im Oktober 1960 nach Wien gekommen und mit Wiens Bürgermeister Franz Jonas bei der Gedenktafel-Enthüllung anwesend.

Architekten

Heinrich (Heinz) Reiter - Heinz Reiter (1889-1958) studierte Architektur an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Clemens Holzmeister. Zusammen mit Brigitte Wiedmann entwarf er unter anderem den Josef-Illedits-Hof in Wien 3 (Kärchergasse 3-13, 1953-1954) und das Wohnhaus Koppstraße 89-93 in Wien 16 (Teil vom Berliner Hof, 1955-1958).

Brigitte Wiedmann - Brigitte Wiedmann (geb. Kaym, 1925-2002; auch Kiesewetter-Kaym) ist die Tochter des bekannten Architekten Franz Kaym. Sie studierte ab 1943 Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Für die Gemeinde Wien plante sie unter anderem zusammen mit Heinz Reiter den Josef-Illedits-Hof in Wien 3 (Kärchergasse 3-13, 1953/54) und die Anlage Wienerbergstraße 14 in Wien 12 (1959/60). Das Wohnhaus Rudolf-Zeller-Gasse 69 in Wien 23 (1969/70) entwarf Wiedmann gemeinsam mit Friedrich Albrecht.

Leopold (Leo) Fellner - Leopold Fellner (1921-1992) studierte ab 1946 bei Erich Boltenstern an der Akademie der bildenden Künste Wien. Für die Gemeinde Wien entwarf er unter anderem die Wohnhausanlage Lehnergasse 4 in Wien 15 (1976/77) und den Anton-Matourek-Hof in Wien 15 (Rustengasse 9, 1977-1979). Im Rahmen einer großen Architektengemeinschaft war er auch am Bau des Berliner Hofes in Wien 16 beteiligt (Koppstraße 12-26, 1955-1958).

Rainer Stelzig - Rainer Stelzig (1921-2004) studierte Architektur an der Technischen Hochschule Wien. Unter anderem war er für die Gemeinde Wien an der Realisierung der Wohnhausanlage Ottakringer Straße 194-196 in Wien 16 (1980-1983) und des Berliner Hofes in Wien 16, Koppstraße 89-93 (1955-1958), beteiligt.

Josef Chromy - Josef Chromy (geb. 1889 in Deutsch-Beneschau/Tschechien; verst. 1969 in Wien) war unter anderem für die Gemeinde Wien an den Entwürfen zum Berliner Hof in Wien 16, Koppstraße 89-93 (1955-1958) beteiligt.

Wilhelm Twerdy - Wilhelm Twerdy studierte nach dem Besuch des Schottengymnasiums an der Technischen Hochschule in Wien. Er plante zahlreiche Häuser in Wien und Niederösterreich, unter anderem das Wohnhaus in der Weidmanngasse 33. Nach seiner Übersiedlung nach Breitenfurt in Niederösterreich war er ab 1978 im dortigen Gemeinderat und Pfarrgemeinderat tätig und entwarf auch das Pfarrheim in Breitenfurt. Doch Twerdy war nicht nur als Architekt erfolgreich - einige Schriften über Breitenfurt sowie ein äußerst umfangreiches wissenschaftliches Werk zur Besitzgeschichte des Wienerwaldes zeugen von seinem enormen Wissen über die niederösterreichische Heimatkunde.